Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0139

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Wismar. Rostock.

a) Urkundliche Belege.

Die Zeitspanne, in der die Bildwirkerei in Wismar eingeführt wird, läßt sich zunächst
nur vermutungsweise annehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach kommt das Ende des vier-
ten oder der Anfang des 5. Dezenniums des 16. Jahrhunderts in Betracht. Der Betrieb muß
verhältnismäßig umfangreich gewesen sein, schon aus dem Grunde, weil zur gleichen Zeit
mehrere selbständige Werkstätten in reichlichem Maße mit Aufträgen betraut wurden.

Caspar von Craynest ist in den fünfziger Jahren in Wismar ansässig. Er siedelt An-
fang 1559 nach Königsberg über und richtet im April d. Js. das Ersuchen an Albrecht von
Brandenburg ihn in seine Dienste zu nehmen, die Güte seiner Erzeugnisse sei seiner f. Gn.
bekannt, er habe seine Arbeiten ,,zue Wissmar vntzwiffelich gesehen". Bis jetzt fehlt jeder
urkundliche Beleg, der näheren Aufschluß über die Wismarer Tätigkeit des Craynest zu
geben vermag. Möglicherweise sind einige Vermerke aus den Bechnungsbüchern des Her-
zogs Heinrich V. (gest. 1552) mit dem Meister in Verbindung zu bringen:
„1549 Sonnabend nach Ostern (27. April) 5 fl. Tebichtmacher uff sein Solt.

1549. Mai 6. 100 fl. einem nidderlendischen tebichtmacher vor ein gewrocht (gewirktes)
stuck, daruff die heil, drei Konnynge stan.

1550. Sept. 29. 40 Taler einem Tebichmacher, der m. gn. H. einen Uffslag mit dem meckel-
borger Wapen gemacht."

Die Hauptrolle spielt der aus Brüssel eingewanderte Johann van Ophorn, auch Johannes
van Brüssel genannt. 1562 verfügt der Bat von Wismar eine Untersuchung gegen die Wie-
dertäufer, Meister Johann wird zur Bechenschaft gezogen. Sein Bekenntnis lautet: „Johan-
nis vann Brussele bekentenisse iss, alse des vorigen gewest iss, . . . . . . . . . .,

woe vnnd van welckerem he gedofft iss, hefft he nicht willen bekennen, dath hefft he
ouersth bekennet, dath synn doper wedderum vann erer lere iss affgefallenn, hefft sick vor
11 jaren dopenn lathen, alsse he iss gewesen vngefferlich vann XX jarenn. Die Kinder hefft
he vngedofft vnd arbeideth hertoch Hansen goldenn teppich. Syn oldeste kindt iss van
8 jaren. Syne huessfrouwe hefft he tho Lübeck genamen"9). Meister Johann, in der
Begel als Johann von Ophorn geführt, stammt hiernach zweifellos aus Brüssel, er gehört
der Wiedertäufersekte an, verläßt infolge der verschärften Glaubenskämpfe in den vierziger
Jahren die Heimat, siedelt sich um 1550 in Lübeck an und arbeitet zu Ende der fünfziger
Jahre in Wismar. „Von Ophorn" ist die Verstümmelung eines flämischen Namens; wahr-
scheinlich gehört der Meister dem alten Brüsseler Wirkergeschlecht der van Ophem (Oppo-
nent, Ophonem) an10). Jan van Oppenem, möglicherweise der Vater, wird bereits 1528
wegen ketzerischer Umtriebe in Brüssel zur Verantwortung gezogen und zu einer empfind-
lichen Geldstrafe verurteilt.

Meister Johann knüpft wahrscheinlich schon von Lübeck aus seine Verbindungen mit
dem mecklenburgischen Hofe; es ist nicht ausgeschlossen, daß der Bechnungsbeleg vom
25. Juli (Jacobi) 1551 — „137V2 fl. dem tebichtmacher von Lübeck vor etzlich Stück, so er
meinem gn. H. gemacht vnd ist darmit off dasmal gar betzalt" — auf Ophorn Bezug nimmt.
Der Name des Meisters findet sich seit 1560 des öfteren in den Hofrechnungen der mecklen-
burgischen Fürsten, des Herzogs Ulrich (1527—1603) und seines älteren Bruders Johann
Albrecht (1525—1576):

„1560. 29. Oktober. lOOth. an rogken Johan Ophorn zu Wismar verkauft für ein Stück Esau
und Jakob.

125
 
Annotationen