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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0115
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Alte Tanfsteine.

Bekanntlich giebt es zwei Weisen die Taufe zu vollziehen, durch Untertauchen und durch Uebergiessen.
Heut zu Tage hat die erstere Weise der zweiten vollständig Platz gemacht, aber es ist nicht leicht zu be-
stimmen, seit wann dies geschehen. Ursprünglich wurde die Taufe überall durch Untertauchen vollzogen,
aber da diese Weise nicht immer leicht anzuwenden war, so gestattete seit 754 der Pabst Stephan III die
Uebergiessung, sobald die Untertauchung nicht gut anwendbar wäre. Später im Jahre 1311 bestimmte das
Concil von Ravenna, dass beide Weisen der Taufe ohne Unterschied anzuwenden seien, und es ist wahr-
scheinlich, dass von dieser Zeit ab die Uebergiessung die gewöhnliche Weise der Taufe geworden ist. In-
dessen taufte man im XVI Jahrhundert noch in England durch Untertauchen. Wie dem auch sei so ist
anzunehmen, dass man im XII, im XIII und im XIV Jahrhundert beide Weisen der Taufe zugleich anwen-
dete, denn Glasgemälde und Basreliefsbilder dieser Zeit zeigen immer den Täufling in einem Wasserbehälter
und bereit die Uebergiessung über den Kopf zu erhalten. Man muss jedoch bemerken, dass bei diesen
Darstellungen nicht zu entscheiden ist, ob der Wasserbehälter wirklich voll Wasser sei, aber Alles trägt
dazu bei es anzunehmen. In allen Fällen ist Eines aber gewiss, dass die verschiedenen Modificationen,
die in der Art die Taufe zu vollziehen vom XI bis zum XVI Jahrhundert eintraten, keinen sehr ausge-
sprochenen Einfluss auf die Grösse und die Gestalt der Taufsteine hatten, und dass letztere nur dem Ein-
fluss des Architekturstyls unterlagen, der bei ihrer Anfertigung gerade im Schwange war.

Die Taufbecken aus der Periode des Spitzbogenstyls sind gewöhnlich von Stein nach der von den
Kirchenschriftstellern aufgestellten Regel, aber es sind auch noch aus dieser Periode welche aus Kupfer
und aus Blei ) und zwar sehr merkwürdige vorhanden. In Bezug auf ihre Form kann man sagen, dass
ihr Haupttypus vom Anfange des XIV Jahrhunderts ab darin besteht, dass sie achteckig sind und auf
einem Fusse stehen, denn im XIII Jahrhundert waren die Formen der romanischen Kunst noch nicht voll-
ständig verlassen und man findet Taufsteine aus dieser Zeit, die ein rundes Becken haben, das von einem
Fusse in der Mitte und von mehreren freistehenden Säulchen rund herum gestützt wird. Die Verzierungen
bestehen in Zirkelschlägen und vornemlich in Füllungen; auch sieht man Blattwerk, Figuren und selbst
Wappenschilder. Mehrere Taufsteine haben Inschriften, die den Namen ihres Stifters oder den des Künst-
lers, der sie ausführte, nennen. **) Die Taufsteine aus der Periode des Spitzbogenstyls sind vielleicht
nicht so zahlreich als die aus romanischer; ihr Platz ist gewöhnlich in der Nähe des Eingangs an der Nord-
seite der Kirche; aber es giebt davon sehr viele Ausnahmen. Sie stehen gewöhnlich frei, aber man er-
wähnt auch welcher, die an Pfeilern stehen. Der Taufstein in der Kirche von Luton in der Grafschaft
Bedford ist von einer kleinen sehr zierlichen Capelle umgeben; das einzige Beispiel, das man von dieser
Anordnung besitzt.

Der Taufstein No. 1 ist der der Kirche S. Michel zu Coventry; er datirt wahrscheinlich aus dem

XIII Jahrhundert. Seine Höhe beträgt 3 Fuss 1 Zoll, und die Breite des Beckens im Aeusseren gemessen
2 Fuss 3 Zoll.

Der Taufstein No. 2 ist der der Kirche West-Deeping in Lincolnshire. Man glaubt, dass er aus der
Zeit Eduard's I (1272—1307) herrühre und vermuthet, dass ihn die Familie Wake habe arbeiten lassen,
deren Wappen er mit mehreren anderen unbekannten trägt. Er ist 3 Fuss i\ Zoll hoch und 2 Fuss 2 Zoll
breit.

Der Taufstein No. 3 gehört der Kirche von Haydon; er datirt aus dem Ende des XIV Jahrhunderts
und steht unter der zweiten Arcade des nördlichen Seitenschiffs. Seine Form ist für seine Zeit wenig ge-
wöhnlich; er ist 3 Fuss 3 Zoll hoch und 2 Fuss 6 Zoll breit.

Der sehr zierliche Taufstein No. 4 ist wegen seiner Schönheit mehrmals gestochen worden. Er be-
findet sich in der westlichen Kapelle der Kirche zu Knaith (Lincolnshire). Man hält ihn auch für aus dem

XIV Jahrhundert. Er ist 3 Fuss 5 Zoll hoch und 2 Fuss 9 Zoll breit.

Fig. 5 stellt den Deckel oder die Krone des Taufsteins der Kirche von Fosdyke dar. Diese graziöse
durchbrochen gearbeitete Pyramide ist in einem Geschmacke ausgeführt, der am Ende des XV Jahrhunderts
der herrschende war. Der Taufstein, der zu diesem Deckel gehört, ist von wenig Interesse.

I

^

*) In der Kathedrale von Salisbury gab es silberne Taufsteine, aber man weiss nicht, aus welcher Zeit sie waren. Es werden
noch hölzerner und mit Blei bekleideter Taufsteine erwähnt.

**) Der prächtige Taufstein der Kirche S. Maria zu Beverley in England hat in altem Englisch folgende Inschrift: „Bittet für
die Seele William Teriffaxe's, des Tuchmachers und für die seiner Ehefrau, die auf ihre Kosten diesen Taufstein setzen
Hessen am zehnten Tage des März des Jahres unsers Herrn MDXXX."

Denkmäler der Baukunst. CXXXIX. Lieferung.
 
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