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Die Weihn

der er gesprochen hat auf dem Wege hierher!" So redete und
flehte ihr Herz fort, als die Lippen verstummten und mehr und
mehr ward ihr Gebet ein wortloses Seufzen, ein ergebenes
Versenken alles Höffens, Würstchens und Wottens in einen höheren
allwciscn Willen, in ein ruhevolles Athmcn der immer stiller
! werdenden Seele.

Sie wußte nicht, wie lange sie hier gekniet, eine selige
Ruhe war allmählich über sie gekommen. Sorge, Angst und
Noth waren noch da, aber der Schleier eines stillen Friedens
hüllte sie ein und schied sie von Angst und Sorge. Ta weckte
sic aus der selbstvcrgessenden Andacht des Schaffners Hand,

' die sich leise ans ihre Achseln legte. „Käthe, wo bist Du denn!
Hab' ich Dich doch suchen müssen!" sagte er, „komm', es ist
Zeit, daß rvir hinabgehen!"

Katharine ermannte sich, sie stand ans; noch einen halb
flehenden, halb dankenden Blick nach dem Angesicht der erbarm-
nngsvollen Mutter! War es ihr doch, als nicke das Bild ihr
leise, fast unmerklich, mit einem verheißungsvollen Lächeln zu.
Sie folgte nun dem alten Enderlin, der mit den Kindern die

> Kirche verließ und wieder Hinabstieg, den steilen Felsenpfad hin-
; unter. Unten in der Schasfncrei ward das Abendessen aufge-
tragen. Katharinens Seele war still und voll Frieden, all' die
Sorgen standen noch ferne, und cs war, als wehre ein Engel
mit seiner Hand, daß sie ihr nicht nahe treten durften. In des
Schaffners Hanse spann sich das äußere Leben still und gerüusch-

j los ab, so daß kein Reden und Lärmen den Frieden stören
j konnte, der mild ans ihrer Seele lag.

>

Als der Erbrichter Mysner zu seiner großen Gemüths-
crlcichterung glücklich an dem zornigen Jäger vorüber und aus !

achtsglocke n. 18?

der Stube heraus war, in welcher ihm eines jähen Todes Ge- j
fahr ganz unvermuthet entgegengestarrt hatte, eilte er rasch dein j
Kretscham, seinem stattlichen Hause zu.

Christine hatte mit der Beschuldigung, er sei nur deßhalb zu
ihnen herausgekommen, um durch die Erinnerung an die nahe be-
vorstehende Vertreibung aus dem Häuschen ihnen auch de» letzten
Schatten einer spärlichen Freude zu rauben, die trotz Noth und
Sorge vielleicht am Weihnachtsseste bei ihnen einkehren könnte,
das Rechte getroffen; das war seine Absicht gewesen, aber der
abgeschosscue Pfeil war zum Thcil auf ihn selbst zurückgeprallt.
Nicht nur, daß die unvcrhohlcncu Vorwürfe Christinens ihn tiefer
gekränkt, als er cs sich selbst gestehen mochte, so hatte er oben-
drein in seinem Zorn gegen den Jäger all' seine gewohnte Vor-
sicht vergessen. Es war sonst nicht seine Art, Jemand, den er
haßte, von dem er aber Widerstand und Rache fürchten konnte,
offen iu's Gesicht zu schlagen. Lieber richtete er seine Angriffe
gegen solche aus irgend einem Versteck her, so daß der Ge-
troffene nimmer wußte, woher der Schlag kam, und begnügte
sich au geheimer aber gefahrloser Schadenfreude, und dießmal
mußte ihn zu unglücklicher Stunde all' seine Vorsicht verlassen
und er in seinem Zorn die Rache des gefährlichen entschlossenen
Burschen hcrausfordern! Allenthalben konnte Jener nun auf
ihn lauern! Klaus war übrigens keineswegs gesonnen, der
Furcht vor dem Jäger seine rachsüchtigen Pläne gegen ihn zu
opfern; aber er mußte nun darauf denken. Jenen nicht nur um
die Förstcrstclle zu bringen, sondern ihm auch die Verweisung
aus dem Stadt- und Klostergebiet zuzuziehen;, dazu sollte ihm
der Angriff oder die Bedrohung dienen, zu welcher sich der Er-
zürnte gegen ihn, den Erbrichter, hatte hinreißcn lassen. „Ich
bring' es schon so weit," sagte er vor sich hin, „daß der Bursche
erst verstrickt wird und dann fort muß, dann sind wir ihn los!"
Es war die Absicht des Erbrichters gewesen, gleich nach seiner
Heimkunft den Gang nach der Stadt anzutreten.

Er pflegte schon seit mehreren Jahren den Christabend dort
zu verbringen und erst am Christtag in sein Haus zurückzu-
kehren. Als Grund gab er an, daß er ja ohnehin (wie alle
übrigen Bewohner des Dorfes), um zur Christmesse in der j
Stadt zu sein, mitten in der Nacht aufbrechen müsse, da sei cs j
ihm gelegener, lieber gleich Tags zuvor hineinzugchen und auf
die Zeit der Christmette drüben bei einem guten Trunk auf der
Stube beim Rathhause zu warten. Es lag aber solcher Ge-
wohnheit noch etwas ganz anderes zu Grunde. Als der freiende
Klaus von Christinen zurückgewiesen worden war, hatte er be-
schlossen, bei ferneren Schritten nicht sowohl sein Herz, als den
berechnenden Verstand zu Rathe zu ziehen und vor allen Dingen
bei seiner Wahl auf Hab und Gut zu sehen, das er sich er-
heirathcn könne. In dieser Beziehung konnte er allerdings keinen
geeigneteren Schritt thun, als um des Erbrichters Windisch Ursel ;
zu werben. Sie war des reichen Windisch einzig Kind und j
Erbin. Aber die Ursel war nicht nur häßlich, sondern auch j
wüst und bös und im ganzen Dorfe verschrieen als ein zänkisch j
und bös Maul.

(Fortsetzung folgt.)

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Weihnachtsglocken"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Barth, Ferdinand
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Kirchenbau <Motiv>
Anbetung
Hussitenkriege
Gebet <Motiv>
Böhmen
Frömmigkeit
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 55.1871, Nr. 1378, S. 187
 
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