A Archäologischer Befund und Funde
Die Schalen B-G 46-47 lassen sich der Form AR 24.1 zuordnen - flache Teller mit geschweiftem Horizontalrand; B-G 48 besitzt einen
geraden, ungeschweiften Rand und entspricht somit eher dem Typ AR 13.1 bzw. AR 14207; die Kragenrandschale B-G 49 ist der Form
AR 16.1 zuweisbar208. Alle Varianten erfreuten sich insbesondere von flavisch-traianischer Zeit bis zur Mitte des 3. Jhs. großer Beliebt-
heit.
Schalen und Platten dieser Größe sind zwar vergleichsweise selten belegt, Fragmente von Mosaikglas-Schalen fanden sich jedoch na-
hezu im gesamten römischen Reich, so v. a. in Ägypten, im syrischen Raum und in Kleinasien, aber auch in Italien und den nordwest-
lichen Provinzen, insbesondere im Rheinland und in Pannonien. Die meisten erhaltenen Schalen besitzen jedoch einen wesentlich
kleineren Durchmesser und bestehen meist aus farblosem bzw. sog. ,entfärbtem4 Glas209.
Millefiori- und Mosaikglasschalen mit vergleichbarem Muster sind u. a. zahlreich in Augst belegt210, das charakteristische Sprenkelkranz-
Motiv erscheint ferner auf einer Schale aus Sakrau/Zakrzöw, Polen211, in Begram, Afghanistan212, sowie auf Fragmenten im Museo
Sacro, Vatikan213 und im Corning Museum214.
Die Mosaikglasschalen in Augst wurden von B. Rütti in den Zeitraum von der 1. Hälfte bis um die Mitte des 3. Jhs. datiert215, die
Schale aus Sakrau ins späte 3. Jh.216; die Fragmente im Vatikan stammen meist aus späten Friedhöfen Roms217. Die Schalen in Ephesos
gelangten im Zuge der Bebenzerstörungen des 3. Viertels des 3. Jhs. in den Boden; demnach ist ihre Entstehung - ebenso wie jene der
Schalen in Augst - in einem Zeitraum von der 1. Hälfte bis um die Mitte des 3. Jhs. n. Chr. durchaus wahrscheinlich.
Die Technik der Mosaikglas-Herstellung ist beinahe so alt wie die Glasproduktion selbst. Mit Unterbrechungen wurde und wird diese
Technik seit über 3500 Jahren bis heute angewendet. Ihre Ursprünge werden in Mesopotamien vermutet218, in hellenistischer Zeit sind
alexandrinische Glashütten in Ägypten belegt219. Für die frühe Kaiserzeit sind Werkstätten im syrischen Raum anzunehmen, mit einiger
Wahrscheinlichkeit auch in Kampanien und Oberitalien220; Strabon berichtet über die Herstellung von „bunten Gläsern“ in Rom221.
Der Großteil der Mosaikglasgefäße entstand in hellenistisch-frührömischer Zeit und weist ganz bestimmte Formen und Muster auf.
Besonders beliebt waren beispielsweise Schalen und Teller aus einfachem Streifen-Mosaikglas oder mit Spiral-Muster, sog. Reticella-
Schalen, die aus einem spiralförmig verschmolzenem Glasfaden hergestellt wurden, welcher aus zwei verschiedenfarbigen, aneinander-
geschmolzenen und miteinander verdrehten Glasfäden besteht; ferner Schalen aus marmoriertem oder gesprenkeltem Glas (wie B-G 46),
sowie Schalen mit einfachen Blumenrosetten222.
Bereits um die Mitte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, als zum ersten Mal nahezu farblos durchsichtiges, sog. „entfärbtes“ Glas
hergestellt werden konnte, blieben die Formen zwar noch eine Zeit lang annähernd die gleichen, mit der zunehmenden Beliebtheit des
neuen, farblosen, kristall-ähnlichen Glases änderte sich allerdings auch der Geschmack der Zeit, und die Nachfrage nach Gefäßen aus
buntem Mosaikglas sank. Allerdings kam es bereits im 2. Jh. zu einer „Renaissance“ dieser aufwendig hergestellten Gefäße, was zu
einem neuerlichen Aufschwung in der Produktion von Millefiori- und Mosaikglas-Schalen führte. Neue Formen und Muster entstanden;
beliebt wurden nun Schalen mit buntem Kreisaugen-Muster oder Pfauenaugen, die aus mehrfach Überfangenen Glasstäben hergestellt
wurden, nach wie vor gefragt waren Gefäße aus gesprenkeltem Glas sowie kompliziert aufgebaute Blumenrosetten mit,Sprenkelkranz4,
der auch auf den Schalen B-G 47-48 erscheint und ein besonderes Charakteristikum für die Millefiori-Gefäße der mittleren Kaiserzeit
darstellt223.
