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Neueste Sammlung Griechischer und Römischer Classiker.

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raschen und ungestörten Fortgang desselben, wie von der günstigen Aufnahme,
welche dasselbe mit gutem Grunde bei demjenigen Publikum gefunden, für
das es zunächstbestimmt ist. Was den allgemeinen Charakter dieses Unternehmens
betrifft, welches einen dem classischen Alterthum ferner stehenden Kreis von
Gebildeten mit den Meisterwerken desselben näher bekannt machen soll, inso-
ferne diese ihm in Uebertragungen vorgelegt werden, welche, in möglichster
Treue bei sorgfältigem Anschluss an das Original gehalten, doch auch die
Anforderungen unserer Sprache auf gleiche Weise berücksichtigen und durch
keine Härte abstossen, so ist darüber bereits früher das Nöthige bemerkt wor-
den, was namentlich von den hier angezeigten Fortsetzungen einiger schon
früher angefangenen Autoren gelten mag.
Von griechischen Autoren erscheint hier der erste Theil der Homeri-
schen Ilias, von der Hand eines anerkannten Meisters, der seine grosse
Kunst und Gewandtheit auf diesem Gebiete überhaupt, in der vorliegenden
Uebertragung aufs Neue bewährt hat. Wenn die Treue des Ganzen sorgfältig ge-
wahrt und das antike Colorit keineswegs verwischt ist, so werden wir andererseits
keine von den Härten wahrnehmen, die eine früher so verbreitete Uebertra-
gung oft so ganz ungeniessbar machen. Um davon eine kleine Probe zu geben,
setzen wir eine längere Stelle des sechsten Gesanges, aus dem sogenannten
Abschied Hektor’s und Andromache’s hierher, und beginnen mit dem Schluss
der an Hektor von Andromache gerichteten Ansprache Vers 429 ff.:
Hektor, so bist du Vater mir jetzt und würdige Mutter,
Du mir Bruder zugleich, du bist mein blühender Gatte!
Darum erbarme dich jetzt, und verweile dich hier an dem Thurme;
Mache doch nicht zur Waise das Kind, zur Wittwe die Gattin!
Stelle das Heer dort hin an den Feigbaumhügel; die Stadt ist
Dort ja so leicht zugänglich und leicht zu berennen die Mauer.
Dreimal stürmten bereits die Gewaltigsten dort und versuchten’s,
Kühn um das Ajaspaar und des Atreus Söhne sich schaarend,
Auch um den fernegepries’nen Idomeneus und Diomedes,
Sei’s dass ihnen vielleicht ein kundiger Seher es eingab,
Oder des eigenen Muthes Gelüst sie stachelt und aufregt.
Ihr antwortete Hektor, der Held mit dem wogenden Helmbusch:
Mich auch härmt diess Alles, o Frau; doch scheu’ ich der Troer
Männer zu sehr und die troischen Frau’n in den langen Gewänden,
Wenn ich, dem Feiglinge gleich, abseits mich entzöge dem Kampfe.
Auch mein Herz wehrt solches; ich lernte ja, tapferen Muthes
Immer zu sein und im Kampfe zu steh’n mit den vordersten Troern,
Ringend zugleich für des Vaters erhabenen Ruhm und den meinen.
Denn das weiss ich gewiss in der innersten Brust und im Herzen:
Einst wird kommen der Tag, da Troja, die heilige, hinsinkt,
Priamos auch und die Völker des wurfspeerschwingenden Königs.
Doch nicht kümmert mich so das Geschick, das künftig der Troer
Oder der Hekabe selbst und Priamos’ wartet, des Herrschers,
Oder der Brüder Geschick, die, viel’ an der Zahl und so tapfer.
Dann in den Staub hinsänken, von feindlichen Männern erschlagen,
Als dein Loos, wenn Einer der erzumschirmten Achäer
Weg die Weinende führte, der Freiheit Tag dir entreissend,
Wenn du, nach Argos geschleppt, für die Herrscherin wöbest am Webstuhl,
Oder das Wasser vom Quell Hypereia’s oder Messeis
Trügst, mit heftigem Sträuben dem eisernen Zwange gehorchend.
Ja, dann sagt wohl Mancher, gewahrt er dich Thränen vergiessend:
 
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