Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kämmerer, Christian [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0113
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
gelbau mit Gliederungen und Architekturteilen
in Sandstein.
Die meisten der bis dahin noch freien Grund-
stücke der Straße wurden in den folgenden
Jahren zwischen 1901-08 bebaut, nun je-
doch in der Regel nicht mehr mit Villen, son-
dern mit aneinandergebauten geräumigen
Wohnhäusern, deren Stuckfassaden in den
Formen der Gotik, Renaissance, des Barock
und Klassizismus, aber auch mit Jugendstil-
Elementen und vereinzelt unter Verwendung
von Fachwerk gestaltet wurden (Nr. 1A, 1B;
15-20, Bramscher Straße 20).
Bürgerpark
Auf der Westseite des Gertrudenberges, wo in
älterer Zeit Steingruben lagen, waren bereits
in der ersten Hälfte des 19. Jh. auf Initiative
des Osnabrücker Senators Wagner Verschö-
nerungen durch Baumpflanzungen vorge-
nommen worden. 1876 wurde hier der Bürger-
park in seiner gegenwärtigen Form als ein
Landschaftspark mit unregelmäßigem Wech-
sel von Grünflächen und baumbestandenen
Partien angelegt. Im Park befinden sich eine
Anzahl von Gedenksteinen, die zu verschie-
denen Anlässen Aufstellung fanden. An die
Völkerschlacht bei Leipzig erinnert, heute im
Zentrum des Parks, ein Stein, der 1863 zur
Feier des fünfzigsten Jahrestages auf dem
Gertrudenberg aufgestellt wurde. Der ihm be-
nachbarte Gedenkstein zum Krieg 1870/71,
der 1884 aufgerichtet wurde, erinnert daran,
daß das Gelände auf dem Gertrudenberg seit
1873 bis zur Neuanlage des Bürgerparks Ort
der Feier des Sedanstages war. Im Rosengar-
ten des Bürgerparks weist schließlich eine
Steinvase auf hohem Sockel auf die Tätigkeit
des 1885 gegründeten „Osnabrücker Vereins
zur Verschönerung der Umgebung und zur
Hebung des Fremdenverkehrs“ hin. Die Vase,
eine Arbeit des Bildhauers Heinrich Wulfer-
tange, wurde zum fünfundzwanzigsten Jubi-
läum des Vereins 1910 aufgestellt.
NÖRDLICH DES GERTRUDENBERGES
Bis zum Ersten Weltkrieg beschränkte sich die
Bautätigkeit im nördlichen Teil der Feldmark
fast ganz auf die stadtnahen Bereiche in den
Randlagen des Gertrudenbergs vor dem Ha-
setor. Darüber hinaus wurde vereinzelt ent-
lang der alten Wege in der Feldmark gebaut,
vor allem an der Bramscher Straße, an wel-
cher sich schon damals die Bebauung bis
über die Feldmarkgrenzen hinaus in die Bau-
erschaft Haste zog. Die Aufsiedlung der stadt-
fernen Zonen begann in größerem Umfang
erst nach dem Ersten Weltkrieg. Nachdem in
den Jahren 1911/15 der Osnabrücker Hafen
mit anschließendem Zweigkanal zum Mittel-
landkanal im Nordwesten vor der Stadt ange-
legt worden war, bildete sich zwischen Bram-
scher Straße und dem gleichzeitig mit der
Hafenanlage veränderten und begradigten
Haselauf im Westen eine ausgedehnte Indu-
strie- und Gewerbezone. Zwischen den Welt-
kriegen lag das Zentrum der Bautätigkeit
nördlich der älteren Vorstadtbereiche am Sün-
telhügel. Hier baute der Gemeinnützige Osna-
brücker Bauverein in den Jahren 1918-30 ei-
ne größere zusammenhängende Siedlung mit

Kleinwohnungen für einkommensschwache
Bevölkerungsschichten im Umkreis um die
Hügelstraße. In mehreren Erweiterungspha-
sen und unterschiedlicher Ausbildung ent-
standen hier Kleinhaussiedlungen (Fricke-
straße 1919, Meisenweg), mehrgeschossige
Mietshausblöcke (Hügelstraße 1918/19, An)
Vogelsang 1927/29) und, als letzte Erweite-
rung der Siedlung, geschlossene Reihen-
hausbebauung am Amsel-, Drosselweg und
Lerchenstraße (1929/30). Charakteristisch für
den Siedlungsbau der Zeit in Osnabrück ist
die stark traditionalistische Gestaltung der bis
1929 errichteten Siedlungsteile.
Abweichende und für Osnabrücker Verhält-
nisse ungewöhnliche Gestalt weist eine Sied-
lung auf, die in gleicher Zeit nur wenig entfernt
durch einen privaten Bauträger errichtet wur-
de. An der Kornstraße nördlich des Hasefried-
hofs baute der Architekt und Unternehmer
Paul Thor 1929 eine 45 Wohnungen umfas-
sende Siedlung für kinderreiche Familien und
Tuberkulöse (Nr. 2-16). Mit Rücksicht auf die
besondere Bestimmung der Siedlung wurde
der Architekt von der damals vorgeschriebe-
nen geschlossenen Bauweise befreit. Im Ge-
gensatz zur üblichen Blockrandbebauung ste-

hen die vier Wohnblöcke der Siedlung recht-
winklig zur Straße und sind an ihrer Westseite
jeweils mit durchlaufenden Baikonen ausge-
stattet, eine Anordnung, die dem Lichteinfall
und der Belüftung ein neues und beherr-
schendes Gewicht in der Gestaltung des
Wohnungsbaus einräumt. Besonders ausge-
bildete Kopfbauten schließen die Blöcke stra-
ßenseitig ab und bestimmen mit ihren kanti-
gen Baukörpern die Erscheinung der Anlage
an der Kornstraße. Kleine eingeschossige An-
bauten, die in der Straßenflucht liegen, nah-
men ursprünglich Ladengeschäfte auf und
dienten der Versorgung der Bewohner. Die
gänzlich schmucklosen kubischen Baublöcke
mit Flachdächern zeigen als einzige Beispiele
des Osnabrücker Siedlungshaus der zwanzi-
ger Jahre völlige Abwendung von den histori-
schen Stilen und Hausformen und sind mit
ihrer rein funktionalistischen Gestaltung kom-
promißlos den Anschauungen des Neuen
Bauens verpflichtet.
Haster Mühle
An der Nordgrenze der Osnabrücker Gemar-
kung am Übergang der Bramscher Straße

Im Bürgerpark auf dem Gertrudenberg



111
 
Annotationen