Die Herstellung des sogenannten Millefiori-Glases224 war einigermaßen aufwendig: Die Glasgefäße bestehen aus vielen einzelnen blü-
tenförmigen, manchmal auch spiralförmigen oder figürlichen Glasscheiben, die aneinandergeschmolzen wurden. Um die Blüten herzu-
stellen, wurden einzelne, verschiedenfarbige Glasstäbe zum entsprechenden Muster zusammengefügt und miteinander verschmolzen.
Der so entstandene Glasstab, dessen Querschnitt nun das gewünschte Muster aufwies, wurde in noch heißem Zustand in die Länge
gezogen, wodurch sich sein Durchmesser verringerte, und mit ihm auch das Bild. Von diesem Stab wurden anschließend kleine Schei-
ben abgetrennt (die nun alle das vorher zusammengefügte Muster in Miniaturform zeigen), und diese dann in einem weiteren Arbeits-
schritt auf einer glatten Oberfläche aneinander geschmolzen. Die so entstandene Platte aus Millefiori-Glas wurde schließlich neuerlich
erhitzt und in die entsprechende Schalenform abgesenkt225.
Die Frage nach der Herkunft der charakteristischen, späten Mosaikglasgefäße des 3. Jhs. erscheint nach wie vor ungeklärt. Literarische
Hinweise antiker Autoren fehlen; aufgrund der Fundverteilung wurden Produktionsstätten in Köln, Rom oder Dura Europos vermutet,
207 VgL Rütti, Augst, Taf. 32 Nr. 757. 761. Taf. 33 Nr. 763.
208 Rütti, Augst, 126 ff. Taf. 34 Nr. 778; Barköczi, Pannon. Glasfunde, Nr. 13; vgl.
auch AR 23.
209 Vgl. z. B. Clairmont, Dura-Europos, Nr. 65; Grose, Toledo, Nr. 528; Sternini,
Glass workshop, Abb. 2,1.
210 Rütti, Augst, Abb. 77, 2S-3S. 6S-11S; Nr. 763. 767. 771-772. 783 Taf. 33. 208.
219.
211 Fremersdorf, Köln, Taf. 11,2.
212 P. Hamelin, Materiaux pour servir ä l’etude des verreries de Begram. Cahiers de
Byrsa 3, 1953, Taf. 4b; Rütti, Augst, Abb. 84, 01.
213 Fremersdorf, Glas, Taf. 7-9 Nr. 110—115a—b. 218-221.
214 S. M. Goldstein, Pre-Roman and Early Roman Glass in The Corning Museum of
Glass (1979) Taf. 25. 41 Nr. 478-479. Taf. 29 Nr. 495.
215 Rütti, Augst, 129-133.
216 Fremersdorf, Köln, 88.
217 Fremersdorf, Glas, 30 f.
218 D. Barag, Catalogue of Western Asiatic Glass in the British Museum I (1985)
31-37; Whitehouse, Sultans, 147.
219 D. B. Harden, Ancient Glass I, Pre-Roman. The Archaeological Journal 125, 1968,
62 f.
220 Rütti, Augst, 141 f.
221 Strab. 16, 2,25.
222 Zur Herstellungstechnik von Mosaikglasgefäßen vgl. Lierke, Glastöpferei, 39-44;
Harter, Mainz, 19 f.; Stern - Schlick-Nolte, Sammlung Wolf, 55-72; Guden-
rath, Islamic Glassworking, 53-54; D. Whitehouse, Mosaic Glass, in: Carboni
- Whitehouse, Sultans, 146-153; Grose, Toledo, 31 f.; v. Saldern, Glas, 14 f.
241.; Fremersdorf, Glas, 30-51.
223 Vgl. Rütti, Augst, 126-144.
224 Der Ausdruck „millefiori“ (Tausend Blumen) wurde erst in der Renaissancezeit
von italienischen Glasmachern für ihre Nachahmungen antiker Mosaikgläser ein-
geführt: Harter, Mainz, 19 Anm. 98.
