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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0212
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Dorf soll zwischen Bosse und Neu-Bosse an der
damaligen Heerstraße gelegen haben, an der
Stelle, an der die Kurhannoversche Landesauf-
nahme von 1771 den Flurnamen „Hustede“ ver-
zeichnet. Es wird angenommen, dass sich die
ursprünglichen Bewohner nach zahlreichen
Übergriffen während des Dreißigjährigen Krieges
auf den vielfach geschützten und besser zu ver-
teidigenden aber engen Platz zwischen den
Allerufern zurückgezogen hatten, den zahlrei-
chen Überflutungen der nahen Marschwiesen
und dem sich ständig verändernden Verlauf der
Aller zum Trotz.
Das Dorf ohne Kirche war in Kirchwahlingen
jenseits des Flusses eingepfarrt und gehörte
dem Amt Ahlden an. Erst im 19.Jh. wurde der
inmitten der Felder gelegene dorfeigene Friedhof
errichtet.
Die zu eng bebaute Dorflage, die It. Einwohner-
verzeichnis des Amtes Ahlden schon 1628 18
Hofstelien (davon acht Vollhöfe) aufgenommen
hatte, veranlasste die Verwaltung bereits seit
1805, die Aussiedlung von Hofstellen gegen ei-
ne Entschädigung voranzutreiben.

Beispiel hierfür ist der Hof Nr. 18, der östliche
der drei hinter Wiesen von der Straße weit zu-
rückliegenden Hofanlagen, die nahe an der Ab-
zweigung der Dorferschließungsstraße von der
Landesstraße liegen. Eine gepflasterte Eichenal-
lee führt von Süden auf die Hofstelle, deren
Wohnwirtschaftsgebäude 1805 in Fachwerk-
konstruktion als Vierständer-Hallenhaus unter
Halbwalmdach auf Ziegel- und Granitquaderso-
ckel errichtet wurde. Gleichmäßige Gefache,
hohe Eckstreben und Bohlenausfachungen im
unteren Bereich des Wirtschaftsgiebels sowie
ein außermittiges Einfahrtstor kennzeichnen das
Gebäude sowie die um 1910 erfolgten Verände-
rungen durch eine Verlängerung des Wohnteils
mit massivem Giebel und Aufbau eines breiten
Zwerchhauses in Fachwerk. Der nahe am Hof-
eingang liegende kleine leerstehende Fachwerk-
bau aus der Mitte des 19.Jh. wurde mehrfach
umgebaut, während das langgezogene Stallge-
bäude in Ziegelbauweise seit seiner Errichtung
um 1910 nicht verändert wurde.
Erst 1848, nach dem großen Brand, ließen sich
im Zusammenhang mit der begonnenen Ver-


Bosse, Bosse Nr. 18, Hofanlage

Neu Bosse, Neu Bosse Nr. 6, Hofanlage


Bosse, Bosse Nr. 18, Wohnwirtschaftsgebäude, 1805/1910


kopplung zahlreiche der abgebrannten Hofstel-
len entlang der neuen Erschließungsstraße an-
siedeln, so dass danach nur noch sieben Hof-
anlagen (heute fünf) im alten Dorfkern blieben.
Die bereits 1752 vergebenen Brandkassennum-
mern blieben auch nach der Aussiedlung erhal-
ten, so dass der Verbleib der Höfe gut zu verfol-
gen ist.

Die beidseitig der nord-süd-gerichteten Erschlie-
ßungsstraße sich schräg gegenüber liegenden
Höfe Nr. 5 und 6 wurden 1848 auf rechtwinkli-
gen Parzellen mit ebensolchen Feldern errichtet.
Das kräftige, gleichmäßige Gefüge des Hallen-
hauses Nr. 5 erfuhr ebenfalls, wie Nr. 18, zu Be-
ginn des 20.Jh. eine Veränderung u.a. in Form
eines repräsentativen, vierachsigen, vorkragen-
den Fachwerk-Zwerchgiebels. Das ursprüngli-
che doppelflügelige hölzerne Eingangsportal ist
traufseitig erhalten. An das außermittige datierte
Einfahrtstor ist ein massiver Stall angesetzt
worden.
Auf der großen u-förmigen Hofanlage Nr. 6 mit
dem altem Baumbestand zeigt das im Mittel-
punkt stehende Wohnwirtschaftsgebäude ähnli-
che Merkmale einer repräsentativen Aufwertung.
Hier wurde 1913 an der straßenseitigen Traufe
ein auf Balkenköpfen auskragender Zwerchgie-
bel aufgesetzt und durch Zierfachwerk und
aufwendiges Ziergespärre auch vor dem Wirt-
schaftsgiebel geschmückt. Fenstereinbauten mit
zeitgemäßen Versprossungen auf beiden Seiten
des zweiflügeligen Hauseingangs bilden eine
symmetrisch gegliederte Schauseite. Diese ist
heute vertikal verschalt. Die parallel dazu, direkt
an der Straße liegende Fachwerkscheune von
1865 wurde wohl nachträglich verlängert. Ihr
Mittelteil ist kellerartig vertieft. Das auf Feldstei-
nen gegründete Gerüst ist in quadratische Gefa-
che geteilt und besitzt neben zwei Quereinfahr-
ten eine Längseinfahrt im Norden mit geschlos-
senem Vorschauer und derselben Feldstein-
pflasterung, wie sie auch die Hoffläche aufweist.
Das langgestreckte Stallgebäude, das 1908/10
in Ziegelbauweise mit Fachwerkgauben und
Zierfachwerk errichtetet wurde, enthielt einen
Backofen - möglicherweise als Ersatz für das
1970 vollständig abgetragene, abseits gelegene
alte Backhaus.
Möglicherweise wurde Hof Nr. 9, gelegen nahe
der Aller etwas südlich des alten Dorfkerns, hier
1896 errichtet, nachdem auch er im Dorfkern
abgebrannt war. Das zentrale Wohnhaus wird
beidseitig von in ihrer Struktur verunklarten Wirt-
schaftsgebäuden eingefasst. Es ist das durch
reiche Ziersetzungen und Putzdekor ge-
schmückte, symmetrisch gegliederte Ziegelge-
bäude, das die mit Eichen bestandene Hofanla-
ge bestimmt.
Eine Ansiedlung von Höfen, aber auch Hand-
werksbetrieben, fand in der 2. Hälfte des 19.Jh.
südlich der Landstraße (L 159) statt. Hof Nr. 28
wurde hier 1870 errichtet. Er besteht aus dem
kleinen Vierständerbau des Wohnwirtschaftsge-
bäudes mit zahlreichen Fachwerk-Zierelementen
im Wirtschaftsgiebel, dessen Wohnteil 1918 um
6 Achsen verlängert wurde; ein ebenfalls in
Fachwerk mit massivem Giebel errichteter Stall
ist im Winkel angebaut.
Die südliche Verlängerung der Erschließungs-
straße K 109 führt zu dem früheren Standort der
Frankenfelder Mühle, die jetzt in Rethem steht.

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