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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0211

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8. Parisot-Manufaktur. Exeter.

Der Gründer eines Ateliers in Fulham182) ist der Franzose Pierre Parisot (eigentlich Nor-
bert, geb. 1697 in Bar-le-Duc, gest. bei Commercy, 7. Juli 1769), ein ehemaliger Franzis-
kanermönch, zweifellos eine eigenartige Persönlichkeit, der eine Werkstatt in Paddington
unterhielt. Der Meister pflegt sowohl die reine Wirkereitechnik als auch die Herstellung
von Knüpfteppichen in der Art der Savonnerie. Parisot beschäftigt angeblich rund 100 An-
gestellte. Ein besonderer Unterrichtskursus „for a great number of artists of both sexes, and
for such young people as might be sent to learn the arts of drawing, weaving, dyeing, and
other branches of the work" sorgt für die gründliche Ausbildung. Die Manufaktur genießt,
vornehmlich durch das Protektorat des Duke of Cumberland, einen guten Ruf. Nicht ohne
Interesse sind die Vernehmungsprotokolle der 1748 aus den Gobelins und der Savonnerie
entwichenen Wirker und Knüpfer, die ihr Ziel nicht erreichten und nach Festnahme einem
scharfen Verhör unterzogen wurden. Es handelt sich um Etienne Grignon (dessen Bruder
bereits in Fulham tätig ist), Rancon, Vater und Sohn, Dufresne, Dubois, Coulon.

Welche Gründe den schnellen Verfall der Parisotschen Werkstatt183) herbeiführten
— das Unternehmen bestand etwas über fünf Jahre — entzieht sich meiner Kenntnis.
1755 steht der Meister vor dem finanziellen Zusammenbruch; Giuseppe Baretti (gest. 1789)
wirft ihm in seinen Reisebriefen Leichtsinn und Eitelkeit vor. Der Verkaufskatalog, die
wichtigste Urkunde der Manufaktur, nennt ausführlich die vorhandenen Kartons und die
hiernach gewirkten und geknüpften Arbeiten.

Den Löwenanteil beanspruchen die Möbelbezüge. Wir finden Wandschirme mit Blumen-
sträußen und indischen Vögeln (auf blauem Grund), mit den Fabeln Äsops (in Anlehnung
an die Oudryschen Entwürfe), mit Landschaftsbildern usw.

Als große Serie erscheint lediglich eine Spät-Teniersfolge von fünf Behängen: „A Flemish
Feast, 13 ft. 6 in., the Gypsies, 12 ft. 4 in., Winter 10 ft. 8 in., a Fishmarket, 8 ft. 8 in.,
Cattle in a Landskip, 14 ft. 9 in."184). Es dürfte schwierig sein, lediglich an Hand des Inven-
tars Rückschlüsse und Zuweisungen an Parisots Atelier zu ziehen.

Der Erwerb der liquidierten Werkstatt durch den Straßburger Refugie Passavant und die
Überführung nach der Stadt Exeter findet lediglich in einem Schreiben (21. August 1760)
Barettis Erwähnung185); weitere urkundliche Nachrichten fehlen.
 
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