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Nr. 23. HEIDELBERGER 1856.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gaupp: Lex Francorum Chamavorum.
(Fortsetzung.)

Von diesen wargangis berichtet uns das Edictum Rotharis
Cap. 390 (367) weiter, erstlich, dass sie nach dem Volks-
rechte der Lombarden, als des Volkes, dessen König sie auf-
genommen hatte, leben mussten, wenn sie nicht durch besondere
Gnade des Königs die Erlaubniss erhielten, ihr an geb ornes Volks-
recht beizubehalten („legibus nostris Langobardorum vivere de-
beant, nisi si aliarn legem a pietate nostra [al. ad pietatem no-
stramj meruerint“); und zweitens, dass sie bei Ermangelung von
legitimen Kindern nicht über ihr Vermögen von Todeswegen
verfügen durften, sondern dieses dem königlichen Fiskus zu-
fiel. Man wird wohl annehmen dürfen, dass die wargengi, d. h.
die fremden heimathlosen Einwanderer, bei den Franken und ande-
ren deutschen Völkern in gleicher oder ähnlicher Weise behandelt
wurden, wie bei den Langobarden. Der Wargengus steht daher
wohl unverkennbar in einer nahen Beziehung zu dem „Barbaras,
qui lege Saliga vivit“ in L. Sal. Herold. 44; em end. 43; Merkel
41. §. 1. de homicidiis ingenuorum, der daselbst neben und un-
mittelbar nach dem freien Franken (ingenuus Franco) genannt ist,
und mit demselben das gleiche Wehrgeld von 200 Sol. hat; daher
dann auch bei ihm, wenn er in truste regis ist, gleich den freien
Franken (ibid. §. 4) die Erhöhung des Wehrgeldes auf 600 Sol. eintritt.
Die Annahme, dass der Wargengus auch bei den Franken, wie bei den
Langobarden, als königlicher Mundmann behandelt wurde, findet auch
in dem noch spät als ein Königsrecht geübten sogen. Wild längs -
rechte, d. h. dem Rechte, herrenlos herumstreifende Leute oder Va-
gabunden als königliche Leibeigene, somit als der strengsten Form
des königlichen Mundium oder Bannus unterworfene Personen, zu
erklären, eine unzweifelhafte Bestätigung. Mit den Grundsätzen des
langobardischen Rechtes stimmt nun aber auch das Cap. 9 des cha-
mavischen Weisthums in merkwürdiger Weise zusammen. Es muss
sogleich auffallen, dass bei dem Wargengus des Cap. 9 keine Na-
tionalität, noch ein anderer Geburtsstand, als Grundlage der Ver-
dreifachung seines Wehrgeldes unterschieden wird, während die nati-
vitas sehr scharf in Cap. 7 und 8 bei Berechnung des dreifachen
Wehrgeldes des Comes und des Missus regis zu Grunde gelegt wird.
Erwägt man nun, dass die Etymologie des Wortes Wargengus (mag
man nun an varen, faran, gehen, fahren oder an War, Krieg und
XLIX. Jahrg. 5. Heft. 23
 
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