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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0224

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Schweden

erste Annahme spricht im wesentlichen die gelbe durch wenig Rot, Grün und Blau gehöhte
Farbenstimmung. Allerdings ist nicht zu vergessen, daß auch Oudenaarde in den fünfziger
Jahren ein ausgesprochenes Gelb bevorzugte; die gleiche Feststellung gilt für verschiedene
Behänge aus der Brüsseler Manufaktur der Geubels.

Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe, daß die technisch wesentlich vollendeteren Bordüren
— entsprechend wie bei dem Samuel-David-Teppich (Abb. 165) —, von Paul de Bucher,
der seit 1552 angestellt war, durchgeführt wurden, während Nils Eskilsson, der 1551 von
seiner Lehrzeit in Antwerpen (1549/50) zurückkehrte, die Mitteldarstellung übernahm. Die
Annahme hat um so mehr Aussicht, als die Technik der Bildmotive im Christus-Maria- und
im Samuel-David-Teppich eng verwandt ist.

Schwedischen Ursprungs ist wahrscheinlich der Bauerntanz (Abb. 166 a, H. 1,22 m,
L. 3,78 m), nach Vorlagen des Zeichners und Kupferstechers Franz Brun (in Straßburg
tätig). Die Farben sind lebhaft — Blau, Rot, Gelb, Grün, Orange, Weiß, Schwarz, Rosa —,
die Technik, namentlich in den gut ausgeführten Figuren, einwandfrei. Manche Einzelhei-
ten erinnern an die Erzeugnisse Wismars. Voraussichtlich kommt Daniel van Santhro oder
Gilius van Lönen als Meister in Frage. Ein weiterer Behang — Fragment eines Jagdteppichs
mit dem sächsischen Wappen (Abb. 32, H. 2,59 m, L. 1,57 m, im schwedischen Staats-
besitz) — ist eine Erstlingsarbeit der Torgauer Manufaktur des Heinrich von der Hohen-
muel (1535).

Zwei lange, niedrige metallgewirkte Rückenlaken — Meleagar tötet den Eber (Abb. 166 b,
H. 1,77 m, L. 3,30 m)4), die „Liebesquelle", nach der Umarbeitung eines Stiches des Mei-
sters E ■ S •, mit dem Wappen der Wasa in der Mitte der oberen Bordüre — dürften in
Schweden, wohl in dem Atelier des Paul de Bucher, entstanden sein; während der große
Esther- und Ahasverbehang (H. 2,70 m, L. 5,41 m) wahrscheinlich niederdeutsches Erzeug-
nis ist5).

Die von Dr. John Böttiger mit liebevoller Sorgfalt zusammengestellten Schloßinventare
vermögen den Blick nicht zu weiten, zumal eine Trennung der aufgeführten Behänge nach
flämischer und schwedischer Provenienz sich mit Sicherheit kaum durchführen läßt. Von
den urkundlich belegten Arbeiten Gunnars (1551), den Bankwirkereien mit dem schwedi-
schen Hoheitszeichen und drei Personen auf schwarzem Grund sowie den zahlreichen Kis-
senblättern ist leider kein Stück auf uns gekommen.

Die Stockholmer Werkstatt Eskilssons befindet sich, in Gestalt eines Wirkerei- und Fär-
bereibetriebes, 1568 in einem Haus bei der Schusterstraße, in der Nähe des Schlosses. Die
wesentlichste Serie aus den Ateliers Svartsjö, Stockholm und Kalmar, in den Jahren von

1560 bis 1569 entstanden, ist die metalldurchwirkte Geschichte der sagenhaften Könige
Schwedens. Den literarischen Leitfaden gibt die 1554 erschienene Schrift des letzten, seit
1526 in Rom im Exil lebenden katholischen Erzbischofs von Schweden, Johannes Magni,
die „Historia de omnibus Gothonum Sueonumque regibus". die die Ahnenreihe der Herr-
scher bis auf die Tage der Sintflut zurückführt. Als erster Fürst erscheint Magog, der Enkel
des Noah. Als Kartonentwerfer ist Dominikus ver Wilt bezeugt. Die Übertragung begann

1561 mit „König Sveno", wahrscheinlich im Atelier zu Kalmar durch Nils Eskilsson
(Abb. 167, H. 3,33 m, L. 2,97 m). Entwurf und wirktechnische Lösung zeigen ausgespro-
chen flämisches Gepräge; beachtenswert ist die Flora des Vordergrundes, die stark an die
gleichzeitigen Brüsseler Folgen erinnert. Die Bordüre weicht von dem niederländischen
Hohlkehlenmotiv ab; die vorzüglich durchgeführten biblischen Gestalten, Wappen und
Camaieus wirken wuchtig gegenüber dem fein detaillierten Mittelbild. Die Wirkerei steht
technisch und künstlerisch über den vorauf erwähnten ersten Erzeugnissen schwedischer
Herkunft. Der erste Sveno-Teppich wird 1564 von dem König zu Geschenkzwecken benutzt,
eine Wiederholung — der jetzt noch vorhandene Behang — übernimmt Nils Eskilsson

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