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368

Gaupp: Lex Fraucorum Chamavorum.

vorschwebt, so erklärt sich recht gut, warum es den Freien nur zu
„unum wadium“ verurtheilt. Die dritte Stelle des chamavischen
Weisthumes, welche wir zu betrachten haben, ist Cap. 48. Sie lautet:
„Si für de septem latrociniis comprobatus fuerit, exiet ad judicium.
Si ibi incenderit, tradant eum ad mortem. Et posteaquam ad ju-
dicium ambulaverit, si ibi non incenderit, tune liceat suo seniori
wadio suo illum adhramire, et pro eo emendare ac de
morte liberare.“ Hier begegnet uns wieder das „wadium adhra-
mire“, wie im Cap. 16 unseres Weisthumes. Der Sinn ist: „wenn
der als siebenfacher Dieb überwiesene Lidus (denn von einem solchen
kann hier nur die Rede sein), das Ordale besteht, ohne sich die
Hand zu verbrennen, so darf ihn sein Herr durch sein feierliches
gerichtliches Angelöbniss, die Bussen u. s. w. bezahlen zu wollen,
lösen und von der Todesstrafe erretten.“ Hier ist sicher nicht an
Bürgschaft im heutigen juristischen Sinne dieses Wortes zu den-
ken, sondern der Herr bietet sich hier aus Mitleid als Selbst-
schuldner an; denn dass ein solcher lidus, der als siebenfacher
Dieb prozessirt wird, überhaupt nicht wohl ein zahlungsfähiger oder
einen Bürgen im römischen Sinne zu stellen fähiger Mann sein
kann, darf wohl vorausgesetzt werden, und zwar um so mehr, als
Diebstähle überhaupt nicht leicht von vermöglichen Leuten began-
gen werden. Von einem wadium als Pfand oder Aequivalente,
woran Gaupp S. 72 denkt, ist hier offenbar nicht die Rede. Zu
dieser letzteren Vermuthung scheint aber Gaupp durch die von
Einigen aufgestellte eigenthiimliche Etymologie von adhramire ge-
kommen zu sein. Ich habe über dieses vielbesprochene Wort hier
nur so viel zu bemerken, dass, welches auch immer seine etymolo-
gische Ableitung sein mag, es in den fränkischen Rechtsquellen durch-
aus die Bedeutung von feierlichem Spondere oder Promittere hat,
und vielfach ausdrücklich so erklärt wird.

von wilden d. h. jagdbaren Thieren aufzähit, für deren Entwendung, wenn
sie gezähmt „domili“ sind, d. h. überhaupt in einem Gehäge gehalten wer-’
den, also für den Fall des Wilddiebstahles im engem Sinne, in
wörtlicher Uebereinstimmung mit dem chamavischen Weisthume Cap. 24,
„Moreni geldi“ bezahlt werden müssen, mit Ausnahme des Bären (ursus),
für welchen, er mag getödet oder gestohlen werden, (welches letztere
nicht leicht zu bewerkstelligen gewesen sein möchte, und wohl auch we-
nig Reitz haben mochte), nur 6 Sol. zu bezahlen sind. Nur der Unter-
schied findet statt, dass die L. Alam. hierbei die Ausdrücke: „si involatus
est“ und „si furalus estu abwechselnd in ganz gleichem Sinne gebraucht. Ganz
dasselbe bestimmt das Edictum Rotharis c. 320, 321 (a Vesme c. 315, 316)
von den gezähmten, d. b. auf dem Hofe oder in einem Gehäge gehaltenen
Hirschen und Federvieh, aber nur den Ausdruck: „si faraverit“ gebrauchend,
und mit der (scheinbaren) Abweichung, dass der achtfache Werth („reddat
s. componat in octogilt s. actogild“) gezahlt werden muss. Berücksichtigt man
aber, dass sich die Rückgabe des gestohlenen Stückes oder der Ersatz seines
Werthes dabei von selbst verstand, so hat man auch hier wieder die „novem
geldos“, und diese scheinen daher die fast allgemein übliche Compositio für
einen Wilddiebstahl aus einem Gehäge oder den Diebstahl mit Einsteigen und
Einbruch gewesen zu sein.

(Fortsetzung folgt.)
 
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