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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0384
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enthält. Es stammt wohl ebenfalls aus der
2. Hälfte des 19.Jh.
Der gartenseitige Treppenspeicher, der heute im
Zusammenhang mit dem in der Nähe aufgestell-
ten Immen- oder Bienenzaun die ehemals weit
verbreitete Heideimkerei veranschaulicht, ist
1871, entsprechend der historischen Bauweise,
als 1 1/2-geschossiges verbohltes Hochrähm-
gerüst errichtet worden. Beschnitzte Kragbalken
befinden sich unterhalb des vorgezogenen Sat-
teldaches. Dagegen hat man 1994 das zweiteili-
ge Backhaus von 1648 komplett zu Ausstel-
lungszwecken neu aufgebaut, einschließlich des
aus Ziegelsteinen aufgemauerten überdachten
Backofens im rückwärtigen niedrigen Teil. Un-
verändert ist das 1888 auf einem hohen Ziegel-
sockel aufgebaute Fachwerk des langgestreck-
ten Schweinestalls mit seinen typischen zahlrei-
chen Stalltüren. Dieser steht in nördlicher Verlän-
gerung des Haupthauses und schließt den Hof
zur Straße hin ab.
Gegenüber liegt eine ehemalige Vollhofanlage,
Über der Brücke 4. Sie nimmt die mittlere der
drei westseitig der Straße angelegten Hofstellen
ein, die, im Gegensatz zu Nr. 1, schon im 18.Jh.
als regelmäßige Parzellen dargestellt sind. Das
schon damals in Nord-Süd-Richtung aufgestell-
te Hauptgebäude des sog. „Heynenhofes“ ist
1851 durch das bestehende Vierständer-Hallen-
haus ersetzt worden, das, heute hinter einem
Vorgarten traufständig an der Straße liegend,
den nördlichen Dorfeingang mitprägt. Der mit ei-
nem Halbwalmdach gedeckte Wirtschaftsgiebef
wird durch das mittige Einfahrtstor hinter Vor-
schauer sowie von dekorativ wirkenden, regel-
mäßig gekrümmten geschosshohen Verstrebun-
gen symmetrisch gegliedert. Sicherlich erst ge-
gen Ende des 19.Jh. ist das durch Zierfachwerk
und Vorgespärre reich dekorierte Zwerchhaus

über dem straßenseitigen Hauseingang zum
Wohntrakt aufgesetzt worden. Obwohl neuer-
dings Pferdeboxen eingebaut wurden, ist das
Innengefüge erhalten geblieben, ebenso die
beim Umbau des Wohntraktes eingebaute Holz-
treppe mit dem jugendstilartig beschnitzten Ge-
länder. Die 1861 unter steilem Halbwalmdach
mit zwei Quereinfahrten und mit wohl wiederver-
wendetem, giebelseitig beschriftetem Riegel pa-
rallel gestellte, stattliche Fachwerkscheune wird
ebenfalls als Pferdestall genutzt, wie auch der
1889 erbaute Schweinestall in Fachwerkkon-
struktion. Das kleine Stallgebäude im Hinter-
grund ist aus überwiegend wiederverwendeten
Hölzern, u.a. mit einem 1719 datierten Türsturz
mit Eselsrückenmotiv, aufgebaut worden.
Auf einer dritten Hofanlage im nördlichen Sied-
lungsbereich ist ein denkmalwerter Speicher/
Scheune zu erwähnen. Er steht nördlich einer
feldsteingepflasterten kleinen Eichenallee auf der
anschließenden Hofanlage Über der Brücke 6
nahe des Wohngiebels des Hauptgebäudes. Zu
Beginn des 19.Jh. errichtet, ist er wohl aus dem
Bereich des Truppenübungsplatzes Bergen hier-
her transloziert worden. Sein horizontal und ver-
tikal verbohltes bzw. verbreitertes kräftiges
Oberrähmgefüge mit eingehälsten Ankerbalken
steht auf einzelnen Findlingen oder Ziegelstein-
pfeilern. Je eine Quer- und Längseinfahrt sowie
eine massive innere Trennwand kennzeichnen
den Baukörper.
Als eigentlichen historischen Siedlungskern des
Dorfes mit den alten Gutshöfen, u.a. der adligen
Familien von Lenthe, Heimburg und wohl dem
im 16.Jh. ausgestorbenen Geschlecht von Wit-
zendorp, kann man wohl den südlichen Dorfbe-
reich um die Kirche mit Pfarrhof, Pfarrwitwen-
haus und Küsterhaus ansehen (Darstellung der
großzügigen Hofstellen in der Kurhannover-
schen Landesaufnahme von 1778).

