Kalt-Roschcn.
(Schluß.)
Am 18. Juni.
Zu ihrem Wiegenfeste
Schuf ich, dem Kind zu Lieb,
Ein Lied, vielleicht das beste.
Das ich mein Lebtag schrieb.
Auch dicß probate Mittel
Verfing bei Röschen nicht:
Sie las mit Noth den Titel
Von meinem Festgedicht.
Als ich mich, blaß wie Kreide,
Im Zorn bei ihr empfahl.
Gab sie mir das Geleite
Bis an den Ochsenstall.
Der Ochsenknecht des Stalles
War gestern kanonenvoll.
Und fühlte, in Folge des Balles,
Sich heute noch nicht wohl.
D'rum watschte der tölpische Junge
Manch' unverständliches Wort,
Und machte mit lallender Zunge
Der blühenden Jungfrau Rapport.
Er sprach vom verworfenen Kalbe
Und vcitstanzbeslisscneu Lamm,
Und daß die algäuische Falbe
Heut' Morgen ein Söhnchen bekam.
Schnell huschte sie, ohne zu grüßen.
Zum Stalle, das Knäblcin zu seh'n,
Und rieth mir, durch lachende Wiesen
Des Gutes nach Hause zu geh'n.
Wohl lachten die Wiesen alle.
Vom Hauche des Maien durchweht.
Zur Freude der Ochsen im Stalle,
In erster Bonität.
So weit als die Früchte hier reiften,
Bebaute der Pächter das Feld,
Die Blicke, die sehnenden, schweiften,
Gehörte dem Pächter die Welt.
Im Tiefsten des Herzens gekränket.
Verwünscht' ich die ganze Natur,
Das Haupt auf die Weste gesenket.
Durchzog ich die lachende Flur.
Es war mir, als kicherten Waizen
Und Haber und Roggen zusammt:
„Da wandelt ein lyrischer Esel,
Der ist zu Kartoffeln verdammt!"
Am 15. September.
Acht Wochen wohl halt' ich gemieden
Des Pächters geselliges Haus,
Da hielt ich's vor innerem Frieden
Nicht mehr in dem eigenen aus.
Ich dachte: vielleicht ist der Winter
Bei Röschen nun endlich vorbei.
Nahm rasch meinen weißen Cylinder
Und eilte von Neuem auf's Gäu.
Angekommen auf dem Pachthof,
Stand Kaltröschen an dem Thor,
Und sic kam mir temperirtcr
Als am Wiegenfeste vor.
Freundlich grinzte sic: „Herr Friedrich!
Sind sie endlich wieder da?
Es vergingen fast acht Tage,
Daß ich Sie bei uns nicht sah."
Hierauf sprach ich unverholen
Zu dem Engel, höchst piquirt:
„Es sind über sieben Wochen
Seit mir das nicht mehr passirt!"
Sprach Kaltröschen unbefangen:
„Seit wir uns nicht mehr geseh'n.
Ist mit dem algäuer Kalbe
Was Verdrießliches gcscheh'n."
„Ist," rief ich satirisch-lyrisch,
„Ist mein Nebenbuhler tobt?"
Sprach Kaltröschen: „Ja, und sterbend
Wog er sechzig Pfund drei Loth.!"
Macht ich nun aus Humoristik
Einen gar zu dummen Witz:
Fragte nach des Kalbes Namen
Und erhielt zur Antwort: „Fritz!"
(Schluß.)
Am 18. Juni.
Zu ihrem Wiegenfeste
Schuf ich, dem Kind zu Lieb,
Ein Lied, vielleicht das beste.
Das ich mein Lebtag schrieb.
Auch dicß probate Mittel
Verfing bei Röschen nicht:
Sie las mit Noth den Titel
Von meinem Festgedicht.
Als ich mich, blaß wie Kreide,
Im Zorn bei ihr empfahl.
Gab sie mir das Geleite
Bis an den Ochsenstall.
Der Ochsenknecht des Stalles
War gestern kanonenvoll.
Und fühlte, in Folge des Balles,
Sich heute noch nicht wohl.
D'rum watschte der tölpische Junge
Manch' unverständliches Wort,
Und machte mit lallender Zunge
Der blühenden Jungfrau Rapport.
Er sprach vom verworfenen Kalbe
Und vcitstanzbeslisscneu Lamm,
Und daß die algäuische Falbe
Heut' Morgen ein Söhnchen bekam.
Schnell huschte sie, ohne zu grüßen.
Zum Stalle, das Knäblcin zu seh'n,
Und rieth mir, durch lachende Wiesen
Des Gutes nach Hause zu geh'n.
Wohl lachten die Wiesen alle.
Vom Hauche des Maien durchweht.
Zur Freude der Ochsen im Stalle,
In erster Bonität.
So weit als die Früchte hier reiften,
Bebaute der Pächter das Feld,
Die Blicke, die sehnenden, schweiften,
Gehörte dem Pächter die Welt.
Im Tiefsten des Herzens gekränket.
Verwünscht' ich die ganze Natur,
Das Haupt auf die Weste gesenket.
Durchzog ich die lachende Flur.
Es war mir, als kicherten Waizen
Und Haber und Roggen zusammt:
„Da wandelt ein lyrischer Esel,
Der ist zu Kartoffeln verdammt!"
Am 15. September.
Acht Wochen wohl halt' ich gemieden
Des Pächters geselliges Haus,
Da hielt ich's vor innerem Frieden
Nicht mehr in dem eigenen aus.
Ich dachte: vielleicht ist der Winter
Bei Röschen nun endlich vorbei.
Nahm rasch meinen weißen Cylinder
Und eilte von Neuem auf's Gäu.
Angekommen auf dem Pachthof,
Stand Kaltröschen an dem Thor,
Und sic kam mir temperirtcr
Als am Wiegenfeste vor.
Freundlich grinzte sic: „Herr Friedrich!
Sind sie endlich wieder da?
Es vergingen fast acht Tage,
Daß ich Sie bei uns nicht sah."
Hierauf sprach ich unverholen
Zu dem Engel, höchst piquirt:
„Es sind über sieben Wochen
Seit mir das nicht mehr passirt!"
Sprach Kaltröschen unbefangen:
„Seit wir uns nicht mehr geseh'n.
Ist mit dem algäuer Kalbe
Was Verdrießliches gcscheh'n."
„Ist," rief ich satirisch-lyrisch,
„Ist mein Nebenbuhler tobt?"
Sprach Kaltröschen: „Ja, und sterbend
Wog er sechzig Pfund drei Loth.!"
Macht ich nun aus Humoristik
Einen gar zu dummen Witz:
Fragte nach des Kalbes Namen
Und erhielt zur Antwort: „Fritz!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kalt-Röschen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)