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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0205

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England. S o h o

kenswert sind einesteils die delikate duftige Erfassung der Luft, andernteils die Beleuch-
tungseffekte im Baumschlag und Gebüsch.

Drei verwandte Teppiche eigneten der Sammlung Owen Grant153) — 1. türkischer
Ziegenhirt, 2. Wäscherin, Wasserträgerin, Mädchen mit Hund, 3. Tempelruine —, eine
Wiederholung, ehedem in Wentworth Castle, kam am 20. November 1919 bei Christie unter
den Hammer; ein weiteres Stück eignet Colonel J. W. R. Parker auf Browseholme, York-
shire154).

Als Sonderfolge wiederholt Paul Saunders in mehrfachen Abwandlungen die „Pilger-
fahrt nach Mekka", bisweilen mit der voraufbesprochenen Grantschen Serie verquickt. Im
Besitze des Duke of Northumberland befindet sich ein Exemplar der „Kamelreiterin", ein
besonders umfangreicher und ein kleiner Behang eignen Herrn B. W. D. Montgomery,
einem Nachkommen des Wirkers155).

Von Interesse sind die drei Holkham-Behänge auch insofern, als urkundliche Belege
(1756 bis 1758) vorhanden sind. Als Entwerfer erscheint wiederum Zuccarelli, der 80 «£
bezieht „for the Painting done for his Lordship's tapestry". Als Hilfsarbeiter des Meisters
wird ein Edward Penny oder Penne genannt. Die Durchführung übernehmen gemeinschaft-
lich Paul Saunders und der Leiter des Lambethbetriebes. George Smith Bradshaw, die Zah-
lung156) empfängt Saunders „for himself and partner": 1. Links zwei Reiter, in der Mitte
Frau mit Kind, rechts ein beturbanter Kamelführer mit Hund und Gefolge, Palmenstaffage;
2. eine Wiederholung der Kamelreiterin in der Sammlung des Duke of Northumberland,
außer dem Kamelführer erscheinen zwei junge Orientalen. Der Behang zeigt die Signatur
P • SAUNDERS • SOHO; 3. der Tempel zu Mekka. Eine Folge von vier Behängen mit der
Wirkerbezeichnung P ■ SAUNDERS • LONDINI Ft F • ZUCCHA(RELLI) Pxt. findet sich
in Petworth: 1. orientalischer Herrscher in Prunkgewand, Eunuch und Frau157), 2. der
linke Teil des großen Montgomery-Behanges, 3. der rechte Teil des Stückes, 4. Orientalin.
Eine Version des vierten Petworth-Teppichs verzeichnet die Sammlung Frank Partridge:
ein Mädchen pflückt eine Frucht, das Kind zu ihren Füßen streckt erwartungsvoll die
Händchen aus.

Außer den orientalisierenden Figuren- und Landschaftsserien scheint sich Paul Saunders
auch mit Arabeskenteppichen in der Art des Joshua-Morris-Betriebes befaßt zu haben.
Thomson bringt die Abbildung158) eines Behanges — in der Mitte Blumenvase mit zwei
Amoretten, seitlich je ein Prunkgefäß mit blühendem Bunt — im Besitze der Montgomery.
Die Tatsache, daß die Wirkerei dem Urenkel Paul Saunders eignet, ist nicht ohne weiteres
ein zwingender Beweis.

Weit stärkere Wahrscheinlichkeit hat die Uberweisung der figürlichen Arabeskentep-
piche der Spätzeit an den Betrieb von Soho. Typisch für die Serie ist der strengere architek-
tonische Aufbau, die Anlehnung an die Stiche Berains, die Betonung der Mitte durch eine
weibliche Allegorie oder Gottheit — in erster Linie die geflügelte „Fama", Posaunen in den
Händen —, die Vorliebe für Karyatiden. Die Folgen verteilen sich auf Burghley (zwei), die
Kent Gallery (vier, Abb. 153 b)159) — charakteristisch sind die Knotenmuster der Bordü-
ren —, Tockenham Manor, Wilts, (zwei, in dem einen Behang erscheint an Stelle der
„Fama" eine Göttin mit Zepter) und den Kunsthandel160).

Saunders Arbeiten für die Great Wardrobe, soweit es sich um Reparaturen handelt, sind
ohne sonderliches Interesse. Als Neuanfertigung erscheint 1762 eine heraldische Wirkerei
mit dem königlichen Wappen, für den Court of Chancery in Westminster Hall bestimmt.
Saunders Name findet 1770 zum letzten Male in den fiskalischen Rechnungsbelegen Erwäh-
nung (Ausbesserungsarbeiten). Inwieweit sich der Meister mit Möbelwirkereien befaßte,
steht dahin.

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