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Adenstedt, Ingrid; Krinzinger, Friedrich [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheiten 1 und 2: Baubefund, Ausstattung, Funde (Textband 1): Textband Wohneinheit 1 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.47151#0134
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A Baugeschichte

fäße dokumentiert werden, die zum Teil ineinander verkeilt angetroffen wurden (Taf. 4.2)15. Die Konzentration dieser Gefäße im Inne-
ren des Ofens beweist, daß es sich dabei um die ursprüngliche Ofenfüllung handelt, spätere Planiermaßnahmen bedingten eine Ver-
schleppung des Materials nach Süden hin. Die kleinen, durchschnittlich 5-6 cm hohen Gefäße sind zum Teil sehr hoch gebrannt und
deutlich verfärbt, woraus eine Zerstörung bzw. Aufgabe des Ofens während eines Brennvorganges abzuleiten ist. Daraus ist zu erschlie-
ßen, daß die Öfen (mitunter?) auch zum Brennen von Keramikgefäßen verwendet wurden16. Die in situ angetroffenen Miniaturgefäße
wurden nach dem Schadfeuer nicht mehr geborgen, sondern blieben im Inneren des Ofens liegen. Zwischen der Aufgabe der Öfen und
den späteren, baulich bedingten Planiermaßnahmen mag ein gewisser Zeitraum verstrichen sein, ein direkter Zusammenhang ist keines-
falls abzuleiten. Einzelne Miniaturgefäße bzw. Bruchstücke davon fanden sich auch in den beiden westlich und östlich angrenzenden
Baugruben und sind somit ein weiterer Beleg für die relative Abfolge der Baumaßnahmen.
Im Westen von SR 7 konnte ein typengleicher Ofen 2 (Taf. 4.3; 7.9) besseren Erhaltungszustandes freigelegt werden. Von diesem Ofen,
der ursprünglich einen Durchmesser von 1.2 m aufwies, haben sich etwa ein Drittel der 10 cm hohen Wand sowie mehrere Bodenplat-
ten auf einer Höhe von 32.85 m erhalten (Taf. 5.6). Starke Brandspuren im Inneren sowie eine kompakte, vollständig fundleere Aschen-
schicht auf dem Plattenboden zeugen von der einstmaligen Inbetriebnahme17. Der Ofen war beim Zeitpunkt seiner Aufgabe jedoch leer,
Füllmaterial konnte daher in diesem Objekt nicht beobachtet werden. Auch dieser Ofen ist an zwei Seiten durch den Einbau einer
Mauerecke gestört, wobei die Bodenplatten im Norden unter der hier nicht fundamentierten Mauer weiter laufen, während sie im Osten
beim Mauerbau abgetragen wurden (Taf. 7.9). Wie aus der Rekonstruktionszeichnung (Taf. 13.24) ersichtlich, überschneiden die beiden
Öfen in SR 7 einander und deuten dadurch eine relative Abfolge an. Ofen 2 ist älter und wurde bereits bei Inbetriebnahme von Ofen 1
aufgegeben; daher resultiert wohl auch die Fundleere. Jene unter Ofen 1 dokumentierte Lehmpackung (Taf. 7.12) setzt sich auch nach
Westen hin fort und bildete die Grundlage für die Konstruktion von Ofen 2 (Taf. 7.10-11)18.
Der bei den Grabungen 1996 freigelegte und am besten erhaltene Ofen 3 befindet sich im westlich an SR 7 anschließenden Raum SR 8
auf der Höhe von 32.97 m (Taf. 8.13). Er ist lediglich im Osten durch den Einbau eines N-S verlaufenden Kanals gestört. Der im
Durchmesser 1.02 m messende Ofen sitzt auf der bereits beschriebenen, graubraunen kompakten Lehmpackung auf bzw. ist leicht in
diese eingetieft (Taf. 8.14; 10.19)19. Der relativ gute Erhaltungszustand ließ auch die Beobachtung von Konstruktionsdetails zu. So
wurden beim Bau des Ofens zuerst die quadratischen, etwa 30,4 x 30,4 x 8 cm großen Ziegelplatten verlegt und die Zwickel durch
kleinere, unregelmäßig gebrochene Ziegelstücke geschlossen (Taf. 10.17-18). Danach setzte man die kreisrunde, durchschnittlich 6 cm
starke Lehmwand, die sich bis zu einer Höhe von max. 18 cm erhalten hat, auf die Platten auf. Durch die Inbetriebnahme und erste
Befeuerung des Ofens wurde die stark mit Pflanzenresten durchsetzte Lehmwand gebrannt20. Die Pflanzenreste verkohlten und bildeten
Hohlräume, die wiederum die Fähigkeit zur Wärmespeicherung steigerten. Reste der Ofenwand lagen nicht nur im Inneren des Objek-
tes selbst (Taf. 9.15), sondern auch in den unmittelbar angrenzenden Bereichen. Sie wurden im Zuge von Planierarbeiten, als man die
Öfen abriß und das Areal einebnete, verstreut und mit jüngerem Fundmaterial vermischt. Innerhalb von Ofen 3 lag, direkt auf den Bo-
denplatten, eine in mehrere Stücke gebrochene, aber zur Gänze erhaltene Schüssel (Taf. 9.16)21. Für die Interpretation des Befundes
nicht unwichtig ist die Tatsache, daß das Gefäß nicht vollständig durchgebrannt war, sondern im Kern jene für den ungebrannten Ton-
rohstoff charakteristische dunkelgraue Färbung aufwies22. Daraus ist jedoch mit Sicherheit zu schließen, daß die Schüssel nicht in Fol-
ge einer Benutzung als Kochgeschirr, sondern im Zuge eines Primärbrandes in den Ofen kam und anläßlich eines Schadfeuers liegen
blieb. Man nutzte demnach sowohl Ofen 1 als auch Ofen 3 als einfachen (?) Töpferofen. Eine Gleichzeitigkeit des Moments der Auf-
gabe bzw. Zerstörung beider Objekte ist durch die analoge Befundsituation abzuleiten.
Abgeschlossen wird die Reihe von Tannuren im Bereich der WE 1 durch zwei Öfen, die 1986 unter SR 18 entdeckt wurden (Taf. 11.20)23.
Der Grabungsdokumentation ist zu entnehmen, daß deren Bodenplatten 0.6 m unter dem Mosaikniveau zu Tage kamen. Während Ofen 4
durch den Einbau der Nord- und Ostmauer des Raumes allem Anschein nach gestört wurde (Taf. 12.21), blieb der im Westen gelegene
Ofen 5 bis zu einer Höhe von 0.36 m vollständig erhalten (Taf. 12.22). Die Größe der Ziegelplatten sowie deren Verlegungsart, aber
auch der Durchmesser von 1.5 m entsprechen exakt den Öfen 1-3. Wichtig für die Rekonstruktion des Aufgehenden ist die Beobachtung,
daß die Ofenwand geschlossen auf die Platten aufgesetzt und kein bodennahes Feuerungsloch ausgespart wurde. Dieses muß sich daher
entweder exzentrisch in einer gewissen Höhe oder aber zentral in der Kuppel befunden haben. Aus der Grabungsdokumentation ist
zudem ersichtlich, daß sich im Inneren Aschenreste befunden haben, Füllmaterial konnte dagegen nicht beobachtet werden. Bedauerli-
cherweise wurde bei diesen Grabungen das unter dem Mosaikestrich geborgene Fundmaterial schichtenmäßig nicht getrennt. Es sind
jedoch deutlich zwei Zeithorizonte zu unterscheiden, von denen der ältere in den späten Hellenismus datiert, während die jüngeren
Funde mit Bauphase II korrespondieren24. In Analogie zu den Befunden in SR 7 und 8 wurde daher trotz methodischer Bedenken das
Fundmaterial gesondert vorgelegt. Man darf aufgrund der vergleichbaren Befundsituation doch davon ausgehen, daß die Öfen unter
SR 18 zeitgleich mit jenen in SR 7 bzw. 8 in Betrieb standen.

