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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0114
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Hildesheim, Ev. Kirche, St Andreas

Hildesheim, Ev. Kirche, St. Andreas, Blick auf die Orgel

den. Er ließ sich bei seinem Tode im Jahre 1038
eben hier aufbahren. Eine schon früh benannte
Kapelle aus der 1. Hälfte des 11. Jh. wurde
bereits im 12. Jh. durch einen basilikalen Neu-
bau abgelöst, dessen romanischer Westriegel
noch in den heutigen Baukörper integriert ist.
1949 durchgeführte Grabungen wiesen diese
Kirchenfundamente nach. Gegen Ende des
14. Jh. ist der Baubeginn der heutigen goti-
schen Kirche mit der Errichtung eines neuen
Chores und der Chorkapellen anzusetzen. Die
Fertigstellung der Mittelschiffe und Seiten-
schiffe zieht sich bis zum Beginn des 16. Jh.
hin. Der Westturm wurde nur bis zu einer Höhe
von 44 m gebaut und lediglich mit den
Seitenschiffen verbunden, wie ein Stich aus
dem Jahre 1842 belegt. Erst 1883 erreichte der
Turm seine heutige Höhe von 114m und erhielt
Anschluss an das Langhaus. Nach dem ver-
heerenden Brand, verursacht durch den
Bombenangriff im März 1945, blieben lediglich
die Umfassungsmauern der Kirche stehen. Der
purifizierende Wiederaufbau erfolgte in den
Jahren 1956-1965.
Der Außenbau von St. Andreas zeigt stilistische
Unterschiede zwischen dem Westriegel und
dem dreischiffigen Langhaus mit anschließen-
dem Chor. Ein mächtiges Satteldach deckt das
Mittelschiff der querschifflosen Basilika. Der
Sandsteinquaderbau auf hohem Profilsockel

wird von einem fünfseitigen, polygonalen
Chorschluss mit Umgang und Kapellenkranz im
Osten abgeschlossen. Prägend wirkt das
Äußere mit dem über Chor und Seitenschiff-
dächern offenen Strebewerk und den fialenbe-
setzten Strebepfeilern. Der dagegen massig
wirkende Westriegel wird rhythmisiert durch
Lisenen und Gesimse und das mit profiliertem
Gewände versehene Spitzbogenportal der
Turmhalle. Maßwerkfenster und eine Fenster-
rose über dem Portal gliedern den Baukörper.
Ein Pendant zum sterngewölbten Sakristei-
anbau im Süden bildet die mit niedrigen
Kreuzgewölben gedeckte Eingangshalle an der
Nordseite, über die man in die Ratsprieche im
Inneren gelangt.
Die räumliche Wirkung des Inneren spiegelt vor
allem den purifizierenden Wiederaufbau der
50er und 60er Jahre wider. Dieser versah auch
das vierjochige Mittelschiff mit einem erst nach
dem Krieg geschaffenen Netzgewölbe. Dage-
gen wurden die einfachen Kreuzrippengewölbe
in den Seitenschiffen und im Chorumgang des
Vorkriegszustandes übernommen. Entlang des
Nord- und Südseitenschiffes bilden sich flache,
kleine Nischen. Mächtige Rundpfeiler mit je vier
Diensten tragen die Chor- und Langhausar-
kaden. Das Einbinden der Dienste in das Ge-
wölbe und das Verschleifen der Dienstrück-
lagen mit den Pfeilerkernen wirkt im Inneren

merkwürdig disharmonisch. Im östlichen
Langhausjoch und im Chorbereich zieren
schmale Kämpferbänder mit Blattwerk die
Pfeiler und Dienste. Unter dem Orgelprospekt
im Westen führt ein Portal in den romanischen
Westbau. In seiner ganzen Größe und Schlicht-
heit erhebt sich dieser Westriegel im Inneren,
das offene Portal wird von zwei Säulen mit
Würfelkapitellen getragen. Zwischen diesem
Baukörper und dem gotischen Westturm befin-
det sich das heute geschlossene Zwischen-
joch.
Von der Ausstattung ist die 1547 von Hans
Sievers gegossene Messingtaufe mit reichem
Bildprogramm in der Taufkapelle zu erwähnen,
die sich im Westen des südlichen Seitenschiffes
befindet.
Die Schadenskartierung der Stadt Hildesheim
von 1945 weist auch das Umfeld der St.
Andreaskirche als vollständig zerstört aus. Die
platzeinfassende nördliche und südliche
Randbebauung entstand in den 50er Jahren.
Einzige Ausnahme ist das Gebäude der ehe-
maligen Städtischen Münze, An der alten
Münze 11, an der Südwestecke des Platzes,
das in seinen Grundmauern erhalten blieb und
aufgrund seines Zeugniswertes für die Bau-
und Stadtgeschichte von Bedeutung ist. Mit
der Stärkung ihrer Macht erstrebten die Städte

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