225 Harter, Mainz, 19; Stern - Schlick-Nolte, Sammlung Wolf, 55-72.
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Die Schalen B-G 46-47 lassen sich der Form AR 24.1 zuordnen - flache Teller mit geschweiftem Horizontalrand; B-G 48 besitzt einen
geraden, ungeschweiften Rand und entspricht somit eher dem Typ AR 13.1 bzw. AR 14207; die Kragenrandschale B-G 49 ist der Form
AR 16.1 zuweisbar208. Alle Varianten erfreuten sich insbesondere von flavisch-traianischer Zeit bis zur Mitte des 3. Jhs. großer Beliebt-
heit.
Schalen und Platten dieser Größe sind zwar vergleichsweise selten belegt, Fragmente von Mosaikglas-Schalen fanden sich jedoch na-
hezu im gesamten römischen Reich, so v. a. in Ägypten, im syrischen Raum und in Kleinasien, aber auch in Italien und den nordwest-
lichen Provinzen, insbesondere im Rheinland und in Pannonien. Die meisten erhaltenen Schalen besitzen jedoch einen wesentlich
kleineren Durchmesser und bestehen meist aus farblosem bzw. sog. ,entfärbtem4 Glas209.
Millefiori- und Mosaikglasschalen mit vergleichbarem Muster sind u. a. zahlreich in Augst belegt210, das charakteristische Sprenkelkranz-
Motiv erscheint ferner auf einer Schale aus Sakrau/Zakrzöw, Polen211, in Begram, Afghanistan212, sowie auf Fragmenten im Museo
Sacro, Vatikan213 und im Corning Museum214.
Die Mosaikglasschalen in Augst wurden von B. Rütti in den Zeitraum von der 1. Hälfte bis um die Mitte des 3. Jhs. datiert215, die
Schale aus Sakrau ins späte 3. Jh.216; die Fragmente im Vatikan stammen meist aus späten Friedhöfen Roms217. Die Schalen in Ephesos
gelangten im Zuge der Bebenzerstörungen des 3. Viertels des 3. Jhs. in den Boden; demnach ist ihre Entstehung - ebenso wie jene der
Schalen in Augst - in einem Zeitraum von der 1. Hälfte bis um die Mitte des 3. Jhs. n. Chr. durchaus wahrscheinlich.
Die Technik der Mosaikglas-Herstellung ist beinahe so alt wie die Glasproduktion selbst. Mit Unterbrechungen wurde und wird diese
Technik seit über 3500 Jahren bis heute angewendet. Ihre Ursprünge werden in Mesopotamien vermutet218, in hellenistischer Zeit sind
alexandrinische Glashütten in Ägypten belegt219. Für die frühe Kaiserzeit sind Werkstätten im syrischen Raum anzunehmen, mit einiger
Wahrscheinlichkeit auch in Kampanien und Oberitalien220; Strabon berichtet über die Herstellung von „bunten Gläsern“ in Rom221.
Der Großteil der Mosaikglasgefäße entstand in hellenistisch-frührömischer Zeit und weist ganz bestimmte Formen und Muster auf.
Besonders beliebt waren beispielsweise Schalen und Teller aus einfachem Streifen-Mosaikglas oder mit Spiral-Muster, sog. Reticella-
Schalen, die aus einem spiralförmig verschmolzenem Glasfaden hergestellt wurden, welcher aus zwei verschiedenfarbigen, aneinander-
geschmolzenen und miteinander verdrehten Glasfäden besteht; ferner Schalen aus marmoriertem oder gesprenkeltem Glas (wie B-G 46),
sowie Schalen mit einfachen Blumenrosetten222.
Bereits um die Mitte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts, als zum ersten Mal nahezu farblos durchsichtiges, sog. „entfärbtes“ Glas
hergestellt werden konnte, blieben die Formen zwar noch eine Zeit lang annähernd die gleichen, mit der zunehmenden Beliebtheit des
neuen, farblosen, kristall-ähnlichen Glases änderte sich allerdings auch der Geschmack der Zeit, und die Nachfrage nach Gefäßen aus
buntem Mosaikglas sank. Allerdings kam es bereits im 2. Jh. zu einer „Renaissance“ dieser aufwendig hergestellten Gefäße, was zu
einem neuerlichen Aufschwung in der Produktion von Millefiori- und Mosaikglas-Schalen führte. Neue Formen und Muster entstanden;
beliebt wurden nun Schalen mit buntem Kreisaugen-Muster oder Pfauenaugen, die aus mehrfach Überfangenen Glasstäben hergestellt
wurden, nach wie vor gefragt waren Gefäße aus gesprenkeltem Glas sowie kompliziert aufgebaute Blumenrosetten mit,Sprenkelkranz4,
der auch auf den Schalen B-G 47-48 erscheint und ein besonderes Charakteristikum für die Millefiori-Gefäße der mittleren Kaiserzeit
darstellt223.
