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1056

Bolley, vermischte juristische Aufsätze.

tembergischen Landrechts bekannt. Das Landrecht Th. II.
Th. 22. enthäh die merkwürdige Bestimmung:
„Welcher in gütlichen Verträgen, über den halben
Theil desjenigen, so ihm von Rechtswegen
gebührt hätte, verkürzt oder vernachtheiliget
worden, der mag entweder um Rescission oder
Aufhebung solchen Vertrags durch rechtliches Kla-
gen ansuchen, oder aber ihm den Mangel von sei-
nem Gegentheil nochmalen ergänzt zu werden be-
gehren."
Dieser Satz ist eine wahre mafe?' und selbst
diejenigen Juristen, welche eine Ausdehnung der Grund-
sätze von der sog. eaorm/s auf alle onerose Ver-
träge für civilistisch halten, müssen diese Bestimmung
als der Natur des Vergleichs widerstreitend anerken-
nen , da sie nicht nnr die Anfechtung des Vergleichs zu-
läfst, wenn Jemand bei dem Aufgeben der ihm gewifs
zustehenden Rechte, oder am Object desAergleichs bei
einer von beiden Theilen für gewifs angenommenen Aor-
aussetzung über die Hälfte verletzt ist, sondern auch
dann, wenn Jemand an dem, was als ungewisses Recht
Object des Vergleichs ist, enorm lädirt ist („so ihm
von Rechtswegen gebührt hätte"). Die Abhandlungselbst
ergiebt die Inconvenienz jener Bestimmung zur Genüge.
Sie hebt viele wohlthätige Folgen des Vergleichs auf,
und veranlafst die Parteien, den Procefs, der durch
Transigiren abgewendet werden sollte, nach allen Seiten
durchzufechten, wobei noch die sublime Frage sich er-
geben kann, ob das, „was einem von Rechts-
wegen gebührt," soviel heifstals das, was „einem
materiell an und für sich gebührt, oder das,
was man auf dem Rechtswege hätte erlangen, also was
man zum formellen Rechte hätte erheben können. Der
weitern Streitigkeiten, zu welchen allen diese letzte
Frage führen kann , ist ein Ende nicht abzusehen. —
fPet*
 
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