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Boden: Lessing und Gö*e.

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(S. IV.) Wenn der Artikel ferner vom vierten Fragmente Lessings,
das im Jahr 1777 erschien, spricht, so wird dieses mit desselben
viertem Beitrag zur Geschichte und Literatur aus den Schätzen der
Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel (1777) verwechselt. Dieser
vierte Beitrag enthielt die fünf Reimaru s ’ sehen Fragmente, von
denen nicht das vom Verfasser des Artikels betonte vierte, sondern
das fünfte über die Auferstehungsgeschichtc das schärfste ist (S. V.).
Mit Freude wird der Freund der Literargeschichte das gegen-
wärtige Buch aufnehmen , weil es nicht nur ein Zeugniss von der
kritischen Beurtheilungsfähigkeit und gediegenen Sachkenntniss des
Herrn Verf. abgibt, sondern auch auf die gründlichste Weise aus
den Schriften Lessing’s, Göze’s und anderer Zeitgenossen den
alten von Herrn Röpe wieder aufgewärmten Streit in das durchaus
richtige Licht stellt, und zugleich einen sehr dankenswerthen Bei-
trag zur Literär- und Kirchengeschichte des achtzehnten Jahrhun-
derts liefert.
Das ganze Buch zerfällt in fünf Abtchnitte. Im ersten Ab-
schnitte wird Lessing’s wahres persönliches Verhält-
niss zu Göze vor dem Fragmentenstreite dargestellt
(S. 1 — 41). Der Herr Verf. macht auf die unrichtigen Ueberliefe-
rungen in Betreff desselben aufmerksam, führt sie auf das richtige
Maass zurück und zeigt, dass das Verhältniss nichts weniger, als
ein vertrautes war, dass Lessing hauptsächlich literarischer Gründe
wegen, namentlich wegen der durch seltene Bibeldrucke ausgezeich-
neten Bibliothek Göze’s denselben besuchte, entwickelt die Strei-
tigkeiten des Hamburger Pastors mit Semler, Joh. Ludwig
Schlosser und Alberti und weist auf die Stellung Lessing’s
zu diesen hin. Der zweite Abschnitt (S. 42 — 120) gibt
die Kennzeichnung Göze’s, abgesehen von seinem
Verhältnisse zu Lessing und dem Fragmentenstreite.
Trefflich wird er (S. 44ff.) also geschildert: „Göze war wohl kein
Heuchler der Art, dass er ein Anderes öffentlich bekannt, ein Ande-
res im Stillen für wahr gehalten hätte, aber nach der Weise der
Pharisäer, wie diese von Christus selbst geschildert und gescholten
worden, war er ein Eiferer, der im Geiste äusserer Rechtgläubigkeit
und innerlicher Lieblosigkeit an seinem kirchlichen Bekenntniss fest-
hielt, auf welches er, weil es ihm mit der Bibel und dem Christen-
tbum zusammenfiel, der Zeit, in der es doch so wohl selbst entstan-
den, als der Auslegung und Auffassung nach ausgeartet und salzlos
geworden war, keinen Einfluss gestattet wissen wollte. Wo diese
einen solchen geltend machte und seinen beschränkten Begriffen von
Lutherthum, von Religion und Sitte widersprach , da war er sofort
ihr Feind und stand deshalb auch stets gegen sie auf der Lauer.
Von einer innern Befriedigung und Beseligung durch die Religion hatte
er keinen Begriff.“ .... „Der Glaube war ihm nur ein Gesetz und
eben so behandelte er ihn bei Andern. Er kannte keine höheren
Früchte desselben, als die guten Werke der bürgerlichen Gerechtig-
 
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