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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0093

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Berlin

chen Teppich-, Rasch- und Sammetmacher Ölfarben? Um den Wandteppichersatz in der
Art der künstlichen Tapeten in der Zeit Ludwigs XIV. (Wasserfarbenmalerei auf gerippter
Seide) kann es sich keinesfalls gehandelt haben, hierzu paßt auch nicht der Ausdruck
„Wirker". Strumpfwirker kommen kaum in Frage, Kunsthandwerker dieses Zweiges
brauchte der Große Kurfürst nicht aus den Niederlanden kommen zu lassen. Der Bestand
der Teppichmacherkolonie ist auf fünf Mann angewachsen. Die drei Raschmacher haben
ihren eigenen Beruf ziemlich schnell aufgegeben, sie beschäftigen sich in der Hauptsache
„die wolle zu den täpichten zu aptiren", wozu man nach Ansicht des Berichterstatters bil-
ligere Hilfskräfte bekommen konnte. Insgesamt belaufen sich die Unkosten für die gesamte
Kolonie in der Spanne von 1673 bis 1679 auf 18424 rthl. 18 gr.10). Die wesentlichste Beilage
(Lit. B, fol. 30) zählt die von den Teppichmachern geleistete Arbeit auf, leider ohne die
Darstellungen der Folgen zu erwähnen:

„Nach aussage der Tapetenmacher sind in 3 Jahren hero (also von Ende 1676 bis Dezem-
ber 1679) an Tapetten verfertiget Sieben Stück alß die

1. 5 Ellenbreit 9 Ellenlang

2. 4Va Ellenbreit 9 Ellenlang

3. 3 Ellenbreit 4 Ellenlang

4. 3 Ellenbreit 4 Ellenlang

5. 4V2 Ellenbreit 9 Ellenlang

6. 3 Ellenbreit 5 Ellenlang

7. 5 Ellenbreit 9 Ellenlang
welche noch nicht völlig verfertiget."

Auffallend ist die Ungleichheit der Breiten- (Höhen-) Maße, die nur selten bei einheitlichen
Folgen in die Erscheinung tritt, sofern es sich nicht um einen besonders proportionierten
großen Saal handelt.

„Wan nun in 3 Jahren Sieben große Tapetten verfertiget, alß ist wohl vermuhtlich weil
der Tapetenmachers aussage nach auch einige kleine Tapeten verfertiget, das in vorhero
den 16. Jahren (also seit 1663) woll, vierzig stück gemachet sein könten." Die Unklarheit
über die Zahl der verfertigten Behänge läßt m. E. mit Sicherheit darauf schließen, daß weit-
aus der größte Teil der Gesamtproduktion nicht im Auftrage des Großen Kurfürsten, son-
dern als Lieferung an Privatabnehmer entstand. Am 4. Juni 1680 befiehlt der Große Kur-
fürst die fünf Tapetenmacher in jeder Weise zu unterstützen und ihnen die drei Rasch-
macher zur Hilfe zu belassen, damit die „Arbeit mit allem fleis fortgesetzt wird". Es wird
bestimmt, aus welchen Ämtern die Wolle (aus der Neumark) — „so jährlich auf 60 leichte
Steine anläuft" — zu beziehen ist11). Von Seide ist merkwürdigerweise nie die Rede, eben-
sowenig von der Anlieferung der Kartons. Da die maßgebenden Verträge leider bei den Ak-
ten nicht mehr vorhanden sind, lassen sich Rückschlüsse auf Pflichten und Rechte von Auf-
traggeber und Auftragnehmer schwer ziehen. Mit dem 6. Juli 168012) schweigen die Ak-
ten. In den Vordergrund des Interesses treten seit 1682 der „frantzösische Gulden-Leder-
macher" Francois le Coutre13), der „türkische Possementirer" Joseph Gärtner14) u. a.

Die Manufaktur des Peter Heyliger gibt manche Rätsel auf. Daß sie Wandteppiche gearbei-
tet hat, dürfte nach dem urkundlichen Wortlaut kaum zu bezweifeln sein. Die Tatsache,
daß durchgängig Wolle, und zwar die für hochwertige Bildteppiche wenig zweckmäßige
märkische Schafwolle und keinerlei Seide verwandt wurde, daß ferner der Abfall an Wolle
ziemlich stark war, legt den Gedanken nahe, daß die Werkstatt sich in der Hauptsache mit
der Herstellung geknüpfter wollener Teppiche befaßte.

Die Vermögensauf Stellungen bringen keine Klärung. In Frage kommen das „Inventarium
der Meublen auff Ihro Ghurfürstl. Durchl. Hauße zu Potstamb" (um 1690 angelegt)15), das
„Inventarium der Meublen, welche Anno 1698 bey der Inventur in S. Churfürstl. Durchl.

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