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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0362
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ständig verbohlt und mit einer kleinen Außen-
treppe vor dem Südgiebel versehen.
Die starke Konzentration der Siedlungsentwick-
lung, die nach 1945 im Norden von Honerdin-
gen in besonders verkehrsgünstiger Lage vor
den Toren Walsrodes einsetzte, hat den Ort (mit
inzwischen 710 Einwohnern) näher an Walsrode
bzw. an das vorgelagerte Vorbrück angebun-
den. Dadurch blieb der weit im Süden liegende
historische Ortskern von Meinerdingen vollkom-
men von einer Neubebauung frei. Die Bundes-
straße 209, die als historische Ost-West-Verbin-
dung von Nienburg über Walsrode, Fallingbostel
weiter nach Soltau den Doppelort nordöstlich
umgibt, schneidet heute mit seiner breit ausge-
bauten Trasse das Neubauviertel von den
südlichen historischen Dorflagen ab.
Die beiden historischen Siedlungen sind in ab-
wechslungsreicher Landschaft nicht weit von-
einander entfernt entstanden. Kennzeichnend ist
ihre Lage am Rande einer Hochebene, östlich
von der mit Wald durchsetzten feuchten Wiesen
und Auenlandschaft des Steinförthbaches, wel-
cher in nördlicher Richtung in die Böhme fließt.
Nach Norden fällt der Geestrücken zur Böhme-
niederung teilweise steil ab, nach Süden über
Meinerdingen bis hin zu den früheren Moorflä-
chen eher sanft.
Böhme ist mit wenig mehr als den zwei
ursprünglichen Hofstellen Ausgangspunkt für ein
im 20.Jh. angelegtes Parkgelände, welches sich
entlang der Flussniederung hinzieht und einen
aus Natursteinen aufgemauerten Gedenkstein
zur Erinnerung an den Heimatdichter Herman
Löns beherbergt sowie die Grabstätte des Dich-
ters, gekennzeichnet durch einen auf einem
erhöhten Plateau aufgestellten Findling.
Der in einen Wald eingebettete historische Dorf-
kern von Meinerdingen wird von der kleinen
Kirche, die inmitten eines Kirchhofs mit alten
Grabsteinen liegt, zusammen mit dem Pfarrwit-
wenhaus, dem Pfarrhaus und den zahlreichen
Gebäuden des sog. Meinerdinger Hofes (alles
Dorfallee) gebildet. Lediglich die Küsterei und
wohl spätere Schule, die weiter nördlich nahe

von vier kleinen Kothöfen (Dorfallee/Ecke Schä-
ferweg) gelegen hat, ist in diesem, ansonsten
recht seltenen vollständigen Ensemble einer
Besiedlungseinheit nicht mehr vorhanden.
Ev. Kirche St. Gregorius, auch St. Georg
Möglicher Ursprung der Dorfkirche war ein
Zehnthof des bereits 1226 und 1251 urkundlich
erwähnten Edelherren „Meyderdingen“ aus der
Nähe von Müden. Aus einer Schenkungsurkun-
de von 1269 geht hervor, dass diese dem
Kloster Walsrode aus Dankbarkeit eine Kirche in
Meinersen übergaben. Die war durch Tausch
vom Bistum Verden zum Fürstentum Lüneburg
an das Mindener Archidiakonat gekommen und
begründete bereits gegen Ende des 14.Jh.
eines der fünf Kirchspiele in der damaligen
Vogtei und späteren Amtsvogtei Fallingbostel.
Noch immer ist sie Pfarrkirche einer Gemeinde,
zu der auch Vorbrück bei Walsrode gehört.
Aufgrund seiner Geschichte ist der Ursprung
des heutigen Kirchenbaukörpers sicherlich ro-
manisch, worauf die auf großen Findlingen ge-
gründeten halbhohen, bis zu einem Meter star-
ken Feldsteingrundmauern in Schiff und Chor
hinweisen. Auch der wahrscheinlich in der
1. Hälfte des 14.Jh. in Backstein errichtete goti-
sche Überbau, scheint aufgrund der starken Bu-
sung und Gratung der auf Wandpfeilern ruhen-
den Gewölbe sowie der rundbogigen Blendni-
schen noch romanisch geprägt zu sein.
Seitdem ist der Bau weitgehend unverändert
geblieben. Dieses Beispiel einer typischen goti-
schen dörflichen Kleinkirche stellt sich als
einschiffiger zweijochiger Gewölbebau in beid-
seitig verputztem Mauerwerk dar. Der eingezo-
gene Rechteckchor ist wahrscheinlich von vorn-
herein vorhanden gewesen und durch eine
große spitzbogige Öffnung mit dem Schiff
verbunden. Entsprechend der Grundform stuft
sich das spitze Satteldach ab. Nur noch zwei
kleine Spitzbogenfenster mit Kleeblattbögen
und abgetreppten Laibungen mit Treppenfries
unter der Traufe sowie der Nischengliederung
des Ostgiebels kennzeichnen den schlichten


