Metadaten

Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0212
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Keine Bearbeitung
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
A Archäologischer Befund und Funde

A.IX Archäologische Nachuntersuchungen
Im folgenden Kapitel sollen alle jene archäologischen Befunde der WE 1 vorgelegt und interpretiert werden, die unter den jüngsten
Bodenniveaus des kaiserzeitlichen Wohnbaus zu Tage traten. Sie werden von jenen über den jüngsten Böden - sei es nun aus Zerstö-
rungsschichten oder dem eingefüllten Schutt - geschieden, denen wiederum im Keramikkapitel eine Analyse gewidmet ist1. Diese
Trennung resultiert zum einen aus der völlig unterschiedlichen Befundlage, zum anderen jedoch aus der signifikanten Ungleichheit der
vorliegenden Dokumentation.
Zusammengefaßt handelt es sich bei den „Nachuntersuchungen“ (Taf. 452) um Befunde aus sog. „Suchschlitzen“, die bereits im Zuge
der Freilegung des Wohnkomplexes in den Jahren 1967-19682 zur Klärung älterer Bauphasen bzw. von Kanalsystemen durchgeführt
wurden, ferner erfolgten, bedingt durch den Bau des Schutzdaches sowie die konservatorisch notwendig gewordene Abnahme von
Mosaikböden, in den Jahren 19783, 19834 5 und 1986^ punktuelle Untersuchungen in einzelnen Räumen. Schlußendlich sind auch Befun-
de inkludiert, die während den Grabungen 1996 und 19976 im Bereich der WE 1 dokumentiert wurden. Sie konzentrierten sich auf jene
wirtschaftlich genutzten Räume im NO der WE, die nicht mit einem Mosaik- oder Marmorpaviment ausgestattet waren, sodaß flächen-
deckende Grabungen ohne großen konservatorischen Mehraufwand möglich waren. Die Grabungsbefunde von 1996 und 1997 schließ-
lich bildeten die Basis für die absolutchronologische Einordnung einzelner Bauphasen der WE 1 und führten in letzter Konsequenz auch
zu einer deutlichen Revision der Hanghauschronologie7.

1 SR 2
H. Vetters vermerkte bei der im Jahr 1967 durchgeführten Freilegung des Peristylhofs SR 2, daß innerhalb der meterhohen Verschüt-
tung keine unterschiedlichen Straten beobachtet werden konnten, sondern es sich dabei vielmehr um eine einmalige, homogene Ein-
schüttung handelt8. Noch im selben Jahr wurde der zentrale Bereich der WE 1 vollständig ausgegraben und mit Konservierungsmaß-
nahmen begonnen. Der Peristylhof blieb nachweislich auch nach der Zerstörung im 3. Viertel des 3. Jhs. bewohnt, wobei einzelne an-
grenzende Räume durch die Zusetzung der Türen mit Trockenmauern verschlossen wurden9. Die spätantike Nutzung des Bereichs be-
legen nicht zuletzt auch die Keramik- und Münzfunde, wobei sowohl die Lampen als auch die jüngste Prägung für Constantius II. in
das 4. bzw. die erste Hälfte des 5. Jhs. weisen10.
Im Zuge der Errichtung des heute wieder abgetragenen Schutzbaues wurden von G. Wiplinger die Marmorplatten des Hofs im Jahr
1978 abgenommen und der gesamte Bereich bis auf den gewachsenen Felsen ausgegraben11. 56 cm unter dem jüngsten Bodenniveau
konnte ein älterer Hof aufgedeckt werden, in dessen Unterkonstruktion sich deutlich sichtbare Abdrücke der hier ursprünglich verlegten
(Marmor-)Platten erhalten haben (Taf. 14.1)12. Berücksichtigt man eine Plattenstärke von 15-20 cm, so muß das Hofniveau dieses äl-
teren Hofes auf einer absoluten Höhe von 33.1 m angenommen werden. Es ist davon auszugehen, daß die (Marmor-)Platten bei der
Hebung des Bodens - anläßlich einer grundlegenden Umgestaltung der WE, als auch der Hof eine Neugestaltung auf höherem Niveau
erhielt — abgetragen und weiterverwendet wurden13. Dieser sorgfältige und ökonomische Umgang mit wertvollen Baumaterialien ist
nicht nur auf die Wiederverwendung von Marmorplatten und Mosaiksteinchen beschränkt, sondern konnte auch bei Kanalabdeckplatten

1 Ladstätter Kap. A.X. Zur Grabungs- und Forschungsgeschichte des Hanghau-
ses 2 s. allgemein Ladstätter, Chronologie.
2 Durchgeführt von H. Vetters. Dokumentation durch V. M. Strocka.
3 Durchgeführt von G. Wiplinger.
4 Durchgeführt von C. Lang-Auinger.
5 Durchgeführt von U. Outschar.
6 Durchgeführt von Verf. Für die gute Zusammenarbeit danke ich in erster Linie
D. Akar, von der auch zahlreiche der hier vorgelegten Zeichnungen stammen.
C. Iqten ermöglichte von Seiten der türkischen Regierungsbehörden einen rei-
bungslosen Ablauf der Grabung. Ferner habe ich G. Wiplinger zu danken, der mich
mit der Grabungsleitung beauftragte und während der Arbeiten stets unterstützend
zur Seite stand. Der von Wiplinger, Wohneinheiten 1 und 2 vorgelegte Bericht

basiert auf den Grabungsergebnissen der Verf. s. dazu auch Ladstätter, Chrono-
logie, 33-35.
7 s. dazu auch Ladstätter, WE 1, Einleitung; Ladstätter, Chronologie. Die Chro-
nologiedebatte ist weitgehend abgeschlossen und die nunmehr vorgelegte revidier-
te Baugeschichte allgemein akzeptiert.
8 HTB 04.10.1967.
9 Rathmayr - Wiplinger Kap. A.II.3.
10 Pfisterer - Ladstätter Kap. A.XI, A-M 9-13.
11 Zum Baubefund s. Rathmayr Kap. A.II.2.1.
12 Vetters, Ephesos 1978, 129; Rathmayr Kap. A.II.2.1.; Koller Kap. A.V.2.
13 Koller Kap. A.V.4.

160
 
Annotationen