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Die Gartenkunst — 8.1906

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Rettich, Heinrich: Bericht der vom Stuttgarter Gemeinderat zum Studium neuerer Friedhofanlangen bestellten Komission, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0097

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VIII, 5

DIE GARTENKUNST

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Bedürfnis nach einem monumentalen Schauwerk empfindet, des Leichenhauses von der Einsegnungskapelle aus betriebs-
sondern, wenn man überhaupt Reflexionen anstellt, sich technischen Gründen höchst unerwünscht ist, so kann die
im Gegenteil freut über die weise Bescheidenheit des Düsseldorfer Anlage, bei der das Leichenhaus fehlt, auf
Architekten. Zu alledem kommt die rein praktische Er- unsere Verhältnisse nicht übertragen werden. Denn ein
wägung noch hinzu, dafs die Zurückhaltung des Archi- grofsstädtischos Leichenhaus lädst sich unmöglich gleich
tektonischen einen Hauptgrund gegen die Dezentralisierung beim Eingang so situieren, dats es nicht die ganze Stelle
der Friedhöfe, welche je nach den Terrainvorhältnissen beherrschte. Der gärtnerische Schmuck würde nicht
vielleicht nicht zu vermeiden ist, beseitigen würde. Es ausreichen, um den düsteren Eindruck erträglich zu
ist ganz selbstverständlich, dafs man sich zur Anlage machon, es wäre dazu noch die architektonische Aus-
kleinerer Friedhöfe um so leichter entschliefson wird, einen gestaltung nach Münchener Vorgang nötig, die wir schon
jo geringeren Aufwand die Hochbauten darin erfordern. um ihrer Kosten willen, sowie deswegen vermeiden möchten

Abbildung 4. Leichcnsteinfeld auf dem Pragf riedhof mit besseren Gräbern.

Ist also jedenfalls das Leichenmagazin unter allen Umständen
vom Eingang abzurücken und den Blicken zu entziehen,
so ist es doch denkbar, dafs aus lokalen Zweckmäfsigkeits-
griinden wenigstens die Hinsegnungshalle in die Nähe des
Eingangs gestellt werden möchte. In diesem Falle bietet
der Düsseldorfer Friedhof hinter dem Tannenwäldchen
ein hübsches Beispiel, wie ein solches Entree gärtnerisch
wirkungsvoll ausgestaltet werden kann. Da wir in Stutt-
gart aber aus guten Gründen auf die Einführung des
Leichenhauszwangos hinstreben oder wenigstens hoffen,
dals die Benutzung dos Leichenhauses früher oder später
von selbst eine allgemeine werde, und da die Trennung

weil uns eben das landschaftliche Entree nach Kieler Art
ungleich ansprechender und dankbarer scheint.

2. Wir kommen nun zur Anlage des Begräbnis-
platzos selbst. Heute sind tatsächlich die meisten Fried-
höfe für ein malerisch geschultes Auge und ein stimmungs-
empfängliches Gemüt eine Stätte des Grauens trotz des
oft überreichen Schmuckes der einzelnen Gräber. Der
düstere Eindruck rührt wesentlich von der endlosen An-
einanderreihung der Monumente und Grabkreuze her, die
wiederum durch die Geradlinigkeit aller Wege und die
dadurch entstehende schachbrettartige Einteilung der
Fläche gesteigert wird (Abb. 3 i), 4). (Forts, folgt.)
 
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