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Frack.

13!)

— „Arthur, Du schwitzest furchtbar, Du durchschwitzest meinen
Frack und wenn der fürchterliche Staub sich hinein setzt, ist er
ruiuirt für immer." — „Karl, es geht nicht — ich muß!"

Danüt riß er sich los. Karl war doch ein recht unange-
nehmer Mensch; er suchte ihm von nun an möglichst auszuweichen.

Es kam zum Souper. Arthur hatte dazu selbstverständlich
Aurelien eingeladen. Sie saß an seiner rechten Seite. Es war
Alles im besten Zuge. Da — wer beschreibt seinen Schrecken
— nimmt der fürchterliche Karl ihm gegenüber Platz und
mustert mit durchdringendem Blicke seinen Frack. Karl vertieft
sich mit seinen Tischnachbarn zur Rechten und Linken in ein
Gespräch über das Ruiniren der Kleider auf Bällen durch Staub
und Anstrengungen, hebt dann mit lauter Stimme das Ver-
derbliche des Sitzens mit gekrümmte» Kuiccn hervor, wodurch
die modernen engen Beinkleider die fatalen Knieerweiterungen
davoutrügeu, und sucht bei diese» von Arthur wohl vernommenen
Worten mit dessen unteren Extremitäten unter der Tafel merk-
bare Fühlung zu gewinnen, in Folge deren Arthur seine Beine
gerade vor sich hin streckt.

Tie Kellner serviren die Suppe. Sie haben zwei, ja drei
Teller der rauchenden Flüssigkeit in einer Hand und balanciren
sic hastig, frech und unbekümmert um die möglichen Folgen über
den Köpfen und Schultern der Tischgäste. Jetzt kam die Reihe
an Arthur. Der hier servirende Kellner war besonders frech
und unvorsichtig. Keine seiner Bewegungen entging Karl». Staub,
Schweiß und noch ein Schwapp Bouillon über seinen Frack hin-
weg, er wäre vernichtet gewesen. Das Schicksal war ihm aber
dieses Mal günstig. Karl erging sich in lauten Worten über die
Ungeschicklichkeit und Unverschämtheit der Kellner beim Serviren,
über die schon oft dabei vorgckommenen Ruinirungen der Kleider
und — Arthur dabei scharf ansehend — über die Nothwendig-
keit, während des Servircns ja recht still und ruhig zu sitzen,
um nicht durch eine Kopf- oder Armbewegung nach dem Kellner
hin ein Unglück herbeizuführen. Da wurde der Braten servirt.
Gerade über Arthur's Schultern schwenkte der Kellner die Saucieren
mit der fetten Flüssigkeit mit einem Leichtsinn, der jeden Augen-
blick eine Entladung auf Arthur, der davon natürlich keine Ahn-
ung hatte, befürchten ließ. Karl saß wie auf Kohlen. Kein
Fixiren, kein Winken half. „Kellner." rief er, „nehmen Sie
sich doch in Acht, sie begießen ja meinen Fra — Freund mit
Sauce!" — „Entschuldigen Sie," entgegnete der unverschämte
Kerl, „es ist noch mehr in der Küche vorhanden!" Auch diese

drohende Wolke ging glücklich vorüber. Arthur fing au, die
Anspielungen Karl's, der nunmehr vorzugsweise seiner Galle über
den Kellner freien Lauf ließ, zu iguorireu, er aniusirte sich köstlich
trotz des Damoclesschwertes, das über ihm und seinem Fracke
hing. Das Souper ging zu Ende. Um ungestört mit Aurelien
weiter kosen zu können, rückt er seinen und ihren Stuhl, auf
deren ersterem er in der Zerstreutheit seine Serviette hatte
liegen lassen, zurück in eine lauschige Fensternische, wo sie Platz
nahmen. Arthur hatte über Tische Champagner aufahren lassen.
Der Champagner führt das Her; auf die Lippen. Jetzt war
der Moment gekommen.

„Theuerstes Fräulein," lispelte er der hold erröthenden
Aurelie zu, „theuerstes Fräulein, Sic können mich zum Glück-
lichsten aller Sterblichen ma —"

„Ha, was ist das?" sagte Karl, der von ferne das Pärchen
nicht aus dem Gesichte verloren, mit funkelnden Augen auf ihren
Platz hinstierend, zu sich selbst — und im Nu stand er, mit
zwei Sätzen über den Saal springend, zornglühend vor dem
schreckensbleichen Arthur.

„Unglücklicher," schrie jener, „Du hast mir mein
Eigenthum zersprengt!"

„Teufet," knirschte der aufspringende Arthur, auf die Ser-
viette zeigend, „Du lügst!"

Indessen war Aurelie wie ein aufgescheuchtes Reh entflohen.
Man hat sie nie wieder gesehen. Sie soll in den letzten Tagen
ihres Lebens gestorben sein.

Karl und Arthur wurden Todfeinde.

- H...

18
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Frack"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Frack
Mann <Motiv>
Streit
Abendessen
Ballsaal
Ball <Tanzfest>
Karikatur
Tischdecken
Junge Frau <Motiv>
Flirt <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 55.1871, Nr. 1372, S. 139
 
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