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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0141
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Die KathedraMrche von Anch.

Auch, die heutige Hauptstadt des Gers-Departement, ist eine der ältesten Städte Frankreichs. Beim
Einbruch der Römer in Gallien hiess sie Climberris und sie war der Hauptort im Lande der Ausci. Ihre
Bewohner leisteten den Waffen Caesars keinen Widerstand, sondern ergaben sich freiwillig seinem Feld-
herrn Crassus, wovon Caesar in dem Kriege gegen Vercingetorix erzählt. Kaiser Augustus Hess bei seiner
Rückkehr aus Spanien in Climberris eine Colonie zurück, der er die Privilegien einer Stadt ertheilte; von
da ab nahm dasselbe den Namen Augusta Auscorwn an, aus dem der jetzige Name der Stadt sich herleitet.
Als im achten Jahrhundert die Vasconen sich Novempopulaniens bemächtigt hatten, hörte die zerstörte
Eause auf Hauptstadt dieses Landes zu sein, das sich nun Gascogne zu nennen anfing und Auch wurde
Hauptstadt desselben. Endlich wurde sie Hauptstadt von Armagnac, als dieses mit Fezensac im Jahre 1J 30
vereinigt wurde. *)

Die erste in Auch erbaute Kirche war von dem heiligen Sernin, Bischof von Toulouse, errichtet worden,
der in der letztgenannten Stadt im Jahre 252 den Märtyrertod starb. Er berührte auf seinem Wege nach Eause,
wo er predigen wollte, Auch und liess daselbst dem Apostel Petrus zu Ehren eine Kapelle erbauen.

Um das Jahr 275 flüchtete der h. Taurin, Bischof von Eause, vor den Raubzügen der Barbaren nach
Auch und brachte dahin Reliquien der h. Jungfrau und einen Altar, den der h. Sernin und der h. Paternus
derselben geweiht hatten. Der heilige Taurin schlug in einer dem h. Johannes geweihten Kirche seinen Sitz
auf, die bis zum VI Jahrhundert die einzige Pfarrkirche Auch's war. Er liess darauf daselbst eine zweite
Kirche der h. Jungfrau zu Ehren erbauen, die der Kathedrale ihren Ursprung gab und bis zum XI Jahr-
hundert ausschliesslich für die Priester reservirt blieb. Bischof Taurin starb im Jahre 294 seinen Glauben
mit seinem Blute besiegelnd. Bis zu dieser Zeit lässt sich die Gründung des Bisthums in der Stadt Auch
zurückführen.

Im Anfange des VI Jahrhunderts liess Clodewig nahe bei dieser Kirche eine ,,von bewundernswerther Grösse"
erbauen, wie es in einer Akte des Archivs der Diöcese heisst, und weihete sie dem h. Martin. Mit dieser
Kirche liess Clodewig ein Kloster verbinden, in dem die Praelaten bis 1100 residirten, um welche Zeit der
bischöfliche Palast von Raimund II errichtet wurde. Früher gingen die Erzbischöfe nur am grünen Donners-
tage in die Kathedrale, um das heilige Oel zu weihen.

Als dreihundert Jahre nach Clodewigs Gründung Taurin II die von den Sarazenen im vorhergehenden Jahr-
hunderte zerstörte Metropolitankirche von Eause nicht wieder aus den Trümmern erstehen sah, so vereinigte
er die beiden Diöcesen Eause und Auch in eine, und nahm nach einer Bestimmung des im Jahre 829 zu
Clermont gehaltenen Concils seinen Sitz dauernd in Auch. Diesem Bischof verdankt man neben der Frei-
gebigkeit des Herzogs Totilus von Gascogne den Bau der ersten Kathedrale in Auch. Sie wurde im
Jahre 845 zu bauen angefangen, ebenfalls der h. Jungfrau geweiht und an derselben Stelle gebaut, den
die durch den h. Taurin errichtete Kirche der h. Jungfrau eingenommen hatte. In ihr wurde auch der
kostbare Altar aufgestellt, den der letztere von Eause mitgebracht hatte.

Obgleich Taurin II die beiden Diöcesen von Eause und Auch in eine einzige vereinigt hatte, so führte
er doch nicht den Titel Erzbischof. Der Erste, der ihn. führte, wTar Aymard der einundfunfzigste Bischof,
dem diese Würde durch Pabst Johann VIII zugestanden wurde.

Um 1040 liess Raymund der Erste mit Hülfe seines Neffen Astanov, Grafen von Fezensac, das Kloster-
gebäude erbauen. Unter diesem Praelaten wurde eine Reform des Clerus der Kathedrale bewerkstelligt;
die Mitglieder desselben wurden aus Weltgeistlichen Klostergeistliche nach der Regel des h. Augustin.
Die Canonici hatten bis zur Zeit des im Jahre 1517 zwischen Pabst Leo X und König Franz I geschlos-
senen Concordats das Recht ihren Erzbischof zu wählen; sie zeigten sich immer sehr schwierig in der
Wahl ihrer Collegen: um zugelassen zu werden bedurfte es entweder edler Geburt oder grosser geistiger
Bildung. In den letzten Regierungsjahren Franz's I wurden die Erzbischöfe vom Könige ernannt, die bis
zum Jahre 1789 den Titel Primas von Aquitanien führten.

Raymund I setzte die Freiheit des Begräbnisses für seine Kirche ein und entzog dadurch den Clerus
seiner Kathedrale der Verpflichtung, der er seit undenklichen Zeiten unterworfen war, seine Todten auf
dem Kirchhofe von Saint-Orens zu beerdigen, der der einzige Kirchhof in Auch war. Diese Maassregel
berührte aber die Privilegien der Mönche von Saint-Orens und wurde deshalb lebhaft von letzteren be-
kämpft. Es entspann sich aus diesem Conflicte ein Prozess, der vor dem Pabste geführt wurde; anfäng-

*) Das Stadtwappen von Auch hatte zwei Theile; es zeigt erstlich im rothen Felde ein silbernes Lamm, das zur Ehre des
h. Johannes, des Schutzpatrons ihrer alten Pfarrkirche ein goldenes Kreuz trägt; und zweitens im silbernen Felde einen
rothen aufgerichteten leopardirten Löwen, der das Wappen von Armagnac ist.

Denkmäler der Baukunst. LXXI. Lieferung.
 
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