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Eddiestand du Mdril: Etudes.

M^ril nur sehr gering an, worin er also von den gewöhnlich jetzt
geltenden Ansichten abweicht und vielmehr mit der bereits im
vorigen Jahrhundert von Lord Lyttelton ausgesprochenen Meinung
übereinstimmt.
VIII. Les Contes des bonnes femmes (die Liedermährchen).
Wir haben bereits eben zu nr, V. und VI. gesehen, dass Du M^ril
die Wichtigkeit der Volksliteratur zu schätzen weiss, wesshalb er
sich in dem vorliegenden Aufsatz speziell zu den Mährchen wendet
und seinen Landsleuten deren Bedeutung auch für ernstere Studien
nacbweisst. Er bat hierbei die Grimm’sche Sammlung und deren die
gelehrten Anmerkungen enthaltenden dritten Band zu Grunde gelegt,
aber auch andere deutsche Forschungen auf diesem Gebiete benutzt
und mehrfache ihm selbst angehörende schätzenswerthe Nachweise
hinzugefügt, wobei es sich freilich von selbst versteht, dass derglei-
chen Arbeiten nie erschöpfend ausfallen können und ebenso wie bei
den vorhergehenden, so auch bei der vorliegenden immer noch Zu-
sätze zu dem Einzelnen sich machen liessen. So z. B. sind nicht
blos viele'deutsche Mährchen, wie Du Mdril (p. 472} nachweisst,
auch in der Normandie heimisch, sondern auch die von ihm als jener
Provinz eigenthümlich angeführte Sage von den „verfluchten
Tänzern“ ist es; s. Grimm, deutsche Sage nr. 231. vgl. Grässe,
der Tannhäusser und der ewige Jude. 2. Auflage S. 121. Doch wie
überall, so kann Referent auch hier nur an einzelnen Beispielen zei-
gen, dass er Du Mdril’s Buch sehr aufmerksam durchgegangen und
will desshalb mit Bezug auf den vorliegenden Aufsatz nur noch be-
merken, dass der scharfsinnige Verfasser den orientalischen Ursprung
der „klugen Bauerntochter“ (Grimm, Mährchen nr. 94} und der da-
mit verwandten Versionen ganz richtig gemuthmasst hat (p. 484ff.),
wie dies bereits vor längerer Zeit von Benfey im Ausland 1859
nr. 20 — 25 ausführlich nachgewiesen worden.
Aus der vorhergehenden kurzen Inhaltsangabe nun erhellt zur
Genüge der mannichfache und anziehende Inhalt der in Rede stehen-
den Publication Du M^ril’s, und mag man auch zuweilen abweichen-
der Meinung sein (Ref. ist dies unter anderm mit Bezug auf die
Mährchen, denen er keineswegs so deutlich ausgesprochene Lehr-
zwecke zuschreibt wie der Verfasser), so muss man doch den stets
geistreichen meist auch das Richtige treffenden Ansichten desselben,
so wie seiner bedeutenden Gelehrsamkeit alle Anerkennung zollen
und ihm auch dafür Dank wissen, dass er der verhältnissmässig
immer noch geringen Zahl französischer Gelehrten angebört, die nach
Kräften bemüht sind, deutschem Geist und deutscher Forschung in
Frankreich Bahn zu brechen.

Felix Liiebrecht.
 
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