Honerdingen, Dorfallee 16, ehern. Pfarrwitwenhaus, 1649

Baukörper. Die vier zweistufigen Stützpfeiler an
den Südostecken wurden wohl erst im frühen
18.Jh fertiggestellt. Der mittlere wird seit der Zeit
um 1900 von der nachträglich angesetzten
Sakristei verdeckt. Jenseits der spitzbogigen
vermauerten Öffnungsnische in der Westwand
steht der hölzerne, ursprünglich wahrscheinlich
um 1500 entstandene Glockenturm, der durch
einen schmalen Zwischenbau des 19.Jh. mit
dem Schiff verbunden ist. Sein vollkommen ver-
bohltes, kräftiges Eichengerüst ohne Nägel ist in
Teilen erneuert und in jüngerer Zeit durch Diago-
nalbalken verstärkt worden (Dachstuhl vermut-
lich frühes 18.Jh.). Unter der quadratischen
Haube hängt eine 1855 umgegossene Glocke
von 1507 mit dem Relief des Hl. St. Georg.
Das Innere der Kirche, deren größtenteils kopier-
te Wandmalereien seit den Renovierungen 1953
und auch 1977/78 übermalt worden sind, wird
geprägt durch die überbreite, von Holzstützen
mit profilierten Kopfbändern getragene einseitige
Empore auf der Südwestseite. Diese nahm
spätestens seit der 2. Hälfte des 16.Jh. die
Adelsfamilien auf. Um Platz zu schaffen, ist sie
1716 mit dem vergrößerten Chorfenster am
Ende in den sog. Altarraum verlängert worden.
Dieser Bereich ist seitdem über die hölzerne,
ehemals überdachte Außentreppe zu erreichen,
wie auch die neugotische Orgelempore mit der
Orgel des Celler Orgelbauers Vieth von
1879/80.
Der große gotische Taufstein ist 1977 in seiner
schlichten achteckigen Form wieder in der
Kirche aufgestellt worden, nachdem er seit 1705
für lange Zeit von dem im Schiff hängenden
barocken Taufengel verdrängt worden war.
Komplettiert wird die bemerkenswerte Ausstat-
tung der Kirche u.a. durch die Kanzel vom
Anfang des 17.Jh. mit Gemälden der Evangelis-
ten von 1768 sowie den 1733 gestifteten aber
sicher älteren Kronleuchter.
Bereits seit 1900 ist der Friedhof von der Kirche
entfernt eine größere, östlich des Dorfkerns ge-
legene Fläche, umgelegt worden. Dadurch ent-
stand der heutige, als Grünfläche umgestaltete
Kirchhof auf dem, von einigem Eichenbestand
umgeben, noch zahlreiche Grabsteine überwie-
gend aus dem 19.Jh. stehen.
Nördlich schließt sich das frühere Pfarrwitwen-
haus Dorfallee 16 an, das gleich nach den Ver-
wüstungen des Dreißigjährigen Krieges, vermut-
lich im Jahre 1649 (Datierung auf der Südseite
des ehemaligen Wirtschaftstrakts), in Fachwerk
errichtet worden ist. Heute gilt das Gebäude als
ältestes Wohnhaus des Ortes. Nach einer
Nutzung als Küsterhaus mit Schankstätte und
jahrelangem Leerstand wird es seit der Renovie-
rung 1985 erneut kirchlich genutzt. Insbesonde-
re in dem von kräftigen Kopfbändern gekenn-
zeichneten früheren Wirtschaftstrakt sind zahl-
reiche Veränderungen vorgenommen worden.
Wohl etwas später wurde der quergestellte
zweigeschossige Wohntrakt unter Walmdach
mit „Uhlenluchten“ angefügt. Dessen allseitig
stark vorkragendes Obergeschoss wird von
Fußbänder- bzw. Fußstrebenpaaren gleichmäßig
gliedert.
Das 1982 ebenfalls modernisierte Pfarrhaus
Dorfallee 15 auf dem großen angrenzenden

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