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ist aus Gertrud geworden?!" Trotzig setzte sich Mathias zur
Wehr; bei dem Ringen fiel aus seiner Tasche Geld und ein
Zettel, nach welchem Mathias sich hastig bückte. Aber Isaak,
dieß bemerkend, entriß ihm denselben, da er mit Recht ver-
muthete, das; Mathias gewichtige Gründe haben müsse, den
entfallenen Zettel in keines Andern Hände gelangen zn lassen.
Möglicher Weise fand er hier einen Aufschluß über das Schick-
sal seiner Gertrud.

Brüllend vor Wuth, als der Zettel in Isaaks Händen
war, stürzte sich Mathias auf seinen Schwager und suchte mit
höchster Anstrengung wieder in den Besitz desselben zu gelangen.
Aber der durch stetes angestrengtes Arbeiten zu Riesenkräften
gelangte Isaak schleuderte den durch seine Schlemmereien ent-
nervten Mathias zn Boden, drückte ihn mit einem Knie zur
Erde und entfaltete rasch seinen Fund. Es war die Verschreib-
ung von 50 Dukaten durch Hans von Zettlitz.

Jetzt begann es Isaak furchtbar klar zu werden; der feine
Geselle mit den weißen Händen und Zettlitz waren eine Person
— der Bruder hatte die eigene Schwester um diesen Judas-
lohn vcrrathen.

Bor Wuth außer sich bei dieser Entdeckung schüttelte er
den Elenden und bedrohte ihn mit augenblicklichem Tode, um
ihm ein Gestündniß zu entlocken, wohin Zettlitz die unglückliche
Gertrud gebracht habe — doch umsonst — Mathias schwieg hart-
näckig. Außer sich gab er einstweilen seine fruchtlosen Versuche
auf und kehrte, nachdem er die Kammerthüre des Trunkenen
fest verschlossen hatte, zu der ebenso trostlosen Großmutter seiner
armen Braut zurück. In fliegender Hast unterrichtete er sie
von seiner Entdeckung und sank endlich auf's Tiefste erschüttert
in einen Stuhl mit dem verzweifelten Rufe: „Arme, arme
: Gertrud, wo bist Du — wo kann ich Dich finden?!"

Da nahte sich ihm schmeichelnd die bisher unbeachtet ge-
bliebene kleine Marie und sagte, indem sie seine Kuiee um-
schlang: „Väterchen, weine nicht — Mutter Gertrud kommt
ja wieder, sie ist nur mit Martin in die einsame Schenke vor-
dem Metzgcrthore gegangen!"

Wie eines Engels Stimme tönten diese Worte aus dem
Munde seines Kindes in das Ohr des schwer Geprüften. —
Eilends nahm er die Kleine auf seine Kuiee, küßte sie wieder
und wieder und frag, woher sie dieß wisse.

„Ei Mutter Gertrud hat mir's ja selbst gesagt, denn sie
konnte mich nicht mitnehrncn, weil es zu weit war!"

Das war wie ein Blitzstrahl, der das chaotische Dunkel
erhellt. Die einsame Schenke vor dem Metzgerthor — das
war das verrufene Schnackenloch, das allein einsam stand in
jener Gegend und ganz geeignet war zur Ausführung eines so
schmählichen Verbrechens.

Eiligst ergriff Isaak als nächste beste Waffe einen Hammer
und stürzte aus dem Hause. Bald langte er vor der Kneipe
un; vergeblich läugnete der bestürzte Wirth die Anwesenheit der
Gesuchten — er durchstöberte das ganze untere Geschoß trotz
des Protestes der Wirthsfamilie, stürmte die Treppe hinauf,
vernahm den Hülferuf seiner Gertrud und — das Uebrige ist
bereits erzählt.

Mit einem Schrei der Wuth erblickte Zettlitz die feiner
Gefangenen so unverhofft erschienene Hülfe. Zorufprühenden
Blickes, doch mit aschfarbenem Antlitz — denn er fühlte, jetzt
galt es einen Kampf um Leben oder Tod — ließ er ab von
seinem Opfer, fuhr mit der Hand in den Brustlatz und be-
waffnet mit einem spitzen zweischneidigen Dolche zog er sie zurück.
Blitzschnell, wie eine Schlange auf ihr Opfer, stürzte er dann
ans seinen ihn ruhig erwartenden Gegner, um mit seinem Stahle
die redliche Brust zu durchbohren, doch, noch ehe die vor Ent-
setzen aufschreiende Gertrud Zeit hatte, mit ihrem Körper den

Geliebten zu decken, sauste der gewichtige Hammer Isaaks her-
ab und — mit zerschmettertem Haupte, das Kleid Gertruds
mit Blut und Gehirn bespritzend, sank der Frevler tobt zur
Erdc. Aufschrcieud stürzte jetzt der Gastwirth, der Isaak auf
dem Fuße gefolgt war, vor die Thüre seines Hauses und „Mord
— Mord" schreiend, versammelte er alle Vorübergehenden und
die Gäste, um sich des T Hüters zu bemächtigen.

Sauft entfernte Isaak bei dem Heraunahen seiner Hüschcr
dic ihn umschlingenden Arme seiner weinenden Gertrud, schritt
den Kommenden ruhig entgegen und reichte gefaßt seine Hände 1
zum Binden hin. Unter lauten Verwünschungen einer auf dem
Wege immer wachsenden Menge, die nicht ahnte, daß ihr Ge-
fangener der heute Morgen noch so hoch gefeierte Verfertiger !
der Wunderuhr war, wurde Isaak, begleitet von der verzwei- I
felnden in Thrünen zerfließenden Gertrud, nach der Stadt und |
in's Gefängnis; geführt.

(Fortsetzung folgt.)
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Uhrmacher von Straßburg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Lanze
Straßburg
Hammer
Karikatur
Uhrmacher <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 55.1871, Nr. 1359, S. 35
 
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