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Nr. 24.

HEIDELBERGER

1856.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.

(Fortsetzung.)

Einen neuen Beweis hierfür liefert selbst das chamavische Weis-
thum Cap. 15, wo ausdrücklich „sacramentum promittere“, als Ge-
gensatz von „sacramentum jurare“ ganz in derselben Weise steht,
wie, nach den bereits gegebenen Nachweisungen, das in den anderen
fränkischen Rechtquellen häufig vorkommende „sacramentum adhra-
mire“ sich zu dein „sacramentum jurare“ verhält. Ein weiterer
Beleg dafür, dass bei dem „adhramire“ des Wa&tm und der Sa-
cramenta gerade an ein gerichtliches Geloben (in judicio
spondere) zu denken ist, wird sich ergeben, wenn es gelingt, den
richtigen Sinn jener einander offenbar nachgebildeten Stellen zu ent-
decken, in welchen für „adhramita Sacramenta“ auch gelesen wird:
„Sacramenta judicata“, z. B. Cap. 1. a. 809. c. 29. Georgisch
p. 741, 742 „Sacramenta quae ad palatium fuerint judicata
ibi finiantur“, verglichen mit dem schon oben angeführten Cap. II.
a. 809. c. 14. Georgisch p. 748: „Ut sacramenta, quae in
palatio fuerint adhramita, in palatio perficiantur“; ebenso
Capp. Lib. III. Cap. 58; Georgisch pag. 1368. Es sind hier
nur zwei Möglichkeiten: entweder die Ausdrücke „sacramenta ad-
hramita“ und „sacramenta iudicata“ sind gleichbedeutend,
oder sie haben an sich eine verschiedene Bedeutung, stehen
aber doch in einer engen Beziehung zu einander. Für das Er-
stere scheinet die unmittelbare Stellung des „judicata“ in dem einen
Capitulare an demselben Platze, wo in dem anderen Capitulare „ad-
hramita“ steht, zu sprechen, wonach also judicare als die lateinische
Uebersetzung von adhramire zu betrachten wäre. Aber wenn auch
dies als die richtige Erklärung des Verhältnisses der Wörter adhramire
und judicare zu einander zu betrachten wäre, so würde doch hierdurch
die vorhin behauptete Bedeutung des adhramire als gerichtli-
ches Geloben, spondere in judicio, nicht im Mindesten erschüt-
tert werden. Es brauchte sodann nur daran erinnert zu werden,
dass „judicare“ im mittelalterlichen Latein nicht allein heisst: „ein
Urtheil fällen als Richter“, sondern dass dieser Ausdruck
auch von Erklärungen der Partheien vor Gericht, aber
nur in solchen Rechtsgeschäften gebraucht wird, deren Wesen
darin besteht: erstlich, dass eine Person eine Verfügung über
ihre Sachen, ihr Vermögen, oder ihre Leistungen macht, sei es unter
Lebenden oder von Todeswegen, welche nur von ihrem eigenen

XLIX. Jahrg. 5. Heft.

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