412 Windscheid: Die Actio des römischen Civilrechts etc.
fen dann die Actionen in die Rechtsgeschichte verwiesen werden?
und in welche? in die Geschichte des römischen R., welches die
Actionen erzeugt hat? oder in die Geschichte, welche ihnen den
Untergang bereitet hat? und ist diese Geschichte schon geschehen?
oder soll sie noch erst geschehen?
In die Geschichte des röm. R., welches die Actionen erzeugt
hat, gehört allerdings eine untergegangene Actio. Sie ist die, mit
welcher das defendere vom Beklagten gefordert wird. Sie ist nata
sobald die Obligation perfect ist (Arcb. f. pract. Rechtswiss. IV.
S. 87 ff. 95). So lange sie sich erhielt, war die obligatio nur wirk-
sam als ein Factor der actio, welcher ihr die Kraft gab, den Be-
klagten, sofern ihm nicht ein anderes defendere gelang, zu nöthigen,
es mittelst Zahlungsleistung zu bewerkstelligen (ebendas. S. 91 ff.).
Ihr gegenüber betrachtet die heutige Theorie allerdingt die Klage
als die Berechtigung eine Handlung des Beklagten, beziehungsweise
eine Anerkennung eines Rechts und die Restitution seines Gegen-
standes, zu fordern; eine Berechtigung, die sich der obligatio als
ein Mittel ihren Gegenstand zu erlangen, zur Seite stellt. Diese
Bedeutung aber hat die actio bereits in dem Actionensystem des
Justinianischen Rechts (ebend. S. 91 ff.). Ein jus persequendi in
judicio quod sibi debetur, ist die actio in der einen wie in der an-
dern Gestaltung. Aber in der neuern Gestaltung tritt die actio nicht
von der Begründung der obligatio an, in deren Verrichtung ein,
sondern ist erst nata, wenn mit ihr eine Handlung des Beklag-
ten u. s. w. gefordert werden kann. Dass die Klage neben einem
Mittel zum Fordern auch ein Mittel zum Einleiten eines Rechtsstreits
ist, und in dieser zweiten Bedeutung eine andere Verrichtung hat,
als die der Obligatio ist, schliesst die erste Bedeutung nicht aus;
wenn auch diese an die Gestaltung der obligatio, die zweite an die
Gestaltung des Prozesses sich knüpft. Ob sie in der zweiten Be-
deutung ein Mittel ist, Verletzung abzuwenden, oder vielleicht auch
für den Verf. nicht (S. 2. 3); ist für eie erste Bedeutung ganz
gleichgültig. Eine Verschiedenheit des Standpunkts des Justiniani-
schen Rechts, und der heutigen Theorie, in Ansehung der ersten
Bedeutung der actio, besteht also nicht; und es stellt als ein be-
sonderer Standpunkt des Verf. sich nur der heraus, dass die heutige
Rechtsanschauung einen andern Standpunkt einzunehmnn habe, weil
sie nicht erfassen könne, dass wenn man eine Klage habe, man da-
mit auch einen Anspruch habe. Den Römern heisst es, sei die
Actio ein Ding für sich, mit selbständigem Sein und Leben, ein We-
senhaftes, Körperhaftes, gewesen, für uns (?) sei das Klagerecht
nichts als ein Schatten des Rechts, ein Ding, dass in diesem auf-
gehe, nur von ihm sein Leben herleite (S. 229). Von diesem Stand-
punkte wird den Verf. niemand verdrängen wollen. Er kann ihn
behaupten, wenn er sich darauf beruft, dass die heutige Prozess-
behandlung die innere Verbindung der Klageberechtigung mit dem
Prozessverhältnisse nicht zu vermitteln wisse. Kann aber dadurch
fen dann die Actionen in die Rechtsgeschichte verwiesen werden?
und in welche? in die Geschichte des römischen R., welches die
Actionen erzeugt hat? oder in die Geschichte, welche ihnen den
Untergang bereitet hat? und ist diese Geschichte schon geschehen?
oder soll sie noch erst geschehen?
In die Geschichte des röm. R., welches die Actionen erzeugt
hat, gehört allerdings eine untergegangene Actio. Sie ist die, mit
welcher das defendere vom Beklagten gefordert wird. Sie ist nata
sobald die Obligation perfect ist (Arcb. f. pract. Rechtswiss. IV.
S. 87 ff. 95). So lange sie sich erhielt, war die obligatio nur wirk-
sam als ein Factor der actio, welcher ihr die Kraft gab, den Be-
klagten, sofern ihm nicht ein anderes defendere gelang, zu nöthigen,
es mittelst Zahlungsleistung zu bewerkstelligen (ebendas. S. 91 ff.).
Ihr gegenüber betrachtet die heutige Theorie allerdingt die Klage
als die Berechtigung eine Handlung des Beklagten, beziehungsweise
eine Anerkennung eines Rechts und die Restitution seines Gegen-
standes, zu fordern; eine Berechtigung, die sich der obligatio als
ein Mittel ihren Gegenstand zu erlangen, zur Seite stellt. Diese
Bedeutung aber hat die actio bereits in dem Actionensystem des
Justinianischen Rechts (ebend. S. 91 ff.). Ein jus persequendi in
judicio quod sibi debetur, ist die actio in der einen wie in der an-
dern Gestaltung. Aber in der neuern Gestaltung tritt die actio nicht
von der Begründung der obligatio an, in deren Verrichtung ein,
sondern ist erst nata, wenn mit ihr eine Handlung des Beklag-
ten u. s. w. gefordert werden kann. Dass die Klage neben einem
Mittel zum Fordern auch ein Mittel zum Einleiten eines Rechtsstreits
ist, und in dieser zweiten Bedeutung eine andere Verrichtung hat,
als die der Obligatio ist, schliesst die erste Bedeutung nicht aus;
wenn auch diese an die Gestaltung der obligatio, die zweite an die
Gestaltung des Prozesses sich knüpft. Ob sie in der zweiten Be-
deutung ein Mittel ist, Verletzung abzuwenden, oder vielleicht auch
für den Verf. nicht (S. 2. 3); ist für eie erste Bedeutung ganz
gleichgültig. Eine Verschiedenheit des Standpunkts des Justiniani-
schen Rechts, und der heutigen Theorie, in Ansehung der ersten
Bedeutung der actio, besteht also nicht; und es stellt als ein be-
sonderer Standpunkt des Verf. sich nur der heraus, dass die heutige
Rechtsanschauung einen andern Standpunkt einzunehmnn habe, weil
sie nicht erfassen könne, dass wenn man eine Klage habe, man da-
mit auch einen Anspruch habe. Den Römern heisst es, sei die
Actio ein Ding für sich, mit selbständigem Sein und Leben, ein We-
senhaftes, Körperhaftes, gewesen, für uns (?) sei das Klagerecht
nichts als ein Schatten des Rechts, ein Ding, dass in diesem auf-
gehe, nur von ihm sein Leben herleite (S. 229). Von diesem Stand-
punkte wird den Verf. niemand verdrängen wollen. Er kann ihn
behaupten, wenn er sich darauf beruft, dass die heutige Prozess-
behandlung die innere Verbindung der Klageberechtigung mit dem
Prozessverhältnisse nicht zu vermitteln wisse. Kann aber dadurch