15 Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplex A-H/5.
16 Die Miniaturgefäße sind eindeutig lokaler Herkunft. Dies belegen auch chemische
sowie petrographische Analysen, s. dazu S. Ladstätter, Die hellenistischen Brenn-
öfen und die darin aufgefundenen Miniaturgefäße unter dem Hanghaus 2 in Ephe-
sos, in: M. Akurgal - M. Kerschner - H. Mommsen - W.-D. Niemeyer, Töpfer-
zentren in der Ostägäis. Archäometrische und archäologische Untersuchungen zur
mykenischen, geometrischen und archaischen Keramik aus Fundorten in Westklein-
asien, ÖJh Ergh. 3 (2002) 117-119; M. Kerschner, Katalog der analysierten Ge-
fäße, ebd. 95-115 bes. 115 (Herkunftsgruppe H).
17 Die Asche wurde nicht aufgehoben und konnte daher archäobotanisch auch nicht
analysiert werden. Siehe dazu jedoch die Befunde in SR 30: Ladstätter Kap.
B.II.l und Thanheiser Kap. B.XVIII.

18 Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplex A-H/2.
19 Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplex A-H/2.
20 Sauer - Ladstätter Kap. A.II.2.
21 Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplex A-H/6.
22 Die petrographischen Analysen ergaben auch hierfür eine lokale Herkunft des
verwendeten Tonrohstoffes. Fr. Mitt. R. Sauer.
23 Die Grabungen blieben unpubliziert, s. dazu Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplex
A-H/4.
24 Ladstätter Kap. A.X, Fundkomplexe A-H/4 und A-BII/7.

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