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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0108
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Grabmal des Bischofs Bridport zu Salisbnry.

Die berühmte Kathedrale von Salisbury, die man in England allgemein als das schönste Denkmal des
Spitzbogenstyls Grossbritanniens betrachtet, wurde im Mai des Jahres 1220 durch den Bischof Richard Poore
begonnen, unter seinem Nachfolger fortgesetzt, und im Jahre 1258 durch den Bischof Egidius oder Giles
von Bridport beendigt. Der Tag ihrer Einweihung wurde festlich begangen, König Heinrich HI, die Königin
seine Frau, und der Erzbischof Boriifacius von Canterbury wohnten derselben bei. Letzterer vollzog ohne
Zweifel als Metropolitanbischof die Einweihung. Vier Jahre nach dieser Feier, am 13. December 1262
starb Bridport und wurde in dem südlichen Arm des Ouerschiffs begraben, wo man ihm ein Grabmonument
errichtete, von dem wir hier eine Abbildung geben. Man hat dasselbe falschlich für das des Bischofs Ayscough
gehalten.

Dieses reiche Grabmonument hat eine analoge Form mit den Reliquienkasten, welche in der Zeit des
Spitzbogenstyls für sehr aufwandreiche Grabdenkmäler die gewöhnliche war. Es bildet eine Art Kapelle^
die zwischen zwei Säulen-Bündelpfeilern des südlichen Ouerschiffs errichtet ist. Bedeckt ist dieselbe mit
einem Satteldach, das scheinbar mit über einander greifenden Platten gleich Ziegeln gedeckt ist. Die Lang-
seiten dieser aedicula werden durch zwei Spitzbogenarcaden gebildet, deren jede wieder zwei kleinere in
sich aufnimmt, der Raum zwischen dem grossen und den kleinen Spitzbogen wird durch eine vierblätterige
Rose ausgefüllt — man sieht, dass die Anordnung dieser Arcaden jener der spitzbogigen Fenster des XIII
Jahrhunderts ganz gleich ist. Die grossen Arcaden werden durch wenig steile Spitzgiebel gekrönt, die mit
Kantenblättern (franz. crochets) und an der Spitze mit einer Laubkrone geschmückt sind, welche letztere
die Engländer fmials nennen. An den Ecken des Monumentes so wie in der Mitte seiner Seitenwände
sind Halbsäulchen angebracht, auf deren Capitellen sich ähnliche Laubkronen wie auf den Giebelspitzen
erheben.

In dieser aedicula liegt die Statue des Verstorbenen im vollständigen Bischofsornate auf einem Sarko-
phage, in der linken Hand hält er den Bischofsstab, mit der rechten empfängt er ein Weihrauchgefäss, das
ihm einer der beiden neben seinem Haupte sitzenden Engel darreicht. An der südlichen Seite des Monu-
mentes und zu Füssen der Statue befindet sich ein Wasserbecken und eine Nische, die da anzeigen, dass
ursprünglich bei diesem Monumente gottesdienstliche Feiern vorgenommen wurden.

Die Wandflächen über den Spitzgiebeln der Arcaden sind mit Basreliefs geschmückt, die Darstellungen
aus dem Leben des Prälaten zu enthalten scheinen. Ein englischer Archaeolog und tiefer Kenner monu-
mentaler Sculpturen M. C. A. Soothard erklärt dieselben von der südlichen Seite anfangend also: die erste
Figur ist eine in einem Bette liegende Frau mit einem Kinde, die von mehreren Personen umgeben wird;
dies stellt ohne Zweifel die Geburt Bridports dar. Sodann folgen zwei Figuren, von denen die eine vor
der anderen auf den Knieen liegt; dies ist wahrscheinlich seine Firmelung. In dem folgenden Felde sieht
man einen Mann in Priesterkleidung vor einem hohen Pulte sitzend, der vier jungen Kindern etwas vor-
zutragen scheint. Auf dem vierten Felde sind zwei Priester dargestellt, von denen der eine eine Kopf-
bedeckung hat, die da anzeigt, dass er einen höheren priesterlichen Rang als der andere einnimmt. Beide
reichen sich die Hände, und der eine scheint eine Bewegung zu machen, als empfinge er etwas von dem
anderen. Hinten steht ein Baum, an dessen Zweigen ein Schild hängt, das ein Kreuz zwischen vier Wappen-
Pfennigen zeigt. Dieses Basrelief stellt wahrscheinlich die erste Ordination des Prälaten dar. Diese Ver-
muthung wird durch die folgende Darstellung verstärkt, die sich in dem ersten Felde an der Nordseite be-
findet (siehe unsere Kupfertafel). Man erblickt hier zwei Figuren, von denen die eine mit einer Robe be-
kleidet und sitzend dargestellt ist, während die andere sich vor der ersteren verneigt und die Hände wie
zum Danke ausstreckt. Das zweite Feld zeigt eine Procession; vielleicht eine Anspielung auf die Ein-
weihung der Kirche durch den Bischof Bridport, dessen Tod auf dem folgenden dritten Felde dargestellt
ist. Er liegt im pontificalen Gewände auf einer Bahre mit Engeln zu seinen Häupten und Füssen. Das
letzte Basrelief stellt eine Person dar, die ebenfalls mit dem pontificalen Gewände bekleidet aber ohne
Bischofsstab ist; sie sitzt auf einer Art Thron in einer Nische und hat das Ansebcn als präsidirte sie
einem Gerichte. *) Neben ihr wird eine nackte Figur durch einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln in die
Höhe gehoben, es ist offenbar hiermit die gen Himmel steigende Seele des Verstorbenen bezeichnet.

Britton macht bei diesen Basreliefs darauf aufmerksam, dass es auffallend sei, dass darin nicht an die
grossen Bauarbeiten des Bischofs an der Kathedrale erinnert werde. Dieser Umstand und der Mangel an
einem Epitaphium hat Gough und einen grossen Theil anderer Schriftsteller verleitet, dies Grabmonument
für das des Bischofs Ayscough zu nehmen, wie wir schon oben bemerkt haben. Sie haben sich indessen

*) Wir möchten diese Figur in der und mit der Nische eher für die Darstellung des Grabes des Verstorbenen halten. L. L.
Denkmäler der Baukunst, CTV. Lieferung.
 
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