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Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0425
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A.XVIII Pflanzenreste

1 Material und Methode
Pflanzliche Makroreste wie Samen, Früchte, Achsen/Stängel und Blätter in archäologischen Fundkomplexen verdanken ihre Erhaltung
dem Umstand, daß sie dem natürlichen Abbau durch Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) und Insekten widerstanden. Für Pflanzenteile
ist eine Hemmung dieser Zersetzung, außer in ariden Gebieten mit geringer Luftfeuchtigkeit oder in andauernd gefrorenem Zustand,
nur unter speziellen Lagerungsbedingungen gegeben, etwa in Mooren, Feuchtbodensiedlungen oder Bereichen, die unter dem
Grundwasserspiegel liegen. Ihre permanent wassergesättigten Böden führen zu einer dichten, porenfreien Lagerung und totalem
Luftabschluß. Auch Einlagerungen in Salz oder die unmittelbare Nähe zu Metall (Metallsalze, z. B. Kupferoxid) wirken konservierend1.
Aus Trockenböden (nur zeitweise „naß/wassergesättigt“) sind vorwiegend verkohlte Pflanzenteile belegt. Diese Produkte eines
Verkohlungsprozesses können, abgesehen von Brandkatastrophen (Blitzschlag oder künstlichem Feuer), nur entstehen, wenn sie durch
menschliche Tätigkeit Feuer oder starker Hitze ausgesetzt werden und dabei nicht verbrennen, sondern unter geringer Sauerstoffzufuhr
zu Kohlenstoff reduziert werden. Eine andere Erhaltungsform ist die Mineralisierung, die in Bereichen mit hohem Calcium- (die Böden
in und um Ephesos weisen einen hohen Kalkgehalt auf) und Phosphatgehalt auftritt und einen Negativabdruck der vorhandenen
Pflanzenteile bildet2. Pflanzliche Spuren können weiters Einschlüsse oder Abdrücke in Lehm und dessen Produkten, wie Hüttenlehm,
Keramik und Ziegel, hinterlassen oder als Mikroreste (z. B.: Pollen/Sporen, Phytolithen, Diatomeen) erhalten sein3.

Fundkomplex 1
Aufschüttung: 4/96, SR 8, NW, Bereich Mauervorsprung: InvNr 96/118
Fundkomplex 2
Aufschüttung: 3/96, SR 5a, Ost: InvNr 96/68
Fundkomplex 3
Brandschicht: 3/96, SR 5a, Ost: InvNr 96/64
Fundkomplex 4
Aufschüttung: 3/96, SR 5a, Ost: InvNr 96/63. 3/96, SR 5a, West: InvNr 96/144
Fundkomplex 5
Brandschicht: 3/96, SR 5a: InvNr 96/54. 96/58. 96/128. 96/130. 96/139. 96/151 und Sedimentprobe 96/58
Fundkomplex 6
Füllung von Kanal 2: 3/96, SR 5a: InvNr 96/48. 96/66. 96/80 und 3 Sedimentproben: 3/96, SR 5a, Ost (3 m lang): Abschnitt 1, 2 und 3
Fundkomplex 7
Aufschüttung für jüngstes Bodenniveau: SR 4, West: InvNr 96/4. 96/7. 3/96, SR 5a, Ost: InvNr 96/36. 96/56. 96/57. 96/60
Fundkomplex 8
Füllung von Kanal 1: SR 4, West: InvNr 96/3
Fundkomplex
I
2
3
4
5
6
7
8
archäologische Datierung
spätes 1.
Jh. n. Chr.
2. Jh. n.
Chr.
spätes 2.
Jh. n. Chr.
spätes 2.
Jh. n. Chr.
um 230 n.
Chr.
um 230 n.
Chr.
1. Hälfte
3. Jh. n.
Chr.
Mitte 3.
Jh. n. Chr.
Sedimentprobe/-n: Menge in Liter
Anzahl Direktentnahme/-n (= D)
1 D
1 D
1 D
2 D
5,2
+ 6 D
32,5
+ 3 D
6 D
1 D
Taxa in verkohlter Erhaltungsform
Achsenabschnitte indet.
4
2
Fabaceae
1
8
Schmetterlingsblütler
Ficus carica
9
Feigenbaum
Olea europaea, Steinkerne ganz
Steinkerne, Bruchstücke
Samen
Fruchtreste, Bruchstücke
1
3
26
10
4
8
1
506+232
142 ml+41
74
96
31+43
1097+13
3
73
149
85
4
2
10
Ölbaum
Triticum durum/aestivum s.l.
1
1
Hart-/Saat-Weizen i.w.S.
Vitis vinifera
6
Echte Weinrebe
Taxa in mineralisierter Erhaltungsform
Cucurbitaceae
12
Kürbisgewächse
Ficus carica
2
338
Feigenbaum
Hirse
2
leinenbindiger Geweberest
1
Vitis vinifera
2
Echte Weinrebe

Tab. 1: Verkohlte und mineralisierte Pflanzenreste aus dem H 2, WE 1 in Ephesos, Türkei.

1 Vgl. S. 59, S. Jacomet - A. Kreuz, Archäobotanik: Aufgaben, Methoden und Er-
gebnisse vegetations- und agrargeschichtlicher Forschung (1999).
Vgl. S. Jacomet - Ch. Wagner, Mineralisierte Pflanzenreste aus einer römischen
Latrine des Kastell-Vicus. In: R. Hänggi - C. Doswald - K. Roth-Rubi, Die frühen
römischen Kastelle und der Kastell-Vicus von Tenedo-Zurzach. Veröff. d. Ges. pro
Vindonissa XI, 1994, 321-344, S. 322: „Der Erhaltungszustand der Samen und
Früchte ... durchwegs eine gelblich-braune Farbe und eine bemsteinartige Konsi-
stenz. ... Sie entstehen durch chemische Reaktion von Calcium und Phosphat.

Diese Verbindung ... füllt die Hohlräume von Samen und Früchten aus, es entsteht
eine Art "Negativabdruck” ... Die Phosphate bei der Mineralisierung stammen
beispielsweise aus menschlichem Kot, von Knochen oder pflanzlichen Resten. Das
Calcium gelangt entweder durch absichtliche Kalkung zum Zweck der Sterilisati-
on oder durch kalkhaltiges Grundwasser ins Sediment.”
3 Vgl. N. F. Miller - K. Bluemel, Plants and mudbrick: preserving the Midas tu-
mulus at Gordion, Turkey. Conservation and Management of Archaeological Sites
3, 1999, 225-237; C. J. Lentfer - W. E. Boyd, A comparison of three methods for

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