Metadaten

Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0436
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Keine Bearbeitung
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
A.XX Zusammenfassung und Ergebnisse

Im Hanghaus 2 sind vier Bauphasen festzustellen: Bauphase I bezeichnet die Errichtungszeit der Insula H 2 in augusteisch-tiberischer
Zeit, Bauphase II Umbauten in flavisch-traianischer Zeit. Bauphase III bezieht sich auf die Errichtung der sog. Basilika (Raum 8) in
der WE 6 im mittleren 2. Jh. n. Chr. Während dieser Einbau zum Teil auch gravierende bauliche Maßnahmen in den Wohneinheiten 4
und 5 nach sich zog, sind in den WE 1 und 2 lediglich zwei Mauern, welche die WE 1 vom OG der WE 4 trennten, auf diese Baupha-
se zu beziehen. In Bauphase IV, die in spätseverische Zeit datiert werden kann, fanden in den WE 1 und 2 umfangreiche Umbauten und
Neuausstattungen statt. Unter Bauphase IV’, die keine Bauphase im eigentlichen Sinn darstellt, werden bauliche Veränderungen zusam-
mengefaßt, die nach Bauphase IV und vor der endgültigen Zerstörung der Wohneinheiten im 3. Viertel des 3. Jahrhunderts n. Chr.
stattfanden.

Bauphase I
In spätaugusteisch-tiberischer Zeit entstand über einem schon längere Zeit brach liegenden Wirtschaftsareal späthellenistischer Zeitstel-
lung ein Peristylhaus, dessen Eingang von der STG 1 aus zu rekonstruieren ist. Nur vereinzelte Fundkomplexe stützen die Datierung,
die jedoch aufgrund von Analogiebeispielen in den angrenzenden Wohneinheiten als sicher gelten darf.
Im Zentrum des Hauses befand sich ein Peristylhof, um den im Norden, Osten und Westen die Haupträume gruppiert waren. Die Wirt-
schafträume befanden sich im NO-Bereich, wahrscheinlich verfügte der Komplex bereits über ein von der SW-Ecke des Hofes betret-
bares OG. Im Süden angrenzend lag auf Niveau des zu rekonstruierenden OG die Hanghausstraße, deren Anlage mit der Errichtung der
Insula des H 2 korrespondieren dürfte. Im Gegensatz zu den übrigen Wohneinheiten des H 2 verfügt die WE 1 über keinen Schacht-
brunnen. Ein Kanalsystem war jedoch schon seit der Errichtung vorhanden. Von der ursprünglichen Wand- und Bodenausstattung sind
der Mosaikboden des großen Saales SR 1/6 und Reste einer weißgrundigen Malerei in SR 1/6 und SR 2 erhalten; alle weiteren Schmuck-
elemente wurden anläßlich späterer Baumaßnahmen entfernt bzw. überdeckt.
Die Keramik- und Kleinfunde, die in den Planierschichten für Bauphase II gefunden wurden, dürfen unter Vorbehalten zur Ausstattung
des Peristylhauses im 1. Jh. n. Chr. gezählt werden. Darunter ist nicht nur auf den hohen Prozentsatz an feinem Tafelgeschirr aus Terra
Sigillata und Glas hinzuweisen, sondern insbesondere auch auf zahlreiche Masken aus Ton (pscilla), die in den Höfen in den Interko-
lumnien aufgehängt gewesen sein dürften. Diese Elemente, die vor allem zur Ausschmückung der Häuser im Westen des römischen
Reiches in der frühen Kaiserzeit gehörten, sind ab dem 2. Jh. im H 2 nicht mehr anzutreffen.
Aufgrund der nicht sehr guten Befundsituation müssen sowohl eine vollständige Rekonstruktion des Grundrisses als auch Ausstattungs-
und Inventardetails offen gelassen werden, wurden doch beinahe alle Räume in den späteren Bauphasen grundlegend verändert.
Bauphase II
Die Umbauphase in flavisch-trajanischer Zeit brachte einschneidende Änderungen der Grundrißstruktur der WE 1 mit sich. Die exakte
zeitliche Einordnung dieser Baumaßnahmen ergibt sich durch Fundmaterial in Planierschichten, die sowohl aufgrund ihres quantitativen
Umfanges als auch ihrer Zusammensetzung als äußerst aussagekräftig eingestuft werden dürfen. Zudem korrespondieren sie mit weite-
ren Fundkomplexen in den WE 3 und 5.
Unverändert blieben der Peristylhof SR 2 und der Saal SR 1/6, im Süden entstand durch den Einbau der GEW A, B, C sowie der La-
trine SR 2a und des Treppenhauses SR 2b, von dem das OG zu erreichen war, eine weitere Raumflucht, welche die Wohnfläche erwei-
terte. Der große Saal SR 8/14 an der Nordseite wurde geteilt und die langgestreckten Räume SR 11/12 und SR 15/18 in vier kleine,
beinahe quadratische cubicula umgestaltet. Im NO errichtete man zudem das von SR 4 beheizbare Bad SR 3, an das im Norden der
eigentliche Wirtschaftsbereich sowie im Westen der Verteilerraum SR 7 anschließen. Im SO befand sich wohl auch der Haupteingang
in die WE, ein Nebeneingang führte über SR 4 in den Wirtschaftsbereich. In Bauphase II bestand über den im Norden liegenden SR 8
eine Türverbindung zum OG der WE 4, wodurch eine gemeinsame Nutzung bestimmter Bereiche, insbesondere von Wirtschaftsräumen,
angenommen werden darf. Im vorliegenden Fall könnten demnach die Küche und das Bad sowohl von Bewohnern der WE 1 als auch
der WE 4 genutzt worden sein.
Von der Mosaikausstattung dieser Bauphase haben sich Pavimente mit geometrischem Dekor in SR 18 und SR 14, wahrscheinlich aber
auch in GEW A und B erhalten. Während der Mosaikboden in SR 18 durch einen keramischen Befund mit Sicherheit in das ausgehen-
de 1. bzw. das frühe 2. Jh. n. Chr. datiert, ist die Einordnung der Böden in den Gewölberäumen und in SR 14 nur anhand der Bauab-
folge zu erschließen. Geringe Reste einer weißgrundigen Felder-Lisenen-Malerei dieser Bauphase sind in SR 1/6, SR 2, SR 11/12 und
SR 14 vorhanden. Im Bad sind marmorverkleidete Wände zu erschließen, von denen sich sowohl Reste dünner Verkleidungsplatten als
auch von Profilleisten erhalten haben.

384
 
Annotationen