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Nr. 60.

HEIDELBERGER

1853.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Kurze Anzeigen.
(Schluss.)
Nasse,Heinroth,Grohmann,MaxJacobi hatten durch ihre Schrif-
ten den grössten Einfluss auf die psychiatrische Ausbildung des neuen Irren-
arztes. Das Unzweckmässige einer Vereinigung zwei so verschiedener Anstalten,
wie eines Institutes für Geistesgestörte und eines Siechenhauses, sah Groos
schon im Anfänge seiner Wirksamkeit ein , und bot alle seine Anstrengung zur
Trennung der beiden Anstalten auf. Seine Bemühungen gelangen ihm. Die
Irrenanstalt zu Pforzheim wurde nach Heidelberg unter der Leitung un-
seres Groos und seines trefflichen Assistenten Dr. R ο 11 er, nunmehrigen Irren-
hausdirektors zu Illen au und Geheimen Hofraths, verlegt, während die Siechen-
anstalt zu Pforzheim unter der Direktion des ausgezeichneten Arztes, Hofraths
Dr. Müller verblieb. Groos hatte in seinem neuen Berufskreise zu Heidel-
berg neben der Leitung der neuen abgesonderten Heilanstalt für Gestörte die
Aufgabe, Vorlesungen über Geisteskrankheiten zu halten.
Zu diesem Zwecke erschienen die Schrift über „das Wesen der See-
len Störung en und ein daraus hergeleitetes Eintheilungsprincip
derselben“ und sein Hauptwerk: „Entwurf einer philosophischen
Grundlage für die Lehre von den Geisteskrankheiten“.
Die ausgezeichnete Tbätigkeit des mit tiefem Blicke und der reinsten
Humanität in das innerste Wesen der Scelenstörung eindringenden Heilkünstlers
wurde in vielseitiger Weise anerkannt. Groos wurde Mitglied mehrerer ge-
lehrten Gesellschaften, und erhielt von seiner Regierung den Charakter eines
Hofraths und die Insignien eines Ritters vom Zähringerlöwenorden.
Die erschöpfenden Geislesanslrengungen riefen häufig wiederkehrende
Schwindelanfälle hervor. Der ermattete Organismus bedurfte der Erholung.
Groos wurde nach seinem Wunsche 1836 in den Ruhestand gesetzt, setzte
aber bis ins höchste Greisenalter seine immerdar einer lichtvollen und philoso-
phischen Religiosität und Humanität zugewendete, schriftstellerische Thätigkeit fort.
Im Ganzen sind ohne die vielen, in den Heidelberger Jahrbüchern,
fi der Jenaischen allgemeinen Literaturzeitung, in den Zeitschriften von
Nasse, Friedreich u.A. erschienenen, psychiatrischen Anzeigen und Abhand-
lungen von Groos vom Jahre 1818 bis zum Jahre 1850 vier und zwanzig
selbstständige Schriften im Drucke ausgegeben worden.
Groos stand als Seelenarzt weder auf der Seite dei· Somatiker, welche
den Grund der Geistesstörung allein in die Desorganisation des Körpers verlegen,
noch auf der Seite der Psychiker oder Pneumatik er, welche die Ursache
der Gemüthskrankheit allein in einem gestörten geistigen Princip, in der Seele
selbst finden wollen. Er machte darauf aufmerksam, dass die ausgezeichnetsten
Irrenärzte, wie Esquirol, Pinel u. A> eben so sehr physische, als psy-
LXVI, Jahrg. 6. Doppelheft. 60
 
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