4 Nöldeke, Sprenger, Muir und Reinaud über Mohammed und den Koran.
ist, doch als sein Werk angesehen werden kann, dass aber vielleicht
mehr Offenbarungen, als in unserm Koran sich finden, erschienen
waren und dass manche, welche nur eine vorübergehende Bedeutung
hatten, nicht aufbewahrt wurden. Letztere Ansicht ist schon von
Ref. (Alohammed S. 349) geäussert worden. Er hat aber auch noch
an einer andern Stelle (S. 351) hinzugefügt, dass wahrscheinlich
noch andere Fragmente verloren gegangen sind, was bei der Art,
wie sie aufbewahrt worden sind, leicht begreiflich ist und worüber
folgende Tradition gar keinen Zweifel übrig lässt: „Omar Ibn Chattab
sagte einst auf der Kanzel: Fürchtete ich nicht, die Leute möchten
sagen, Omar hat Zusätze zum Koran gemacht, so würde ich die
beiden folgenden Verse hinzuschreiben, denn, bei Gott! ich habe sie
zur Zeit des Gesandten Gottes gelesen: wendet euch nicht von
euern Vätern ab, denn das ist Undankbarkeit. Ein Ehegatte oder
eine Ehegattin, welche einen Ehebruch begehen, sollen gesteinigt
werden, das ist die von Gott über sie verhängte Strafe. Gott ist
erhaben und allweise.“ Wenn aber ein so wichtiges Gesetz verlo-
ren gehen konnte, das jedenfalls erst in Medina, als Mohammed
weltliche Macht besass, verkündet wurde, wie kann man zweifeln, dass
nicht auch andere, in Mekka geoffenbarte, minder wichtige Koransverse,
wo auch die der Schrift kundigen Araber noch gar nicht zahlreich
waren, verloren gegangen seien? In seiner Einleitung zum Koran
bat Ref. auch die Meinung ausgesprochen, dass Mohammed wahr-
scheinlich gar nicht gewünscht habe, dass die abrogirten Korans-
stellen in die Sammlung aufgenommen werden sollten (Moh. S. 383).
Wir finden wenigstens eine Tradition von Abd Allah Ibn Masud,
welche lautet: „Eines Tages las mir Mohammed einen Koransvers
vor, ich lernte ihn auswendig und schrieb ihn in mein Heft. Dieser
Vers wich mir die ganze Nacht nicht aus dem Sinne; als ich ihn
aber des Morgens wieder im Hefte nachlesen wollte, fand ich das
Blatt unbeschrieben. Ich benachrichtigte den Gesandten Gottes da-
von und er sagte mir: dieser Vers ist wieder zurückgenommen wor-
den.“ Hier konnte Mohammed, da er in der ersten Nacht Grund
hatte, das Geoffenbarte zu widerrufen, es auch leicht zurücknehmen,
ehe es durch die Schrift oder das Gedächtniss weiter verbreitet war,
wo er aber erst nach Monaten oder Jahren eine Abrogation ein-
treten liess, da konnte er natürlich nicht mehr die Zernichtung der
frühem Offenbarung anordnen, aber daraus folgt nicht, dass er
wünschte, dass sie als Koranstheil aufgenommen werde. Mit dieser
Bemerkung wird die Einwendung des Hin. Muir (p. IV) gegen un-
sere Ansicht ihre Bedeutung verlieren. Hr. Muir sowohl als Hr.
Nöldeke, vor ihnen schon Hr. Schmölders, wollen auch die Mög-
lichkeit nicht zugeben, das Abu Bekr Koransverse interpolirt habe.
„To me“, schreibt Ersterer, „such suspicion appears to be gratui-
tous incredulity“. Das muss Ref. sich gefallen lassen und auch der
selige de Sacy, der schon vor Ref. (s. Journal des Savants 1832
p. 536) sich ni(?bt überzeugen konnte, dass der Koran, der sich in
ist, doch als sein Werk angesehen werden kann, dass aber vielleicht
mehr Offenbarungen, als in unserm Koran sich finden, erschienen
waren und dass manche, welche nur eine vorübergehende Bedeutung
hatten, nicht aufbewahrt wurden. Letztere Ansicht ist schon von
Ref. (Alohammed S. 349) geäussert worden. Er hat aber auch noch
an einer andern Stelle (S. 351) hinzugefügt, dass wahrscheinlich
noch andere Fragmente verloren gegangen sind, was bei der Art,
wie sie aufbewahrt worden sind, leicht begreiflich ist und worüber
folgende Tradition gar keinen Zweifel übrig lässt: „Omar Ibn Chattab
sagte einst auf der Kanzel: Fürchtete ich nicht, die Leute möchten
sagen, Omar hat Zusätze zum Koran gemacht, so würde ich die
beiden folgenden Verse hinzuschreiben, denn, bei Gott! ich habe sie
zur Zeit des Gesandten Gottes gelesen: wendet euch nicht von
euern Vätern ab, denn das ist Undankbarkeit. Ein Ehegatte oder
eine Ehegattin, welche einen Ehebruch begehen, sollen gesteinigt
werden, das ist die von Gott über sie verhängte Strafe. Gott ist
erhaben und allweise.“ Wenn aber ein so wichtiges Gesetz verlo-
ren gehen konnte, das jedenfalls erst in Medina, als Mohammed
weltliche Macht besass, verkündet wurde, wie kann man zweifeln, dass
nicht auch andere, in Mekka geoffenbarte, minder wichtige Koransverse,
wo auch die der Schrift kundigen Araber noch gar nicht zahlreich
waren, verloren gegangen seien? In seiner Einleitung zum Koran
bat Ref. auch die Meinung ausgesprochen, dass Mohammed wahr-
scheinlich gar nicht gewünscht habe, dass die abrogirten Korans-
stellen in die Sammlung aufgenommen werden sollten (Moh. S. 383).
Wir finden wenigstens eine Tradition von Abd Allah Ibn Masud,
welche lautet: „Eines Tages las mir Mohammed einen Koransvers
vor, ich lernte ihn auswendig und schrieb ihn in mein Heft. Dieser
Vers wich mir die ganze Nacht nicht aus dem Sinne; als ich ihn
aber des Morgens wieder im Hefte nachlesen wollte, fand ich das
Blatt unbeschrieben. Ich benachrichtigte den Gesandten Gottes da-
von und er sagte mir: dieser Vers ist wieder zurückgenommen wor-
den.“ Hier konnte Mohammed, da er in der ersten Nacht Grund
hatte, das Geoffenbarte zu widerrufen, es auch leicht zurücknehmen,
ehe es durch die Schrift oder das Gedächtniss weiter verbreitet war,
wo er aber erst nach Monaten oder Jahren eine Abrogation ein-
treten liess, da konnte er natürlich nicht mehr die Zernichtung der
frühem Offenbarung anordnen, aber daraus folgt nicht, dass er
wünschte, dass sie als Koranstheil aufgenommen werde. Mit dieser
Bemerkung wird die Einwendung des Hin. Muir (p. IV) gegen un-
sere Ansicht ihre Bedeutung verlieren. Hr. Muir sowohl als Hr.
Nöldeke, vor ihnen schon Hr. Schmölders, wollen auch die Mög-
lichkeit nicht zugeben, das Abu Bekr Koransverse interpolirt habe.
„To me“, schreibt Ersterer, „such suspicion appears to be gratui-
tous incredulity“. Das muss Ref. sich gefallen lassen und auch der
selige de Sacy, der schon vor Ref. (s. Journal des Savants 1832
p. 536) sich ni(?bt überzeugen konnte, dass der Koran, der sich in