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Kämmerer, Christian [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0093
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NEUMARKT

Dort, wo die Johannisstraße an ihrem nördli-
chen Ende einstmals auf die Befestigung der
Altstadt und die Alte Pforte traf, befindet sich
heute der Neumarkt. Die Platzanlage ent-
stand nach der Mitte des 19. Jh. im Zusam-
menhang mit der Errichtung des Bahnhofs-
viertels jenseits der Hase und bildete das Ziel
der Bahnhofsstraße, die das neue Empfangs-
gebäude des Bahnhofs mit der Innenstadt an
der Trennungslinie von Alt- und Neustadt ver-
band. Seit dem Ausgang des 19. Jh. entwik-
kelte sich der Neumarkt zu einem der Zentren
des Geschäftslebens und Verkehrs. Nach
dem Zweiten Weltkrieg, in dem fast die ge-
samte Bebauung des Platzes zugrunde ging,
wurde er beträchtlich nach Westen erweitert
und umfaßt heute mehr als das Doppelte des
ursprünglichen Platzraums.
Der gegenwärtige Zustand des Neumarkts
läßt nicht mehr erkennen, daß er stadtge-
schichtlich bedeutsamer Grund ist. Teilweise
auf seiner Fläche entstand am Nordostrand
der Neustadt zu Ende des 13. Jh. das Augusti-
nerkloster, das mit der Reformation aufgeho-
ben wurde. 1628- 32 fielen Teile des Klosters
dem Neubau einer Jesuitenakademie zum
Opfer. Ihre großzügig geplante Anlage ge-
langte nur in Teilen zur Ausführung und konn-
te wegen des Einzugs der Schweden 1633
nicht fortgeführt werden. Kollegienhaus und
die noch um die Mitte des 18. Jh. bestehenden
Klosterruinen wichen 1755/57 dem Bau eines
Zuchthauses für das Fürstbistum Osnabrück.
An die Stelle der Strafanstalt trat in der zwei-
ten Hälfte des 19. Jh. schließlich das Justiz-
gebäude, das heute, allein übriggeblieben von
der älteren Bebauung des Neumarkts, die
Südostseite des Platzes beherrscht (Land-
gericht, Neumarkt 2). Mit dem Neubau trug
man den Veränderungen in Verfassung und
Organisation der Osnabrücker Gerichte
Rechnung, die im Verlauf des 19. Jh. eingetre-
ten waren. Der 21 Achsen breite dreigeschos-
sige Bau entstand 1874-78 nach den Entwür-
fen des Regierungs- und Baurats bei der
Landdrostei Karl Grahn. Als erster öffentlicher
Großbau Osnabrücks wurden seine Fassa-
den in Ziegelsichtmauerwerk anstelle des üb-
lichen Bruchsteins ausgeführt, im übrigen
aber die heimische Bautradition mit der Ver-
wendung von Sandstein für das Sockelge-
schoß und die Architekturteile des Gebäudes
gewahrt. Trotz seiner in der Hauptsache klas-
sizistisch geprägten Formen bezeichnet das
Gebäude noch eine Stilstufe, auf der sich
Rundbogenstil und Spätklassizismus überla-
gern. Ursprünglich fand die Fassade in einem
dreiachsigen, von einem Frontispiz bekrönten
Mittelrisalit ihr Zentrum und folgte damit dem
üblichen Aufrißschema des repräsentativen
öffentlichen Gebäudes im 19. Jh. Mit der Be-
seitigung des Risalits im Zuge des Wiederauf-
baus 1949 gewannen an der langgezogenen
Fassade die kräftig vortretenden und leicht
überhöhten Eckrisalite, die zusätzlich durch
hohe Blendarkaden in ihren obersten Ge-
schossen hervorgehoben sind, ein vom Ent-
wurf her nicht beabsichtigtes starkes Gewicht
als dominierende Eckbauten, zwischen die
die breite, heute einheitlich gestaltete Mittel-
partie des Gebäudes eingespannt ist.


Neumarkt 2, Justizgebäude, Aufriß der Hauptfassade (Osnabrück, Bauordnungsamt, Archiv)

jr Qmbrtirk.


Johannisstraße 92/93, Süsterstraße 3


Neumarkt 2, Justizgebäude (Landgericht), 1874-78, Architekt Karl Grahn


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