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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0165
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Das Itathhaus von Saumur.

Besonders im nördlichen Frankreich und in Belgien begegnet man häufig alten Rathhäusern und in
dem letzteren Lande den schönsten und grössten, die es giebt. Man wird schwerlich welche finden, die
mit denen von Ypern, Brügge, Löwen und Brüssel verglichen werden können, bei deren Anblick man
leicht einsieht, dass die Städte, die sie bauten, von Eifersucht gestachelt wurden, um den Fremden eine
höhere Idee von ihrem Reichthum und von ihrer Macht zu geben.

Es ist nicht möglich eine allgemeine Beschreibung der alten Rathhäuser zu liefern ; sobald man mehrere
unter einander vergleicht, erkennt man auf der Stelle, dass ihren Anordnungen keine allgemeinen Anfor-
derungen zu Grunde liegen. Aber Eines ist ihnen Allen gemein, nämlich der Beffroi; doch besteht der-
selbe zuweilen in einem einfachen isolirten Thurme, der fern von dem Gemeindehause seinen Ort hat. Im
Allgemeinen zeigen sie keine kriegerische Physiognomie, die an die Streitigkeiten erinnern könnte, denen
sie ihr Dasein verdanken, woraus man ohne Widerrede folgern muss, dass diejenigen, die noch bestehen,
nicht sehr alt seien. Die ersten, die man erbaute, mussten wahrscheinlich Anordnungen zeigen, die günstig
für ihre Vertheidiguug waren; die Facade des Rathhauses von Saumur beweist, dass man zuweilen diesem
Systeme selbst in einer späteren Zeit treu geblieben ist. Dieses Bauwerk, über dessen Gründung man
nichts hat, kann wirklich nur aus dem Ende des fünfzehnten oder aus dem Anfang des sechszehnten Jahr-
hunderts datiren. Seine Hauptfronte, die nach Mitternacht liegt, hat zwrei Eckthürmchen auf Kragsteinen
ruhend (m. s. die perspektivische Ansicht) und ist an ihrem oberen Theile durch eine Reihe eleganter
Machicoulis befestigt. Unmittelbar unter diesen Machicoulis befinden sich zwei Fenster mit steinernem
Kreuzpfosten, und oberhalb dieser selben Machicoulis ein Dachfenster ebenfalls mit steinernem Kreuzpfosten,
das in einen spitzen mit Kantenblättern geschmückten Giebel endigt. Auf der Spitze des Daches steht ein
kleines Glockenthürmchen.

Die innere Facade zeigt sechs Fenster, zwei in jedem Stockwerk; diese Fenster werden von gewun-
denen Säulchen eingefasst, die den Verfall des Spitzbogenstyls verkünden. An der östlichen P^cke dieser
Facade erhebt sich ein Thurm, der unten achteckig und oben viereckig ist. Sein Mauerwerk ist merk-
würdig; es besteht aus Ziegeln und Hausteinen, die eine Art Schachbrett auf der Mauerfläche zeichnen
und einen recht malerischen Effect hervorbringen. Diese Art Mauerwerk, von dem es noch einige andere
Beispiele giebt, eines unter anderen an dem Thor der Abtei Bonneval in Baiice, zeigt die Rückkehr zu
der Anwendung von Ziegeln an, die sehr gewöhnlich im frühen Mittelalter waren, deren Anwendung in
Frankreich aber im zwölften Jahrhundert fast ganz aufhörte, in welcher Zeit man sich ihrer höchst selten
bediente.





Liter a t u r.

1) De Caumont, Cours d'antiquitfe monumentales, Vme. partie. Caen, 1835. 8. Mit Kupfern.

2) Godard, Faultrier et Hawke, L'Anjou et ses monnraents Angers, 1839. 3 vol. i. Mit Kupfern.

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