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Nr. 19 HEIDELBERGER 1845.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.


Raiser: Nordendorfer Fund.

CSchluss.)
Die Gräber sind, wie bemerkt, alle von gleicher Weise. Und
Celten, Römer und Suev-Alleruannen sollten wirklich auf gleiche Weise
ihre Todten bestattet haben? Wie so ganz anders sind die wirklichen
Grabmonumente der Celten in Gallien selbst! Wem wäre bekannter, als
dem so vorzüglich unterrichteten Herrn von Raiser, wie auf ganz an-
dere Weise die Römer ihre Todten begruben oder die Urnen mit der
Asche und den Ueberresten der Gebeine ihrer Freunde beisetzten? —■
Die Gräber zeigen Eine Cultur-Stufe. Aber nicht auf Einer, am wenig-
sten auf einer ganz gleichen Cultur-Stufe mit gleichen Grabgebräuchen
und gleicher Ausstattung der Todten standen die Celten und die Römer
und die Sucv - Allemannen. — Also anch haben sich keine Gebeine in
blosser Erde aus der celtisehen Zeit bis heute erhalten, wie man bei
Nordendorf noch ganze Skelette findet. Dazu übersehe man die Menge
des Silbers nicht, das in diesen Gräbern erscheint, tlieils ganz rein, theils
in einer eigenen, silberartigen Metalimisehung mit starker Vergoldung,
theils in mannigfaltigen, mit Silber eingelegten Eisenarbeiten. Dieses
Silber gehört nicht der alten Celtenzeit, sondern der jüngsten Zeit des
Alterthuracs, der schon christlich-germanischen Zeit an, wie dieses in
dem Leitfaden zur nordischen Altertbumskunde in Kopenhagen so gründ-
lich dargetban ist. Auch diese Schlangen- und Draclienzieratbeii, diese
wundersamen Vögel- und andern phantastischen Thiergestalten, diese
sich zusammen ballenden Frösche, wie wir sie auch an den ältesten
deutschen Capellen, Kirchen und Domen schauen, gehören nur diesem
spätem, so zu sagen silbernen Zeitalter nn. —- Und endlich, was die
Hauptsache ist, diese Nordendorfer Gräber stehen keineswegs so verein-
zelt und abgesondert allein da, wie sie von Herrn von Raiser abge-
handelt werden. Warum sollen und wollen wir nicht sie vielmehr be-
trachten in dem Zusammenhänge mit den vielen andern gleichen Grä-
bern dieser Art? Denn wir haben in deutscher Erde noch nicht Hun-
derte, sondern Tausende solcher Gräber, wie die Nordendorfer
sind. Sie ziehen von der Bergstrasse und der Umgegend von Mannheim
und Schwetzingen längs des rechten Rheinufers und auch in dem Neekar-
thale hinauf, zumal unfern Freiburg bei Ebringen, und unfern Rottweil
bei Kühlingen, bis Basel, bis zu dem grossen Leichenfelde bei Kaiseraugst,
das Herr Schmidt geöffnet hat; dann über den Rhein in die Schweis
XXXVIU Jahrg. 2. Doppelheft. 19
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