Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Twachtmann-Schlichter, Anke [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0214
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Hildesheim, Sedanstraße 22, 23

Hildesheim, Sedanstraße 37-38A


das farbige Wechselspiel' der Ziegel. Der trau-
fenständige Bau mit großen Rundbogenfens-
tern wurde bereits 1909 umgebaut.
Einer weitaus moderneren Formensprache
gehört die Gruppe Sedanstraße 37, 37a, 38,
38a an, die mit ihren historistischen Fassaden
den Wunsch nach Repräsentation wider-
spiegeln. Die 1912 von H. Voss aufgeführten
zweigeschossigen und einheitlich gestalteten
Einfamilienhäuser sind im Dekor spiegelbildlich
angelegt. Die Fassaden fügen sich trotz einiger
Detailunterschiede zu einem homogenen Er-
scheinungsbild zusammen und unterstreichen
so die einheitliche Architekturkonzeption. Die
traufständigen Fassaden beherrscht weitge-
hend ein hohes und ausgebautes Mansard-
dach. Eine Betonung der Mitte erfolgt durch die
beiden geschweiften Giebel (Nr.37A/38).
Zusätzliche Gliederungselemente in Anklängen
an die Renaissance und den Barock sind
beispielsweise die polygonal gestalteten Altane,

die Ohrenrahmungen der Fenster und die
Halbkreisbogenverdachungen der Türen.
Einen stilistischen Wandel kennzeichnet das um
1910 errichtete Gebäude Sedanstraße 31 mit
seiner bewussten Abkehr vom Dekorreichtum
des Historismus und der relativ strengen, geo-
metrischen Gestaltung der Mauerflächen durch
pilasterartige Putzprofile. Den zweigeschossi-
gen Massivbau dominiert ein im Süden stark
vortretender Eckrisalit, dessen Fenster seitlich
mit kannelierten Halbrundpfeilern geschmückt
sind. Eine Entwurfszeichnung des Jahres 1886
für Maurermeister Schickerling erstellt, die weit
mehr dem geforderten Heimatstil zugeschrie-
ben werden kann, wurde nicht ausgeführt.
Mit der bewussten Abkehr von der „Hanno-
verschen Schule“ wendet man sich einer eklek-
tizistischen Anwendung historischer Stile zu,
die aufgrund ihrer Repräsentationsfähigkeit um
die Jahrhundertwende und darüber hinaus

tradiert wird. In einer außerordentlich reichen
Formensprache des Historismus zeigen sich
die Fassaden der Wohngebäude Sedanstraße
39, 40, Boysenstraße 9/Ecke Sedanstraße und
Vionvillestraße 15/16, präsentieren sich doch
die Traufseiten der Gebäude Nr. 39/40 im über-
schwänglichen Formenkanon der Neorenais-
sance. Zu nennen wären die bekrönenden Gie-
bel der beiden Risalite mit der Jahreszahl 1889,
die Altane mit ihren von Putti und ionischen
Kapitellen geschmückten Säulen, die ge-
sprengten Segmentgiebel der Fensterverda-
chungen, die Beschlagwerkornamentik oder
die umlaufenden Gesimsbänder mit Löwen-
und Maskenköpfen, um nur einige Details anzu-
sprechen. Durchaus noch im Zuge der zeit-
genössischen Architekturausstattung gestaltet
sind Haustüren, Eingangsbereiche und die
Einfriedung.
Auch bei dem aus rotem Ziegelsichtmauerwerk
1898 aufgeführten Doppelwohnhaus Vionville-
straße 15,16 wird eine gleichfalls traditionsge-
bundene Architekturströmung vertreten. Die
eklektische Anwendung historischer Stile führt
zu einem eigenwilligen Konglomerat, das sich
beispielsweise auch in der Kombination ver-
schiedener Fensterformen niederschlägt. Über-
wiegend werden im Obergeschoss Dekorations-
elemente der Gotik, beispielsweise Vorhang-
bögen der Fenster oder Krabben am Giebel
eines asymmetrisch angelegten Risalites, ver-
wandt, während sich im Erdgeschoss die Rund-
bogenfenster mit ihrem Dekor scheinbar eher
dem Formenkanon der Renaissance zuwen-
den. Interessantes historistisches Gestaltungs-
detail sind die Eisenkonstruktionen der Balko-
ne, die des weiteren die Risalitwirkung unter-
stützen. Aufgrund eines Dachausbaues wurde
der Giebel von Nr.15 in jüngerer Zeit entfernt.
Ein typischer Vertreter seiner Zeit ist das 1898
vom Maurermeister Wunraum geplante Ge-
bäude Boysenstraße 9 mit Fachwerkdrempel
und den beiden massiven Untergeschossen,
ein Vorgriff auf die beim Fassadenwettbewerb
in der Großen Venedig wenig später fest-
geschriebenen Bedingungen. Strukturiert wer-
den die Fassaden vertikal durch die asym-
metrisch angelegten Risalite nebst Zwerch-
häusern und den erkerartigen Vorbau an der
Gebäudeecke. Straßenräumliche Wirkung
erhält das Eckgebäude Boysenstraße/Sedan-
straße durch seine Grundrissdisposition, sein
Fachwerkobergeschoss und den beiden in
rotem Backstein gehaltenen Untergeschossen,
deren helle Sandsteinrahmungen der Türen und
Fenster einen interessanten farblichen Kontrast
ergeben. Fensterverdachungen und Rahmun-
gen gliedern die Fassade neben Gesimsbän-
dern in der Horizontalen. Das Gebäude insge-
samt besticht durch seinen reichen Bau-
schmuck, sowohl im Fachwerkobergeschoss
wie auch bei der in Sandstein gearbeiteten
Bauplastik. Bemerkenswerte Details aus der
Erbauungszeit sind die nach Westen zur
Sedanstraße vorgelagerten Balkone mitsamt
ihrer ornamentierten Steinbrüstungen, ihren
Säulchen mit korinthischen Kapitellen und der
oberen verglasten Eisenkonstruktion wie auch
die inschriftlich „1899“ datierte Haustür aus
Eiche.

210
 
Annotationen