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Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0183
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A.VI Mosaiken

1 Einleitung
Die Wiederaufnahme der archäologischen Auswertung der WE 1-7 des Hanghauses 2 seit der Mitte der 1990er Jahre sieht auch eine
Neuvorlage der Mosaiken vor1. Die Erkenntnis, daß die am Fuße des Hanges liegenden WE 6 und 7 im ausgehenden dritten Viertel des
3. Jahrhunderts n. Chr. durch ein Erdbeben zerstört und vollkommen verschüttet worden waren2, gab Anlaß zur Hinterfragung des
Datierungsmodells, das durch den Ausgräber in den 1960er und 70er Jahren fixiert worden war. Mittlerweile steht auch für die WE 1-5
im oberen Hangbereich fest, daß sich ein schweres Erdbeben unter Kaiser Gallienus (253-268 n. Chr.) so vernichtend ausgewirkt hatte,
daß in der Folge nur mehr die einfache Nutzung einzelner freigelegter Räume bzw. Bereiche an den Rändern der Wohneinheiten mög-
lich war3. Die alten Strukturen der insula waren damit zerbrochen, das Gefüge von Haupt- und Nebenräumen obsolet geworden. Nach
dem Erdbeben wurden weder Wand- und Deckenmalereien noch Schmuckböden erneuert. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich entschei-
dende chronologische Korrekturen an den Mosaiken im Vergleich zur Publikation von 19774. Im Folgenden wird die musivische
Ausstattung der WE 1 und 2 unter Berücksichtigung der neuesten Forschungsergebnisse aus den Bereichen der Bauforschung, der ar-
chäologischen (Be-)Fundbearbeitung sowie der Kunst- und Kulturgeschichte präsentiert. Da W. Jobst in seiner Monographie von 1977
die Beschreibungen des Mosaikdekors sehr ausführlich gestaltet hat, werden sie im folgenden Text so knapp wie möglich gehalten. Der
Bildteil stellt jedoch eine wichtige Erweiterung der Abbildungen aus der ersten Veröffentlichung dar.
Einerseits war bei der Neuvorlage der Mosaiken der WE 1 und 2 deren Darstellung im architektonischen Kontext ein wesentliches
Anliegen. Zu diesem Zweck wurden in den Jahren 20 04/20 055 digitale, georeferenzierte Orthophotos erstellt, die in den digitalen
Hanghausplan6 eingefügt wurden. Die gemeinsame Präsentation von Schmuckböden und Raumgrundrissen erlaubt nun erstmals ein
Studium der Positionierung der Musterfelder auf den Pavimenten, da Ausrichtung und Abstand zu den umgebenden Wänden exakt
abzulesen sind. Aus dem Übersichtsplan der Böden (Taf. 408) gehen darüberhinaus auf einen Blick Verhältnis und Verteilung von far-
bigen, schwarzweißen und undekorierten Mosaikflächen im EG der WE 1 und 2 hervor.
Andererseits erschien es zur Veranschaulichung von Details der Verlegung, Reparatur und Erhaltung der Böden angezeigt, die Mosaiken
der einzelnen Räume im größeren Maßstab gesondert abzubilden.
Den Richtlinien zeitgemäßer Mosaikenpublikationen entsprechend, wurde im Bildteil auch auf eine Dokumentation der geometrischen
Gliederungsschemata und Dekormotive besonderer Wert gelegt. Letzteren sind im Text mit „Rep“ bzw. „R“ versehene Nummern in
Klammern beigegeben, die sich auf die unter französischer Ägide verfaßten Kataloge „Repertoire graphique du decor geometrique dans
la mosai'que antique (1973)“ bzw. „Le decor geometrique de la mosai'que romaine I2 (2002); II (2002)“ beziehen7. Als Orientierungshilfen
sind diese Nummern sachdienlich, da sie genaue Identifizierungen von Mustern und Motiven ermöglichen, was mit Beschreibungen
allein oft nicht gelingt.
Im Text erfolgt die Behandlung der Mosaiken nach den einzelnen Räumen, da sich diese Vorgehensweise schon in der ersten Vorlage
als zweckmäßig erwiesen hat.
Neu hinzu kommt im vorliegenden Beitrag die Auswertung und teilweise Musterrekonstruktion von Mosaikfragmenten aus dem OG
der beiden Wohneinheiten, die zusätzlich in einem Raumverteilungsplan (Taf. 391) erfaßt sind.
2 Peristylhof SR 2 (Taf. 409)
Die dezentrale, nach W verschobene Lage des Hofes im Peristyl SR 2, die seit Bauphase I nachgewiesen ist, bedingt eine geringere
Breite des W-Umganges im Vergleich zum O-Umgang (Taf. 380).
Die Verlegung des heute sichtbaren Mosaikbodens im O-, S- und W-Umgang nimmt auf die Abtrennung der N-Halle und deren
Umgestaltung in zwei Wohnräume Rücksicht8. Da das Peristylmosaik nie gehoben wurde und bei seiner Freilegung weitgehend9 gut
erhalten war, ist die Art seiner Unterkonstruktion nicht bekannt. Die weißen Tesserae der Außenzonen besitzen Kantenlängen von
1,5-2,00 cm, während die schwarzen und weißen Steinchen der Musterfelder mit 1-1,5 cm bzw. die bunten mit weniger als 1 cm we-
sentlich feiner sind. Eine Messung der Steindichte auf der Fläche von 1 dm2 zeigte, daß in der weißen Zone des W-Umgangs kleinere
Steinchen als in den anderen beiden Umgängen Verwendung gefunden haben: Während der Boden der W-Halle nämlich eine Dichte

1 Diese erfolgt seit 2001 im Rahmen eines vom Fonds zur Förderung der wissen-
schaftlichen Forschung (FWF) finanzierten Projektes unter der Leitung von Werner
Jobst.
2 Karwiese, Archäologie und Numismatik; Karwiese, Beben.
Rathmayr - Wiplinger Kap. A.II.3; unter den Beiträgen in Krinzinger, Chronolo-
gie, v. a. Ladstätter, Chronologie; Thür, Chronologie.
4 Jobst, Mosaiken.
5 Unter Leitung von Chr. Kurtze (Geodäsie) und N. Gail (digitale Photografie)
wurden die Schmuckböden in einer gemeinsamen Vermessungs- und Photokam-
pagne (14.04.-30.04.2004) dokumentiert. Die anschließende Umsetzung zu Ortho-
photos bzw. einem Orthophotoplan (Taf. 404) wurde mittels spezieller photogram-

metrischer und phototechnischer Verfahren in Wien realisiert; vgl. Chr. Kurtze,
Technischer Bericht zur Dokumentation der Mosaik- und Marmorböden in den
Wohneinheiten 1 und 2 des Hanghauses 2 / EPHESOS. Internes Dokument. ÖAI
Wien (2006).
6 St. Klotz - Chr. Kurtze, Technischer Bericht zur Erstellung des Grundrißplans
Hanghaus 2, Internes Dokument. ÖAI Wien (2002).
7 Der Zusatz „Var“ bezeichnet eine Variante des jeweiligen Musters.
8 Rathmayr Kap. A.II.2.3; Jobst, Mosaiken, 52.
9 Vier größere Fehlstellen des O-Hallenpaviments wurden mit Mörtel geschlossen und
farblich dem Original angepaßt; vgl. Herold, Konservierung 1, 146 f., Abb. 9.

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