Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
414 Limburg-Brouwer: Histoire de la civilisation des Grees,
Aufsehen zu machen beabsichtigt; der methodische Gang der Un-
tersuchung, der es möglich macht, der Forschung Schritt vor
Schritt zu folgen und das Ganze zu überschauen, sind Eigen-
schaften, die uns auch bei der Durchsicht dieses Bandes sehr an-
gesprochen haben. Sein Inhalt ist zum Theil sehr wichtig, da er
grossentheils in das innerste Wesen der Nation, in ihre sittlichen
Zustände eingreift, und diese, wie sie sich durch äussere Einflüsse
gestalteten, aufzufassen und darzustellen sucht. Es ist daher eben
sowohl die Gesetzgebung des Staats, und der Einfluss hervorra-
gender und hochstehender Männer auf die übrige Menschheit
(chap. XIV.), als der Einfluss der Poesie (chap. XV.), der Phi-
losophie (chap. XVI. und XVII.), und der Religion, d. h. der
Priester und was dazu gehört (chap. XVIII. und XIX.), der hier
in seinem Verhältniss zu den sittlichen Lebenselementen der Na-
tion, diese bestimmend und gestaltend, in Untersuchung genommen
ist. Was den ersten Punkt, oder die Gesetzgebung im Allge-
meinen betrifft, so geht der Verf. von dem unbezweifelt richtigen
Satze aus, dass die Gesetzgeber Griechenlands überhaupt mehr
den Staat, als das einzelne Individuum berücksichtigten, welches
letztere nur in dem Grade Werth besitzt, als es zu Erreichung
der Zwecke des Staats im Allgemeinen förderlich seyn kann. So-
mit ist die Moralität des Einzelnen an und für sich in den Hin-
tergrund gestellt, und es wird keinem aufmerksamen Beobachter
entgehen können, wie darin überhaupt einer der Hauptunterschiede
der Gesetzgebung und des Staatslebens der Alten von der neue-
ren christlichen Zeit liegt. Es hängt dieser Punkt zusammen mit
der Erziehung, die allerdings im Alterthum mehr als jetzt Gegen-
stand der Gesetzgebung war, aber auch hier doch immer mehr nur
vom politischen als vom sittlichen Standpunkt aus , da am Ende
das Ziel aller Erziehung doch nur darauf hinauslief, den Knaben,
den Jüngling dereinst zu einem tüchtigen Staatsbürger zu bilden,
der im Stande sey, gegen den Staat allen den Pflichten zu genü-
gen, die dieser in seinem Interesse ihm auferlegt, während das
Individuum als solches gleichgültig bleibt, mithin von einer ei-
gentlich religiösen und moralischen Bildung, die nur den Men-
schen selbst und sein Inneres zu seinem Gegenstände hat, hier
gar nieht die Rede seyn kann. So musste darum in Griechenland
mit dem Verfall des alten, äusseren Wechselfällen ausgesetzten
Staatslebens, auch der sittliche Zustand "der Nation in ihren ein-
zelnen Individuen verfallen, und es ist eher zu verwundern f dass
das letztere nicht früher eingetreten istals es in der That der
 
Annotationen