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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0324
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L 163, sind alle Höfe durch Fahrbahnen vonein-
ander getrennt. Sie gehörten zeitweise dem
Verdener Domkapitel an und waren später über-
wiegend herrschaftliche Voll- oder Halbhöfe des
Fürstentums Lüneburg.
Der sog. Ebelshof, Mittelstendorf 8; 10, 12, ist
ein seit 1597 in den Aufzeichnungen des Verde-
ner Stiftes nachweisbarer, später herrschaft-
licher Vollhof, der aufgrund der Höhe der damals
ausgewiesenen Lasten als der sicherlich bedeu-
tendste Hof des Dorfes eingeschätzt werden
kann. Heute nimmt er mit seinen zahlreichen
bauhistorisch wertvollen Haupt- aber auch Ne-
bengebäuden aus dem 17. bis 19.Jh. eine her-
ausragende Stellung innerhalb des Ortes und
auch unter den Hofanlagen im gesamten Stadt-
gebiet von Soltau ein.
Die Anlage mit ihrem teilweise feldsteingepflas-
terten, eichenbestandenen Hofplatz und einem
im Originalzustand erhaltenen sandsteinernen
Brunnenring liegt mit parkartigem Gartenareal im
bewaldeten Westen des Ortes. Im Süden der
Parzelle sind einige vom alten Friedhof in Soltau

ausgelagerte Familiengrabsteine aufgestellt wor-
den. Im Zentrum steht das aus zwei Teilen
bestehende Hauptgebäude, ein mächtiges lang-
gestrecktes Wohnwirtschaftsgebäude mit nach-
träglich quer an den Wohntrakt gesetztem
Wohnhaus. Das niedrige Zweiständer-Hallen-
haus mit dem hohen, welleternitgedeckten Drei-
viertelwalmdach stammt sicherlich noch von
1648. Es wird von einem mächtigen Innengerüst
mit Rähmen aus den damals in der Südheide
üblicherweise verwendeten Nadelholzstämmen
getragen, die teilweise in einer Länge von 20-24
Metern vorgefunden wurden. Wahrscheinlich ist
der Ursprungsbaukörper bereits 1819 und evtl,
nochmals 1934 u.a. durch einen neuen Wirt-
schaftsgiebel und neue Seitenwände verändert
worden. Diese Teile weisen heute ein regelmäßi-
ges Fachwerk mit quadratischen Gefachen und
mehreren (nachträglichen) Längseinfahrten und
einer Quereinfahrt im Bereich eines Dachhäus-
chens mit Ladeluke auf. Das rückwärtige Wohn-
haus ist 1878 als 1 1/2-geschossiger Roh-
ziegelbau unter Satteldach mit mittigem, trauf-
seitigem Zwerchhaus angesetzt worden. Hier
lassen besonders aufwendige, gotisierende Zier-


Mittelstendorf, Mittelstendorf 8, Wohnwirtschaftsgebäude, 1648 (Innengerüst)


Mittelstendorf, Mittelstendorf 9, Speicher, 1815

Ziegeldekorationen im Bereich von Ortgang,
Traufe und Gesims sowie der segmentbogigen
Fensterverdachungen auf einen ausgeprägten
Willen zur Repräsentation schließen.
In der Blickachse der von Südosten kommen-
den Hofzufahrt steht die imposante, 1752 auf
einzelnen Feldsteinen unter steilem, ebenfalls
mit Welleternit gedecktem Dreiviertelwalmdach
errichtete große Scheune, die ehemals wahr-
scheinlich auch dem Wohnen gedient hat. Un-
gewöhnlich für ein so großes Gebäude wirkt
seine vollständige dunkle Eichenverbohlung (u.a.
mit teilweise nachträglichen Verbretterungen im
Traufbereich des Giebels). Diese Bauweise mit
vollständig aus Holz bestehenden Außenwän-
den, die heute fast ausschließlich bei kleinen
Nebengebäuden wie Speichern, Schafställen
und kleineren Scheunen vorkommt, war ehe-
mals durchaus auch für Hauptgebäude üblich,
bevor die Gerüste durch Lehm und später durch
steinerne Ausfachungen geschlossen wurden.
Ungewöhnlich erscheint auch der an einen
Wohngiebel erinnernde Hofgiebel, der von einer
mittigen Eingangstür und darüber liegender La-
deluke sowie zwei seitlichen Fenstern symme-
trisch gegliedert wird, die Reste einer alten Blei-
verglasung aufweisen. Möglicherweise war aber
hier in dem von Bohlenfachwerkwänden um-
schlossenen, teilunterkellerten Inneren ursprüng-
lich ein zweiräumiger und zweigeschossiger
Getreidespeicher untergebracht. Gerundete
und von profilierten Knaggen unterstützte Bal-
kenköpfe prägen innen wie außen im Giebeltra-
pez die Vorkragung des Dachgeschosses, das
über eine innen liegende Treppenanlage erreicht
wird.
Im Laufe der Zeit wurde insbesondere der
rückwärtige Gebäudetrakt nach einem Feuer
verändert und der hohe Bergungsraum erhielt
nachträglich Quereinfahrten und wurde durch
quergestellte, zweigeschossige Anbauten erwei-
tert. Das Gerüst weist im vorderen Traufbereich
des dachraumvergrößernden Drempels einge-
hälste (Anker-)balkenköpfe auf und wird von teil-
weise nachträglich hierher versetzten, profilierten
Knaggen mit Kerb- und Rundschnitzereien ge-
stützt.
Das älteste datierte Hofgebäude ist der als
Wohnhaus ausgebaute ehemalige Hofschafstall,
der 1661 parallel zum nördlichen Erschließungs-
weg im Hintergrund des heutigen Wohnwirt-
schaftsgebäudes aufgestellt wurde. Mehrere
Umbauten und eine 1991 erfolgte Renovierung
lassen das teilweise noch horizontal mit Eichen-
bohlen ausgefachte und auf einen Findlings-
quadersockel gestellte Gerüst in seinen wesent-
lichen Merkmalen erkennen.
Weitgehend unveränderte Fachwerkbauten des
19.Jh. ergänzen das denkmalwürdige Ensemble
der historischen Hofgebäude. Dies sind neben
dem in der 2. Hälfte des 19.Jh. errichteten
Schweinestall mit Dachhäuschen und einem
zum Wohnen umfunktionierten Speicher von
1870 auch die ebenfalls zum Wohnhaus umge-
baute kleine, allseitig verschalte Fachwerk-
scheune, Mittelstendorf 10, die 1866 auf Find-
lingsquadern unter Satteldach errichtet worden
ist sowie das ehemalige Häuslingshaus im Süd-
westen der Anlage, Mittelstendorf 12, vermut-
lich aus der Mitte des 19.Jh.

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