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Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0025
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HaBENT SUA FATA LIBELLI

Vorwort des Herausgebers

Als Hermann Vetters 1967 die ersten Raumfolgen des Wohnkomplexes WE 1 anschnitt, der auf einer hohen Terrasse südlich der schon
damals fast völlig freigelegten Wohnung mit dem bekannten „Sokrates-Zimmer“ (WE 4) gelegen ist, wurden die hochgesteckten Er-
wartungen des Ausgräbers hinsichtlich der Ausstattung und Funde voll erfüllt.
Beflügelt von den prachtvoll erhaltenen Schmuckoberflächen der Wohnräume und in der subjektiven Gewißheit einer wissenschaftlichen
Tragfähigkeit des chronologischen Gerüstes, das im Hanghaus 1 erarbeitet worden war, wurden die meterhohen Schuttmassen großteils
ohne gesonderte Beobachtung von Schichtabfolgen abgetragen und in den folgenden Jahren die Ruinen bis zum jüngsten Nutzungsni-
veau freigelegt. Erst als man in der Wohneinheit 2 auf eine massive Zerstörungsschicht gestoßen war und sich darin so aufsehenerre-
gende Funde wie die Elfenbeine aus SR 18 fanden, wurden vermehrt auch Profile und Schichtabfolgen dokumentiert. Das Grundgerüst
zur Interpretation der Baugeschichte wurde dabei aber nicht in Frage gestellt.
Die archäologische Problematik wurde im Verlauf der Grabung wohl auch durch die jährlich zunehmenden Flächen an Wandmalerei
und Mosaiken überlagert, welche den Ausgräber vor ein immer komplexer werdendes Problem der Denkmalpflege stellten. So konnten
durch die Beschäftigung externer Restauratoren eine Fülle von wertvollen Resten der Ausstattung, die teilweise auch aus den oberen
Stockwerken stammten, im Schutt gesichert und zahlreiche Wandmalereien in situ erhalten werden.
In der wissenschaftlichen Rezeption der großen Publikationen von 1977, die den bis dahin freigelegten Wandmalereien (Volker M.
Strocka) und den Mosaiken (Werner Jobst) gewidmet waren, sind erste Zweifel an der Zeitstellung vor allem der Malerei spürbar.
Doch den beiden Publikationen ist jeweils ein baugeschichtlicher Abriß des Ausgräbers vorangestellt, der die damalige Sicht auf die
Chronologie des Hanghauses 2 ersichtlich macht. Die eher zurückhaltend formulierten Bedenken zur Chronologie wurden in der Folge
als rein methodologisches Problem eingestuft.
Als angesichts der überwältigenden Befunde von politischer Seite eine Überdachung der Ruine und schließlich die museale Nutzung
des Hanghauses 2 in Aussicht gestellt wurden, standen folgerichtig die Dokumentation und Erhaltung der Schmuckoberflächen im Vor-
dergrund des Interesses. Nur so ist es zu verstehen, daß die Fundamente zur ersten Überdachung der Wohneinheiten 1 und 2 ohne ad-
äquate archäologische Dokumentation ausgehoben wurden, womit wichtiges Fundmaterial leider unstratifiziert blieb und damit wichti-
ge Erkenntnisse versäumt wurden.
Dieses Überdachungsprojekt geriet nach Fertigstellung des ersten Bauabschnittes unter zunehmende Kritik und fand im Jahr 1986 ein
abruptes Ende. Ein neues Projekt, das Anfang der 90er Jahre ausgelobt wurde, konnte die klimatologischen und statischen Auflagen
nicht überzeugend erfüllen und blieb damit in der Detailplanung stecken. Solche Umstände waren keine günstige Voraussetzung für die
wissenschaftliche Bearbeitung und abschließende Publikation des Hanghauses 2, um die sich Hermann Vetters bis zu seinem Tod 1993
persönlich bemühte.
Mit dem Jubiläum zu den 100 Jahren österreichischer Forschungen in Ephesos gelang im Jahre 1995 ein Neuanfang, der sich sowohl
auf die wissenschaftlichen Aufgaben als auch auf die Denkmalpflege stimulierend auswirkte.
In einer bemerkenswerten Kraftanstrengung der öffentlichen Hand und der Gesellschaft der Freunde von Ephesos konnte die Über-
dachung der Ruinen des gesamten Hanghauses 2 nach dreijähriger Planung im Jahr 1999 begonnen und ein Jahr später den türkischen
Autoritäten übergeben werden. Dadurch waren für die Erhaltung der Ruine und für alle weiteren archäologischen Untersuchungen her-
vorragende Rahmenbedingungen geschaffen.
Parallel zu den Bauarbeiten wurde das Publikationsprogramm neu strukturiert. Die Arbeiten waren von Beginn an durch die aufwen-
digen Fundamentgrabungen für das moderne Bauwerk im archäologischen Umfeld mit einer besonders schwierigen, aber schließ-
lich sehr erfolgreichen Herausforderung konfrontiert. In diesen Fundamentgrabungen und zahlreichen gezielten Sondagen innerhalb
der Ruine konnten seit 1995 in wenigen Jahren die neuen Grundlagen für die Baugeschichte dieser komplexen Wohnarchitektur erar-
beitet werden. Sie wurden im Herbst 1997 in einem Kolloquium erstmals öffentlich gemacht und zunächst durchaus kontrovers disku-
tiert.
Nach weiteren Untersuchungen, welche die neu gewonnenen chronologischen Ansätze zur Baugeschichte des Hanghauses 2 vollkommen
bestätigten und weiter verdichteten, wurden die Ergebnisse im Jahr 2000 publiziert. Die Periodisierung der Baugeschichte und der

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