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164 Weinholtz: Da« organisch-idealistische System d. Philosophie.
die ersten Anfänge unserer spätem Erkenntnissbildung Empfindungen
seien; er führt ebenso richtig die Entwicklung der geistigen Thätig-
keiten, welche wir mit dem Namen des Fühlens, Denkens, Wollens
und in ihrer Offenbarung des Sprechens und Handelns bezeichnen,
auf zwei Factoren zurück, eine Erregungsfähigkeit im Innern des
Organismus und eine von Aussen auf diese wirkende und die Er-
regtheit zur Folge habende Erregung.
Allein, wenn auch diese beiden sich in der Gefühlsthätigkeit
zeigenden Factoren richtig unterschieden werden; so ist damit für
die Thatsache des Fühlens nichts, dasselbe vom Leben an sich spe-
cifisch Unterscheidendes gewonnen. Denn auch das Leben selbst,
abgesehen von dem Gefühle, das in sich selbst gefühlslose Leben
der Pflanze setzt, zur Entwicklung zu kommen, Erregungsfähigkeit
im Innern des Organismus und Erregung von Aussen voraus, ist,
wie das Fühlen, nur in anderer Weise, Erregtheit.
Den specifischen Charakter des Lebens, das wir Fühlen nen-
nen, will nun der Herr Verfasser in folgender Weise gewinnen.
Die Erregung beim Fühlen ist nach demselben S. 2 „ein Zu-
stand, der durch eine Störung des vorhergehenden, persönlichen Zu-
standes veranlasst wird, oder sich auf eine solche Störung bezieht.
Die Erregung hat den Keim der Entgegnung und Widersetzung in
sich, in welche die Erregung übergeht, wenn ihre Ursache sich er-
hält, und wenn nicht durch Abwendung der Person von dem Ge-
genstand oder durch andere Hülfe die Erregung beseitigt wird. Die
durch Inneres entstandene, den innere Organismus des Menschen
betreffende Erregung bezieht sich auf Hemmung und Störung orga-
nischer Thätigkeiten, oder auf Verletzung, Bedrückung, Ueberreitzung
und Erschlaffung der Organe, indem eine solche eben, wie die sich
auf andere Erregung beziehende Störung, als Unangenehmes empfun-
den wird“ „Das Unangenehme ist Mittel zur Erweiterung und
Entwickelung persönlicher Zustände und Verhältnisse, indem es die
Thätigkeit erregt zur Wiederherstellung des Angenehmen, das über-
haupt zur Lebenserhaltung des Menschen nothwendig ist, und das
insbesondere mit seiner Wiederherstellung zugleich einen Fortgang
zu gewähren vermag“ »Die mit der Aufhebung der Erregung
geschehende Hervorbringung eines angenehmen Zustandes veranlasst
die Beachtung des die Störung und Erregung bewirkenden, wie
desjenigen, wodurch dieselbe aufgehoben wird.“
Man findet in dieser Anschauung Anklänge der Herbart’sehen
Lehre von den Vorstellungen als Selbsterhaltungen der Seele gegen-
über ihren Störungen oder Hemmungen. Erregung ist keine blosse
Störung, sie wird nicht immer als Unangenehmes empfunden, sie
muss nicht immer aufgehoben werden, um eine angenehme Empfin-
dung in uns hervorzurufen. Die Erregung kann, je nach dem sie an
sich und in ihrer Beziehung zu dem erregungsfähigen Organismus
betrachtet wird, angenehm und unangenehm sein. Sie wird es erst
in uns und nicht durch Aufhebung der Erregung, sondern durch
 
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