Wietzendorf, Hauptstr. 18, Ev. Kirche St. Jakobi, Blick in den Chor


Diese Höfe sind im Laufe der Zeit zerstört wor-
den oder durch Verkauf und Teilung bzw. Ab-
bruch und Aufsiedlung weitgehend verschwun-
den, so dass heute noch die an gleicher Stelle
erneuerte Kirche diesen Ort beschreibt.

Ev. Kirche St. Jakobi
Die möglicherweise ursprünglich dem Hl. Bar-
tholomäus geweihte Kirche, Hauptstraße 18,
war zuerst eine Filialkirche von Bergen, ist aber
schon 1231 zur selbstständigen Pfarre im Archi-
diakonat Ahlden, Bistum Minden, erhoben wor-
den und stand unter dem Patronat des Michae-
lisklosters in Lüneburg.
Wie die meisten übrigen Dorfkirchen des Kreises
ist St. Jakobi gotischen Ursprungs. Sie ist nach
einer 1870/71 durch Mitarbeiter des damaligen
Konsistorialbaumeisters Hase durchgeführten,
sorgfältigen Bauaufnahme 1874 aufgrund ihrer
Baufälligkeit abgebrochen worden. Der anschlie-
ßend von Hase an gleicher Stelle ausgeführte
Neubau stellt sich in neugotischer Formenspra-
che dar. Er liegt an der Zusammenführung der
beiden von Norden kommenden parallelen Er-
schließungsstraßen des südlichen Dorfbereiches
und konnte 1876 geweiht werden.
Der ost-west-gerichtete Kirchenbaukörper steht
inmitten des begrünten und von altem Eichen-
bestand umgebenen Kirchhofes, der im Nord-
osten von der im Bogen geführten Hauptstraße
begrenzt wird. Im nördlichen Bereich stehen ver-
einzelte, aus dem 19.Jh. stammende Eisenkreu-
ze und Grabsteine früherer Grabmale. In der
Süd-West-Ecke des Kirchhofs ist ein 1922 von
den Hannoveraner Künstlern Siebert und Man-
telmann geschaffenes Ehrenmal für im Ersten
Weltkrieg gefallene Wietzendorfer Bürger aufge-
stellt worden. Die beiden ehemals seitlich ange-
brachten Steintafeln mit engelartigen Reliefdar-
stellungen wurden in die 1961 für Gefallene des
Zweiten Weltkrieges erweiterte Anlage mit
Schrifttafeln und einem Steinkreuz integriert.
Ein geschwungener Spitzhelm mit Holzschindel-
deckung und Wetterfahne bekrönt den 1971 er-
neuerten Holzturm, der knapp über die umge-
benden Bäume herausragt. Es ist ein holzver-
schalter Gefügebau mit freistehenden Glocken-
stuhl, der 1746 sicherlich in einigem Abstand zu
dem Vorgängerbau der Kirche errichtet worden
war. Heute steht er im direkten Anschluss an
den Westgiebel des von Strebepfeilern und gro-
ßen Spitzbogenfenstern gegliederten, hohen ge-
wölbten und unverputzten Backsteinbaus mit
angedeutetem Querhaus und Polygonchor.
Sein hell gestrichenes, fünfjochiges Inneres mit
gangartigen Seitenschiffen wird von runden
Backsteinpfeilern und den 1957 geschaffenen
Ausmalungen Rudolf Schäfers beherrscht, ins-
besondere von dem monumentalen Kruzifix im
Altarraum. In der Mitte der reich beschnitzten,
dreiseitigen Holzempore ist die bereits 1867 für
den Vorgängerbau geschaffene Orgel aufgestellt
worden.
Trotz der laut Überlieferung zahlreichen Plünde-
rungen der Vorgängerkirche in den Kriegszeiten
ist u.a. das durch Relief- und Medaillondarstel-
lungen und ein wohl im 18.Jh. entstandenes

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