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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0155
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Aus älterer Zeit verblieb To Pye 20 am Süd-
rand des Pyer Ding, ein kleines Zweiständer-
Hallenhaus aus dem Anfang des 19. Jh.
Unter den verbliebenen Nebengebäuden ist
das Steinwerk des Hofes To Pye 4 in der
Altsiedlung Pye das älteste Gebäude der Bau-
erschaft und zugleich eines der wenigen
erhaltenen Beispiele für den Bautyp des
Wehrspeichers im Osnabrücker Land. Das
dreigeschossige, in Bruchstein errichtete
Steinwerk mit hohem Satteldach, wohl ein
Bau des 16. Jh., befindet sich östlich neben
dem (weitgehend erneuerten) Haupthaus der
Hofanlage und ist mit dem unterkellerten
Wohnteil des Hauses, entsprechend seiner
Aufgabe als Fluchtstätte für die Hofbewohner,
durch einen unterirdischen gewölbten Gang
verbunden.
Zu den ältesten Scheunen des heutigen Stadt-
kreises gehört die Fachwerkscheune des
Hofes Fürstenauer Weg 210, ein schöner
Zweiständerbau von 1746, dessen Giebel über
geschwungenen und profilierten Knaggen
mehrfach vorkragen (Innengerüst erhalten).
Typische Bruchsteinspeicher des Osnabrük-
ker Landes befinden sich auf den Höfen Zum
Pyer Moor 8 (1743) und Stiestraße 2 (1842).

Pye, To Pye 4, Steinwerk, 16. Jh.


Pye, Zum Pyer Moor 8, Speicher von 1743


Ehemaliges städtisches Kohlenbergwerk
am Piesberg
Mit der industriellen Ausbeutung der Kohle-
vorkommen des Piesbergs entstanden in der
zweiten Hälfte des 19. Jh. die Bergwerksanla-
gen auf den Hängen und am Südrand des Ber-
ges. Der Steinkohlenbergbau in der Piesber-
ger Karbonscholle, der seit der Mitte des 15.
Jh. nachweisbar ist und urkundlich 1568 erst-
mals erwähnt wird, war über Jahrhunderte
hinweg mit der Stadt Osnabrück eng verbun-
den. Seit 1568 beanspruchte die Stadt das al-
leinige Recht auf die Gewinnung der Piesber-
ger Kohle, die sie zeitweise durch Pächter,
seit 1730 auf eigene Rechnung abbauen ließ.
Die Kohlegewinnung war bis ins 18. Jh. hinein
nur gering und besaß ihre Bedeutung lediglich
im Zusammenhang mit dem Betrieb der vor
der Stadt gelegenen Kalkofen. Die eigentliche
Blütezeit des Bergwerks begann erst in der
zweiten Hälfte des 19. Jh. mit dem Bau der Ei-
senbahn in Osnabrück und der gleichzeitig
einsetzenden industriellen Entwicklung. Un-
mittelbar nach dem Bau der Hannoverschen
Westbahn Löhne-Rheine, deren Trasse in
die Nähe des Piesbergs gelegt wurde, ließ die

Stadt 1857 die Piesberger Zweigbahn erbau-
en, die in Eversburg von der Bahnlinie nach
Rheine abzweigt und in einem weiten Bogen
unmittelbar vor die Mündung des Hasestol-
lens am südlichen Fuß des Berges führt. Mit
der Anbindung des Bergwerks an das Eisen-
bahnnetz setzte die bedeutendste Phase des
Piesberger Bergbaus ein, die durch eine Viel-
zahl von baulichen Anlagen noch heute an-
schaulich belegt ist.
Bis zur Mitte des 19. Jh. waren die Kohlenfel-
der des Piesbergs im wesentlichen durch zwei
große Stollensysteme im Norden und Süden
des Berges, den Lechtinger Oberstollen
(1830) und Tiefstollen (1850) und den Hase-
stollen (1827/1853) erschlossen. Mit dem
Ende der sechziger Jahre ging man zum Tief-
bau über, als dessen Folge 1871 die bauli-
chen Anlagen des Haseschachts als Haupt-
tiefbauschacht am Piesberger Südabhang
(Fürstenauer Weg) und am Nordflügel des
Berges der Stüveschacht (1873, Lechtinger
Straße) errichtet wurden. Beide Anlagen sind
heute als eindrucksvolle Ruinen erhalten und
verkörpern den wirtschaftlichen Höhepunkt
des Bergwerks, das in dieser Zeit zu einem
beachtlichen städtischen Industrieunter-



Pye, Fürstenauer Weg 210, Scheune, 1746

Pye, Stiestraße 2, Speicher


Pye, FürstenauerWeg, Haseschacht, 1871 (Zustand 1982)


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