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angepasst wurde. Das ursprünglich im alten
Rathaus gegenüber untergebrachte Amtsgericht
Walsrode war seit der Zusammenlegung mit
dem Amtsgericht Fallingbostel 1859 und Ahlden
1973 beständig gewachsen. Das auf besonders
niedrigem Natursteinsockel errichtete sieben-
achsige Gebäude überragt die Nachbarbebau-
ung aufgrund seiner größeren Geschosshöhen
etwas. Nur das wohl nachträglich aufgesetzte
straßenseitige Zwerchhaus und die wenig profi-
lierten Fensterrahmungen sowie die üppigere
Türrahmung des mittigen Hauseingangs glie-
dern die ansonsten schlichte, überwiegend im
19.Jh. entstandene, quaderimitierende Holzfas-
sade. Die Bestandsaufnahme aus dem 18.Jh.
lässt vermuten, dass es sich um das einzige,
nicht durch das Feuer zerstörte Gebäude in
diesem Bereich handelt. Das auf der Rückseite
massiv erneuerte Erdgeschoss sowie der Ost-
giebel sind nach dem zeitlich unterschiedlichen
Abriss von Gebäudeteilen entstanden, u.a. eine
östliche Fensterachse sowie ein rückseitiger
Wintergarten. Diese waren nach der Übernahme
des Gebäudes durch die Kaufmannsfamilie
Wolff ab 1863 im Zuge weiterer Umbaumaßnah-

men angefügt worden. Das Gebäudeinnere wird
heute noch über die nachträglich komplett in
neugotischem Stil eingerichtete mittige Ein-
gangshalle des alten Kaufmannshauses und
den anschließenden, stilistisch angepassten
Treppentrakt mit einer zierlich wirkenden, drei-
läufigen Holztreppe erschlossen. Sie führt in den
sogenannten Königssaal im Obergeschoss, der
wohl anlässlich des Besuchs der Königlichen
Familie in Walsrode 1863 mit hellen, festlich wir-
kenden Neo-Rokoko-Stilelementen ausgestattet
worden ist, wie vergoldete Decken- und Türde-
korationen sowie einem Kachelofen mit eben-
solchen Verzierungen. Zur gleichen Zeit ist 1863
auch der Backsteinbau Nr. 31 als Kontorhaus
angesetzt worden, welches durch einen zweiten
Backsteinanbau, Nr. 33, erweitert worden ist,
den der spätere Rathausarchitekt Ziegenborn
aus Hannover um 1900 aufführte (sog. Wolff’-
sche Häuser). Beide waren entsprechend dem
Zeitgeschmack in neugotischem, reich geglie-
derten und verzierten Stil entstanden, u.a. mit
Treppengiebel, Erker mit Pyramidendach sowie
Zierfachwerk und breiter rundbogiger Durch-
fahrt.

Walsrode, Lange Str. 1, Wohnhaus, 2. H. 18.Jh.


Walsrode, Lange Str. 9, Hofbebauung


Auf den breiten Hofparzellen entstanden noch
weitere repräsentative Einzelgebäude mit be-
sonderer Nutzung, wie das vollkommen restau-
rierte frühere Geschäftshaus, zuvor Kaiserliches
Postamt, Lange Straße 1/Hannoversche Stra-
ße, ein mit in jüngster Zeit erneuerter Holzqua-
derung bekleideter winkelförmiger Fachwerk-
baukörper auf hohem Sockel, der durch ein
wohl seit dem späten 18.Jh. erhaltenes
Mansarddach aus der üblichen Dachlandschaft
hervortritt. Direkt daneben steht das 1809
gegründete und bis heute bestehende Hotel
Lange Straße Nr. 5 mit Kern von 1760, das
zunächst wohl Herberge und Posthalterei war.
Bereits 1902/03 zeigte sich der Fachwerkbau
dreigeschossig. Einige Jahre später wurde die
zehnachsige (ursprünglich neunachsige) Fassa-
de zusammen mit dem Neubau eines Saal- und
Wohngebäudes und einer Remise auf der
Rückseite vollkommen umgestaltet und auf der
Schauseite mit einer aufwendig dekorierten
quaderimitierenden Holzverkleidung und leicht
vorspringendem Mittelteil versehen, die bis
heute erhalten ist. Der Balkonvorbau über dem
früher von Säulen flankierten Eingang, ein-
schließlich der teilweise erhaltenen, aufwendig
gegliederten Fenster stammt aus der gleichen
Zeit. Das stark veränderte Fachwerkgebäude im
rückwärtigen Grundstücksbereich soll mögli-
cherweise noch einen Kern von vor 1757
enthalten.
Der überwiegende Anteil der übrigen, zweige-
schossigen Bebauung in der östlichen Langen
Straße ist aus den um 1760 zunächst einge-
schossig errichteten Doppel- und auch Einzel-
häusern in Fachwerkkonstruktion hervorgegan-
gen, die dann im aufstrebenden 19.Jh. aus
Platzmangel und vielfach wohl aus Prestige-
gründen zweigeschossig erweitert wurden. Mit
der Aufstockung war zumeist die Verkleidung
des vormaligen Sichtfachwerks durch quaderi-
mitierende Putzfassaden oder Holzverschalun-
gen verbunden. Sie passten sich damit dem
Erscheinungsbild der zweigeschossigen sog.
Kaufmannshäuser an.
Ein gutes Beispiel für diesen Zustand ist das
Wohn- und Geschäftshaus Nr. 9, heute vollstän-
dig zweigeschossig, ausgestattet mit einem
stattlich wirkenden dreiachsigen Zwerchhaus
mit Kranbalken über dem ehemals mittigen
Eingang. Es ist zunächst nur auf der Schauseite
aufgestockt worden und, wohl zusammen mit
der an Stelle der ursprünglichen Durchfahrt
angesetzten zweiachsigen Verlängerung, mit
einer Holzquaderung bekleidet worden.
Das ebenfalls neunachsige Fachwerkhaus der
Walsroder Zeitung gegenüber, Nr. 14, das 1867,
zur Zeit der Übernahme durch den Gründer der
Zeitung, J. Gronemann, umgebaut, und wohl
auch nur straßenseitig aufgestockt worden ist,
erfuhr im Laufe der Zeit auf der Rückseite
zusätzliche Anbauten in teilweise massiver
Bauweise. Seine regelmäßige Doppelständer-
fassade mit dem knapp vorkragenden Oberge-
schoss unter Satteldach wird von der mittigen,
nachträglich eingezogenen Eingangszone mit
profilierter Rahmung und wohl zeitgenössischer
Doppelflügeltür betont. Die großzügige, vertäfel-
te Eingangshalle mit seitlicher Treppe ist in der
2. Hälfte des 19.Jh. in historisierendem Stil
ausgestaltet worden, u.a. mit romantischen

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