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Kämmerer, Christian [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0134
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Doppelhäuser für jeweils zwei Familien ange-
legt waren. In langgezogenen Reihen entstan-
den damals an Atter-, Landwehr-, Quer- und
Eversburger Straße überwiegend gleichge-
staltete eingeschossige Häuser, die als
schmucklose Bruchsteinbauten mit einfachen
Satteldächern ausgeführt sind und denen je-
weils ein Stall und Gartenland beigegeben
wurde. Zugehörig zur Siedlung waren evan-
gelische und katholische Schule und Lehrer-
wohnhäuser. Von diesen frühen Zeugnissen
eines vorbildlichen städtischen Siedlungs-
haus, die einst das Gesicht des Stadtteils
prägten, haben sich nur noch wenige in eini-
germaßen authentischer Gestalt erhalten (Ar-
beiterhäuser Atterstraße 168/70; 174/176;
187; Lehrerwohnhäuser Am Eversburger
Bahnhof 24/25; 26/27,1874).
Nach Anlage der Bergarbeitersiedlung vollzog
sich die Entwicklung Eversburgs bis zum Er-
sten Weltkrieg sehr ruhig. An dem alten
Wegesystem entstand weit verstreut verein-
zelte Bebauung, die kaum Bemerkenswertes
bietet. Eine Ausnahme bildet das Wohnhaus
Atterstraße 30, das sich der Fabrikant Hilken-
kamp 1910 im damals noch ganz ländlichen

Am Eversburger Bahnhof 24/25, 26/27,
ehemalige Lehrerwohnhäuser, um 1874


Atterstraße 30,1910, Architekt W. Rosebrock


Osten Eversburgs erbauen ließ. Der Architekt
Rosebrock entwarf ein Landhaus nach dem
Muster eines kleineren spätbarocken Herren-
hauses: einen schlichten eingeschossigen
Putzbau von sieben Achsen, in dessen hohes
Mansarddach ein zweigeschossiger übergie-
belter Mittelrisalit einschneidet, der dem Haus
seinen herrschaftlichen Charakter verleiht.
Die Mittelachse betont über einer kleinen Frei-
treppe ein neubarockes Portal, das Zugang zu
einem repräsentativen Treppenhaus gibt. We-
sentlich für die äußere Erscheinung ist die
reiche Sprossengliederung der Fenster. Der
elegante Bau, der beträchtlich von der Straße
zurückgesetzt ist, lag ursprünglich auf einem
großen Gartengrundstück, heute ist er von der
jüngeren Straßenbebauung fast ganz ver-
deckt.

Ev.-Iuth. Pfarrkirche St. Michael
Eversburg gehörte zum Kirchspiel St. Marien.
Für die allmählich wachsende evangelische
Gemeinde wurde 1901 unweit südlich der
Bergarbeiter-Kolonie auf der Eversheide
durch den Kirchenvorstand von St. Marien ein
Predigthaus erbaut (St. Michael, Kirchstraße).

Kirchstraße, St. Michael, Ostfassade von 1952/53,
Architekt A. Hilmer


Wersener Straße 23A-29B, Siedlung 1928-29,
Architekt W. Nietmann


Architekt war Fritz Ossenbühl, der einen turm-
losen Saalbau mit östlicher Vorhalle und nörd-
lich angebautem Konfirmandenraum errichte-
te. Erst später wurde die Kapelle Pfarrkirche
und erhielt durch einen Umbau, den der Archi-
tekt Hilmer 1952/53 durchführte, einen poly-
gonalen Choranbau im Westen und ihre mar-
kante Ostfassade in Gestalt eines gestuften
Turmbaus mit hohem Helm, beides Bauteile,
die sich mit ihrem farbigen Bruchsteinmaterial
überzeugend an den Altbau anschließen.
Wie in den anderen Feldmarkbereichen nahm
auch in Eversburg zwischen den Weltkriegen
die Bautätigkeit kräftig zu. Noch immer be-
schränkte sie sich ausschließlich auf die alten
Straßen und Feldwege. Zu den Zeugnissen
des Wohnungsbaus unter Gewinnverzicht,
dem in der Zeit großer Wohnungsnot in den
zwanziger Jahren ein besonderes Gewicht an
der baulichen Entwicklung der Feldmark zu-
kam, gehören die Siedlungen des Gemeinnüt-
zigen Osnabrücker Bauvereins, die in Evers-
burg in zusammenhängenden Reihen an
Wersener Straße und Kirchstraße entstanden.
1928/29 baute der Verein im Anschluß an eine
ältere Siedlung aus der ersten Hälfte der
zwanziger Jahre eine Zeile von sechs zweige-
schossigen Doppelhäusern an der Wersener
Straße, sparsam gegliederte Rohziegelbau-
ten, deren Erscheinung hauptsächlich durch
ihre hohen ausgebauten Mansarddächer be-
stimmt wird (Wersener Straße 23A-29B). Der
Architekt Wilhelm Nietmann benutzte hier ein
ähnliches barockes Hausmuster, wie er es be-
reits wenige Jahre zuvor für die Kriegsbeschä-
digten-Siedlung an der Brinkstraße (vgl. S.
142) angewandt hatte und hielt auch noch zu
Ende des Jahrzehnts an einer ganz traditiona-
listischen Formgebung fest.
Kath. Liebfrauenkirche
Trotz der Entwicklung des Stadtteils zum Vor-
ort hatte die katholische Gemeinde Evers-
burgs noch bis in die zwanziger Jahre des 20.
Jh. mit der alten Kapelle des Eversburger
Guts, die Filialkirche der Dompfarrei war, aus-
kommen müssen. 1923 wurde sie durch den
Neubau der Liebfrauenkirche abgelöst, die ih-
ren Platz etwa 100 m südlich der Burgkapelle
erhielt. Architekt war Albert Feldwisch-Dren-
trup, der gleichzeitig auch die Osnabrücker
Josefskirche erbaute. Mit ihren schönen aus-
gewogenen Verhältnissen gehört die Evers-
burger Pfarrkirche zu den guten Leistungen
des Osnabrücker Kirchenbaus im 20. Jh. Ein-
fache, monumentale Formen, die an die roma-
nische Kirchenbaukunst anknüpfen, kenn-
zeichnen die ganz im heimischen Bruchstein-
material errichtete Kirche, deren räumliche
Anordnung am Außenbau klar ablesbar ist.
Die turmlose dreischiffige Basilika mit Lang-
haus von sechs Jochen, eingezogenem Chor
und Chorapsis ist äußerlich weitgehend
schmucklos und bezieht ihre Wirkung haupt-
sächlich aus der guten Verteilung der Massen.
Abgesehen von Wandvorlagen im Oberga-
denbereich kommt der Bau ohne gliedernde
Elemente aus. An die Stelle eines Westturms
tritt ein achteckiger Dachreiter. Auch im Inne-
ren herrschen große und einfache Formen
vor, die Verwandtschaft mit der Raumkonzep-
tion der Josefskirche verraten, jedoch im Auf-

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