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Zimmermann: Geschichte des Bauernkriegs.

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Diese Grässlichkeit wird von einem Nassauischen Pfarrer, Ple-
banus (Völker) aus Miehlen, in dem noch handschriftlich vorhan-
denen Tagebuch vollkommen im Einzelnen bestätigt. „In meinem
Hinübergehen, heisst es da S. 268, bin ich auch nach Endlichhofen
kommen, darinnen nicht ein lebendiger Mensch gewesen, allein
zwei starke Hunde vor Michelgras Haus angetroffen, welche mich
grässlich angesehen, worüber ich mir die Gedanken gemacht, es
würden todte Menschen in diesem Haus liegen, bin hinein, jedoch
mit Furcht gegangen, da ich gleich vornen im Hause einen Men-
schen gefunden, dem der Hals, Achseln, Arme u. s. w. abgefressen
waren, auch der Kopf nicht zu finden gewesen. In der Stube ha- '
ben etliche Bücher auf der Erde, alte Kleider, Lumpen, dergleichen
auch etliche Bein und Knochen von Kindern gelegen. Und sollen
in diesem Hause drei Kinder von den Hunden sein gefressen wor-
den ; sind also in diesem Dörflein acht Menschen in ihr bestialisches
Gedärm begraben worden. — Im Dorfe Ruppertshofen hat die
Kubhirtin von ihrem todten Mann gerissen und geschnitten, solches
gekocht und mit ihren Kindern gegessen, auch ihrem Vater die
Schenkel abgehauen, gewaschen, gekocht, dergleichen den Kopf auf-
gethan, gesotten und gefressen.“ In den zerstörten Dörfern hausten
Hasen, Füchse und andere wilde Thiere. „Meister Femetz, berichtet
Plebanus, schoss in dem öden Nastätten einen Hasen von der Rath-
hausstiege herab, wurde aber darüber in der Einsamkeit von so
grosser Furcht angewandelt,. dass er sich von dannen gemacht hat“
(S. 275). —
Eine gräuliche Scbreckensscene erlebte auch Wiesbaden,
als es 1644 von den Baiern besetzt und Stunden lang gemisshan-
delt wurde. „Es sei kein Wunder, äusserte später der Churmainzi-
sche Gesandte, wenn man gegen solche barbarische Truppen nicht
etwa Franzosen, sondern selbst Türken und Tataren zu Hilfe rufe“
(S. 409). —
Diese Züge werden hinreichen, um den geschichtlichen Werth
des grösstentheils aus archivalischen Quellen hervorgegangenen Buchs
zu bezeichnen. Seine stillschweigende Hauptlehre gehet natürlich
wider Glaubenszwietracht und bürgerlichen Unfrieden.
Jenem kann man am Besten durch Duldsamkeit, diesem durch zweck-
mässigen Fortschritt begegnen. —

Geschichte des grossen Bauernkriegs. Nach den Urkunden und Augen-
zeugen von Dr. Wilh. Zimmermann. Neue ganz umge-
arbeitete Auftage. Erster Band, XVIII, 516. Zweiter Band
610. 8. Stuttgart. Rieger’sehe Buchhandlung. 1856.
Mit Recht darf der Verfasser diese zweite Bearbeitung seines
Werkes eine vielfach umgewandelte nennen; sie hat eben so sehr
 
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