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352 Gaupp: Lex Francorum Chamävoruni.
tnännes beilegt, als wäre dieser jetzt gleichsam ein Königsverwandter
durch den engeren Verband geworden, in welchen er als Trustit)
zum Könige getreten ist; in Bezug auf den ingenuus in hoste, der
durch seinen Kriegsdienst nur eine gemeine Landeslast trägt, ist
aber nicht einmal ein Schein der Möglichkeit einer solchen Fiktion vor-
handen, und ein Versuch des Fiskus, das Wehrgeld eines solchen Mannes
sich mit Ausschluss der Kinder und Verwandten zuzueignen, würde
in jenen Zeiten sicher überall auf einen handgreiflichen und un-
überwindlichen Widerstand gestossen sein. Zwischen der Stellung
eines Trustio und der eines in hoste zum König ist meines
Erachtens durchaus keine Gleichheit vorhanden, ja nicht einmal eine
Analogie statthaft. Gerade also dann, wenn der Wargengus des
Cap. 9, so wie G a u p p will, der ingenuus in hoste wäre, müsste
der Natur der Sache nach der Text des Cap. 9 als corrumpirt er-
klärt werden und dann wäre auch in dieser Stelle eine ähnliche
Emendation, wie sie von mir in Cap. 3 vorgeschlagen worden ist,
ganz unabweisbar; und müsste Cap. 9 nothwendig so gelesen werden:
„Si quis wargengum occiderit, solidos sexcentös componat, et pro
fredo solidos ducentos in dominico componat.“ Will man aber diese
Emendation nicht machen, und ich glaube nicht, dass man hierzu
berechtigt ist, so muss dem Wargengus in Cap. 9 nothwendig eine
andere Bedeutung als die eines ingenuus in hoste beigelegt werden;
es muss ein solches Verhältniss desselben zum Könige nachge-
wiesen werden, aus welchem sich erklären lässt, wie es gerade der
Fiskus sein muss, der ein ausschliessliches Recht auf das Wehrgeld
des Wargengus haben kann, selbst dann, wenn, wie ich als das
Richtige erachte, der Fiskus kein Recht auf das Wehrgeld des
homo Francus haben kann. Dieses eigentümliche Verhältniss
könnte aber wohl nur folgendes sein. Die einzige Stelle in den
Rechtsbüchern des Mittelalters, welche bestimmt erklärt, was war-
gangi, guargargi, gargangi, varganei, varegangi, varengan-
gi u. s. w. sind, ist das Edictum Rotharis Cap. 390 (bei Baudi
a Vesme Cap. 367j. Auf die Begriffsbestimmung dieser gleichzei-
tigen Rechtsquelle muss ein um so grösseres Gewicht gelegt werden,
als dieselbe mit offenbar praktischer Tendenz abgefasst ist, und ihr
Verfasser mit derartigen Personen zu thun hatte, und also wissen
musste, wer sie sind. Das Edictum Rotharis erklärt nun aber die
waregangi oder guargangi als Leute, „qui de exteris finibus in
regni nostri finibus advenerint, seque {al. sequens) sub scuto (al.
scutum) potestatis nostrae subdiderint.“ Die Waregangi sind dem-
nach alienigenae, extorres, advenae\ fremde, heimathlose Einwanderer,
welche der König förmlich in seinen Schutz (scutum potestatis, gleich-
bedeutend mit mundiburdium, fränkisch bannus regis) aufnimmt; die
also eigentliche Mundmannen, d. h. Schützlinge des Königs werden.
(Fortsetzung folgt.)
 
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