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Merkwürdig!! 179

schön ausgeschmücktes Zimmer und in demselben befand sich
eine hohe stattliche, in einer blausammtcnen Robe und reich mit
achten Diamanten besetzte Dame, die eine Windel, die Lehmann
vor ihr aufrollte, genau besichtigte, Plötzlich einen Freudenschrei
aussticß, und mit dem Rufe: „Meine Tochter, meine geliebte
Tochter!" sich Emma näherte, welche ihrerseits „Mutter" rufen
wollte; aber in diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre und
Fabi in elegantester Toilette in Begleitung eines älteren ebenso
gekleideten, ihm aus den Augen geschnittenen Herrn, traten ein.

Selbstverständlich, daß Emma abermals in eine, diesmal aber
ungefährliche Ohnmacht fiel, während deren Existenz wir Zeit
haben, uns mit Fabi zu beschäftigen.

15. Kapitel.

®s ftominf nmfcrs.

Emma's Ahnung im 9. Kapitel hatte sie wirklich nicht
betrogen: des Jünglings Gcmüth war zu sehr beleidigt worden,
daß nicht ein furchtbar dynamitliches Gefühl iu demselben
Platz gegriffen hätte. Aber um seinen luxuriösen Tod auszu-
sühren, bedurfte es noch mehrerer Umstände, besonders etwas
kleines Geld, um Dynamit zu kaufen, und zufällig an diesem Tage
befand er sich in der vollständigsten Nickcllosigkeit. In Gedanken
vertieft, wie er sich den Bedarf für seinen Todcsunterhalt ver-
schaffen solle, wurde er von einer prächtigen Equipage umgerissen,
bic glücklicher Weise nur die Seifenschüssel beschädigte. Der
Herr, der im Innern der Equipage saß, streckte einen rothen
Kopf heraus, winkte Fabi, sich hinein zu setzen, sah ihn aufmerksam
an, streifte den rechten Hemdärmel auf und prüfte eine Stelle des
Armes, dann, eine Havanna-Cigarre anzü dend und eine andere
Fabi überreichend, sagte er: „Ich bin Lord Plumpsking, Pair und
Mitglied des Ober- und Unterhauses und besitze eine Rente von
10,000 Pfund Sterling und Du bist mein einziger Sohn Eduard."

16. Kapitel.

Bas steine Ueßcrfifu'ift liat.

Damit der geneigte Leser sofort informirt ist, warum diese
beiden jungen Leute so spät zur Erkenntniß ihrer Eltern gekommen

sind, so sei bemerkt, daß das leichtsinnige Mädchen der russischen
Prinzessin Knobelonka, die ihre Quecksilber-Bergwerke nicht ver-
zehren konnte, mit dem Soldaten desertirte und nicht wiedcrkam.
Die Prinzessin erließ jahrelang tagtäglich Aufrufe in allen mög-
lichen Sprachen iu allen möglichen Blättern. Da aber Lehmann
sich nicht mit der Lectüre von Zeitungen beschäftigte, weil er nebst
Geschriebenem auch nicht Gedrucktes lesen konnte, so gelangte die
Prinzessin nicht zu ihrem Kinde und Lehmann nicht zu der hohen
Belohnung, die dafür ausgesetzt war. Das Wappen und die
Krone in der Windel hielt er für ein gewöhnliches Wäschezeichen
und nur aus dem Buchstaben „K" schloß Lehmann mit der
schon im 3. Kapitel geschilderten Schärfe des Geistes, daß das
Kind den Namen „Emma" führe. Daß der Mohr seine
Schuldigkeit gethan, und als alter Diener der Prinzessin die
junge Dame an dem Sommersproß erkannt hat, wissen wir
bereits. — Was den jungen Lord Eduard betrifft, so war seine
Mutter gestorben, als er erst drei Jahre alt war. Während
nun einige Wochen darauf Lord Plumpskiug auf der Jagd war,
verlief sich Eduard und kam nicht wieder. Aber anstatt Auf-
rufe in den Blättern zu erlassen, ging der Lord mit einem
College» die Wette ein, daß er seinen Sohn früher oder später
doch finden werde, zu welchem Bchufc er den ganzen Contineut
zu bereisen gedenke. Man sieht, daß er die Wette gewonnen
hat. Wie aber kam es, daß die Lörde Plumpsking son. und
juu. von der Prinzcssinwerdung Emma's so schnell erfuhren?
Wahrscheinlich hatte Lehmann, dem sie begegnet waren, und
dem Lord Eduard erklärt hatte, daß er aus purem Scherze sich
bis jetzt als Barbiergehülfe verkleidet gehabt hatte, ihnen seine
definitive Tochterlosigkeit mit Allem, was dazu gehört, erzählt.

17. Kapitel.

Non tlem, was stMw'rstömiiiib ist — umC nirfif.

„Daß Prinzessin Kathinka — denn dieß bedeutete das „K"
auf der Windel — den jungen Lord Eduard geheirathct hat,
ist selbstverständlich; daß aber die Prinzessin-Mutter den Lord-
Vater geheirathct hat, ist nicht selbstverständlich — aber doch ge-
schehen, wie die geneigten Leser sich aus der Matrikel des
Standesbeamten überzeugen können. Daß Lehmann reichlich be-
schenkt worden, ist selbstverständlich, daß er aber von dem vielen
Geldc sich eine Bibliothek angeschafft habe, ist nicht selbstverständ-
lich — aber auch nicht geschehen.

ükridüiguag.

Die geneigten Leser werden leider bemerkt haben, daß sich
bei der flüchtigen Detailmalerei Emma's einige Inkonsequenzen
eingeschlichen haben, namentlich da, wo von der Farbe und Frisur
ihres Haares, sowie auch ihrer Toilette die Rede ist. Der Grund
davon ist, daß Schreiber dieses drei verschiedene Sensationsromane
in Einem Tage auf dringende Bestellung fertig zu machen hatte, ;
iu Folge dessen die Heldinen in der Phantasie sich vermischt
haben; auch war cs vor dem Niederschreiben des vorliegenden
Sensations-Extractes zu spät, um eine Aenderung vorzunehmen.
Mögen dieses die nachsichtigen Leser ganz nach ihrem Geschmacke

kßun! _ fflmaituel Müller.

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Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Merkwürdig!!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Herr <Motiv>
Luxus
Zylinder <Kopfbedeckung>
Männerkleidung
Überraschung
Junger Mann <Motiv>
Karikatur
Liebhaber
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1637, S. 179
 
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