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E. v. Lasaulx: Grundlage der philosophischen Systeme.

nun wendet: die Erkenntniss Gottes und dessen, was in der Natur
und im Leben des Menschen göttlich ist, tritt auch hier, als die
Aufgabe der philosophischen Forschung hervor (S. 3); noch mehr
aber tritt diess Alles bei Plato hervor, dessen Lehre auch wir mit
dem Verfasser als die vollkommenste Gestalt der hellenischen Phi-
losophie betrachten; mit gutem Grunde verweilt daher auch der Ver-
fasser länger bei der Erörterung derselben, nach ihren Hauptpunk-
ten, so wie mit Rücksicht auf die in dem Verhältniss der mensch-
lichen Seele zu Gott und der richtigen Auffassung desselben der
philosophischen Forschung gegebene Grundlage. „Reinigung der
Seele von den Leidenschaften, Loslösung von den Banden des Lei-
bes und allem Irdischen ist darum die nothwendige Vorbedingung
jedes ächten Philosophirens. Denn nur mit reiner Seele können wir
das Reine, Wahre, Ewige berühren, nur dann mit der Seele selbst
das wahre ewige Wesen der Dinge schauen und erkennen u. s. w.“
(S. 9). Auf Gott und das Göttliche im Weltall ist daher alles Dich-
ten und Trachten des ächten Philosophen gerichtet (S. 12). Nach-
dem der Verfasser in diesem Sinne den idealistischen Charakter dieser
Philosophie und die theologische Grundlage, auf der sie ruht, nach-
gewiesen und daraus ihr Verhältniss zum Cbristenthum, wie es sich
in den christlichen Kirchenvätern zu erkennen gibt, welche die be-
sten Elemente des Platonismus in die eigene theologische Specula-
tion aufgenommen, erklärt hat, geht er zu Aristoteles über, um zu
zeigen, wie auch bei diesem nüchternen und gelehrtesten aller Phi-
losophen des Alterthums dieselbe idealistische Richtung hervortritt,
wie auch seine Lehre auf gleicher Grundlage und auf gleicher Vor-
aussetzung beruht (S. 14 ff.): er wirft zuletzt noch einen Blick auf
Dante und die neuere Philosophie, und gelangt auch hier zu dem
Resultate, wie über die letzten Gründe des Daseins und über die
höchsten Probleme des Lebens, bei näherer Betrachtung, „zwischen
allen grossen Philosophen aller Zeiten und Völker eine viel
grössere Uebereinstimmung herrscht, als diejenigen ahnen, welche
statt eine falsche Philosophie durch die wahre zu widerlegen, in
dem seltsamen Wahne stehen, sie hätten dann die wahre, wenn sie
gar keine haben“ (S. 24). Und wie selbst in der Methode des Phi-
losophirens der Unterschied zwischen allen Philosophen ersten Ranges
viel geringer sei, als die Nichtphilosophen glauben, wird weiter dar-
gethan. Wir schliessen unsern Bericht, indem wir die schönen, be-
herzigungswerthen Worte, mit welchen der Verfasser auch seine
Erörterung geschlossen hat, beifügen:
Es besteht auf Erden ein grosser Zusammenhang des Lebens,
eine Tradition der Geistesbildung unter allen culturfähigen Völkern:
jede spätere Generation überkommt das Erbe ihrer Vorfahren, um
es als ein ewiges Fideicommiss, nicht verschlechtert sondern verbes-
sert, der nachfolgenden Generation zu überliefern. Der grösste Theil
dessen, was wir heutige Menschen besitzen, ist ein solches heiliges
Vermächtniss der Vorwelt, dessen wir uns erfreuen, und welches
 
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