Die Herstellung des sogenannten Millefiori-Glases224 war einigermaßen aufwendig: Die Glasgefäße bestehen aus vielen einzelnen blü-
tenförmigen, manchmal auch spiralförmigen oder figürlichen Glasscheiben, die aneinandergeschmolzen wurden. Um die Blüten herzu-
stellen, wurden einzelne, verschiedenfarbige Glasstäbe zum entsprechenden Muster zusammengefügt und miteinander verschmolzen.
Der so entstandene Glasstab, dessen Querschnitt nun das gewünschte Muster aufwies, wurde in noch heißem Zustand in die Länge
gezogen, wodurch sich sein Durchmesser verringerte, und mit ihm auch das Bild. Von diesem Stab wurden anschließend kleine Schei-
ben abgetrennt (die nun alle das vorher zusammengefügte Muster in Miniaturform zeigen), und diese dann in einem weiteren Arbeits-
schritt auf einer glatten Oberfläche aneinander geschmolzen. Die so entstandene Platte aus Millefiori-Glas wurde schließlich neuerlich
erhitzt und in die entsprechende Schalenform abgesenkt225.
Die Frage nach der Herkunft der charakteristischen, späten Mosaikglasgefäße des 3. Jhs. erscheint nach wie vor ungeklärt. Literarische
Hinweise antiker Autoren fehlen; aufgrund der Fundverteilung wurden Produktionsstätten in Köln, Rom oder Dura Europos vermutet,
207 VgL Rütti, Augst, Taf. 32 Nr. 757. 761. Taf. 33 Nr. 763.
208 Rütti, Augst, 126 ff. Taf. 34 Nr. 778; Barköczi, Pannon. Glasfunde, Nr. 13; vgl.
auch AR 23.
209 Vgl. z. B. Clairmont, Dura-Europos, Nr. 65; Grose, Toledo, Nr. 528; Sternini,
Glass workshop, Abb. 2,1.
210 Rütti, Augst, Abb. 77, 2S-3S. 6S-11S; Nr. 763. 767. 771-772. 783 Taf. 33. 208.
219.
211 Fremersdorf, Köln, Taf. 11,2.
212 P. Hamelin, Materiaux pour servir ä l’etude des verreries de Begram. Cahiers de
Byrsa 3, 1953, Taf. 4b; Rütti, Augst, Abb. 84, 01.
213 Fremersdorf, Glas, Taf. 7-9 Nr. 110—115a—b. 218-221.
214 S. M. Goldstein, Pre-Roman and Early Roman Glass in The Corning Museum of
Glass (1979) Taf. 25. 41 Nr. 478-479. Taf. 29 Nr. 495.
215 Rütti, Augst, 129-133.
216 Fremersdorf, Köln, 88.
217 Fremersdorf, Glas, 30 f.
218 D. Barag, Catalogue of Western Asiatic Glass in the British Museum I (1985)
31-37; Whitehouse, Sultans, 147.
219 D. B. Harden, Ancient Glass I, Pre-Roman. The Archaeological Journal 125, 1968,
62 f.
220 Rütti, Augst, 141 f.
221 Strab. 16, 2,25.
222 Zur Herstellungstechnik von Mosaikglasgefäßen vgl. Lierke, Glastöpferei, 39-44;
Harter, Mainz, 19 f.; Stern - Schlick-Nolte, Sammlung Wolf, 55-72; Guden-
rath, Islamic Glassworking, 53-54; D. Whitehouse, Mosaic Glass, in: Carboni
- Whitehouse, Sultans, 146-153; Grose, Toledo, 31 f.; v. Saldern, Glas, 14 f.
241.; Fremersdorf, Glas, 30-51.
223 Vgl. Rütti, Augst, 126-144.
224 Der Ausdruck „millefiori“ (Tausend Blumen) wurde erst in der Renaissancezeit
von italienischen Glasmachern für ihre Nachahmungen antiker Mosaikgläser ein-
geführt: Harter, Mainz, 19 Anm. 98.
225 Harter, Mainz, 19; Stern - Schlick-Nolte, Sammlung Wolf, 55-72.
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