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Hyrtl, Joseph
Onomatologia anatomica: Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart ; mit besonderer Berücksichtigung ihrer Barbarismen, Widersinnigkeiten, Tropen, und grammatikalischen Fehler — Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14858#0307
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202. Labium und Labrnm.

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Foramina jugularia, und die Processus jugulares des Hinter-
hauptbeins. Die Lncisura jugularis sterni, bildet die untere Grenze
des Jugulum im zweiten Sinne als Kehle. Da es noch eine
zweite Gegend am Halse giebt, deren Verletzung zu den
schwersten zählt, — das in der chirurgischen Anatomie be-
kannte Jrigonum colli swperius, — wird auch dieses als Fossa
jugularis superior, von der inferior, welche über dem Schlüssel-
bein liegt, unterschieden.

Was die Lateiner Jugulum nennen, nannten die Griechen
acporpi], und verstanden darunter auch den Act des Tödtens durch
Halsdurchschneidung. Die grosse Blutader am Halse, deren
Durchschneidung schnell tödtet, erhielt daher den Namen acjxx^hqc,
cpAed» von Galen {Guidez der Arabisten). Der erste lateinische
Uebersetzer des Galen, Nico laus Rubertus, ein Benedictiner-
mönch auf dem Monte Cassino, gab dieses oyayiTfiq mit dem
selbstgebildeten Worte jugularis, welches nun durch neun Jahr-
hunderte, in der anatomischen Sprache sich eingebürgert hat.
Das deutsche Wort Drossel, alt Druzzel, bezeichnet, wie
das englische throat und throttle, eigentlich in ältester Anwen-
dung, den Kehlkopf und die Luftröhre, und, als totum pro parte,
den ganzen Hals — die Gurgel.

202. Labium und Labrum.

Labium und Labrum, beide von lambo (quia lambuntur)
haben, wie Lippe und Lefze, doppelte Anwendung: 1. als
Lippe, 2. als glatter oder umgebogener Rand eines runden
Gefässes, wie die Labia inßexa cucurbitarum, umgebogene
Ränder der Schröpfgläser, im Caelius Aurelianus, und
labrum im Ausonius, runder Wallgraben um einen festen Ort.
Die Anatomie hat sich angewöhnt, Labium zu brauchen, wenn
von zwei Lefzen zugleich die Rede ist: Labia oris, Labia ma-
jora et minora vulvae, Labia cristae ossis ilei, Labia lineae asperae
femoris, u. m. a. Sie sagt in diesem Falle nie Lohra. Labrum
 
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